Chicagoland Vampires
ins Freie hinausgetreten waren. Der Wind hatte aufgefrischt, und die Luft war merklich abgekühlt. Ich machte den Reißverschluss meiner Jacke zu.
Paige kehrte ins Haus zurück, eine einsame Silhouette, die sich von der dunklen Leere abhob.
»Ich frage mich, ob sie mit dieser Aufgabe bestraft worden ist – hier draußen allein zu sein, auf Befehl des Ordens?«, sagte ich. »Sie neigen dazu, ihre Mitglieder zu bestrafen.« Oder, wie in Catchers Fall, sie ganz und gar aus dem Orden zu werfen.
Ethan stemmte die Arme in die Seiten und betrachtete das leere Feld. »Der einsame Westen als Strafkolonie für widerspenstige Hexen?«
»So was in der Art, ja.«
»Paige scheint ihre Aufgabe sehr ernst zu nehmen. Sie wirkt auf mich nicht gerade wie eine Frau, die hier ihre Strafe absitzt. Bedauerlicherweise kann ich das aber nicht mit Sicherheit sagen, denn sie könnte uns ja durchaus was vorspielen. Ich fange langsam an daran zu zweifeln, dass es auch nur einen Hexenmeister oder eine Hexenmeisterin gibt, der oder die in der Lage wäre, zu irgendeinem Thema die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen.«
»Das hört sich ziemlich verbittert an?«
»Ich habe auch allen Grund dazu«, sagte er. »Catcher wollte den Tatsachen nicht ins Auge blicken. Simon war ein Idiot. Mallory ist von etwas abhängig, das durchaus in der Lage ist, sie zu vernichten, und Paige haben sie hier draußen als einsame Wache aufgestellt. Im Augenblick wirken weder der Orden noch seine Mitglieder sonderlich vertrauenerweckend auf mich.«
Er deutete auf eine Baumreihe auf der anderen Seite des Felds.
»Dort drüben kann man wenig erkennen, und das macht mich etwas nervös. Lass uns mal nachsehen.«
Als wir uns den Bäumen näherten, wurde das Geräusch fließenden Wassers stetig lauter, und das Rascheln abgeernteter Maisstängel wich dem Rascheln herabgefallenen Laubs.
Die Bäume säumten in einem etwa fünfzig Meter breiten Streifen einen schmalen, munter rauschenden Bach in seinem Kiesbett. Sie waren uralt und knorrig und streckten ihre mürrisch wirkenden Äste in die mondhelle Nacht.
Der Winter stand vor der Tür, und die plötzliche beißende Kälte ließ erahnen, dass es kein angenehmer Winter werden würde. Die Luft war mittlerweile kalt genug, um mir die Tränen in die Augen zu treiben und die Luft aus meinen Lungen zu saugen.
»Es wird kälter«, sagte ich.
Ethan nickte. Er nahm mich an der Hand, und wir gingen in der stillen Finsternis ein Stück am Bach entlang. Dann durchquerten wir den Waldstreifen und erreichten einen weiteren Feldrand. Auf dem umzäunten Gelände standen einige Kühe.
»Ich glaube, mir gefällt der Wald besser als die flache Prärie«, sagte ich. »Mir scheinen Bäume mehr Sicherheit zu bieten.«
»Das wird wohl so sein«, sagte Ethan leise. Er ließ meine Hand los und rieb sich die Schläfen.
»Wieder Kopfschmerzen?«
Er nickte und ergriff dann wieder meine Hand. Nur wenige Schritte später riss er sich los und rieb sich mit den Händen über die Arme.
»Allmächtiger!«, fluchte er.
»Ethan?«, fragte ich zögerlich. Er hatte offensichtlich Schmerzen, aber ich wusste nicht, wie ich ihm helfen konnte. Als er mich ansah, erkannte ich in seinem Blick eine Angst, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.
»Ist Tate wieder da?«
Er schüttelte den Kopf.
»Liegt es an dem Unfall? Hast du dich am Kopf verletzt?«
Er streckte seinen Arm nach einem nahen Baum aus und stemmte sich dagegen. »Du hast mir gesagt, dass Mallorys Verlangen nach schwarzer Magie dazu führte, dass sie sich unwohl fühlte. Dass es sie verärgerte.«
Ich nickte, und während er weitersprach, bekam ich es mit der Angst zu tun.
»Ich glaube, genau dieses Gefühl überkommt mich auch.«
Ich starrte ihn entsetzt an. »Du kannst spüren, was sie empfindet?«
Er kniff die Augen zusammen und drückte seine Fäuste an die Stirn, als ob er einen Schrei zu unterdrücken versuchte. »Es macht mich so wütend. Es brennt wie Feuer unter meiner Haut. Als ob alles auf der Welt falsch liefe.«
»Wann hat das angefangen?«
»Eben erst. Das ist das erste Mal, dass … ich so etwas empfinde.«
Aber stimmte das? Ethans Wiedergeburt hatten wir zuerst als großes Glück gefeiert. Er hatte es geschafft, durch Feuer und Rauch zu mir zu kommen, war aber einige Minuten später zusammengebrochen.
»Im Park bist du zusammengebrochen. Du bist gestürzt, direkt nachdem sie dich wiederbelebt hatte.«
»Daran kann ich mich nicht erinnern«, sagte
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