Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chicagoland Vampires

Chicagoland Vampires

Titel: Chicagoland Vampires Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Neill
Vom Netzwerk:
überallhin bewegen.«
    Der Bibliothekar legte das erste Blatt zur Seite und holte ein weiteres aus der Schachtel hervor. Darauf befand sich eine Zeichnung. Sie war nicht besonders komplex, aber ihr Thema war klar zu erkennen – eine Stadt aus Lehm und Stein, die von einer riesigen Sturmwolke aus blauen Funken angegriffen wurde. Die Wolke hatte bereits mehrere Gebäude verschlungen und nur noch Trümmer zurückgelassen.
    »Das habe ich schon mal gesehen«, sagte ich und dachte an die magische Wand, die Tate uns in Iowa hinterhergejagt hatte. »Wo war das?«
    »Karthago«, sagte der Bibliothekar. »Die Stadt wurde von der römischen Armee vernichtet, und sie streuten anschließend Salz aus, damit dort nichts mehr wachsen konnte.«
    »Sie haben die Stadt mit Magie zerstört?«, fragte Paige.
    »Die Menschen haben eine andere Version weitererzählt«, sagte ich und sah dabei den Bibliothekar an.
    »Hast du bei den Römern den Eindruck, dass sie jemand anderem den Siegesruhm zugestehen würden?«
    Er hatte nicht unrecht.
    »Laut Kantor«, sagte er, »beanspruchten die römischen Armeen den Sieg für sich, aber in Wirklichkeit hatten sie am Kampf nicht teilgenommen.«
    Ich deutete auf das Dokument, achtete aber darauf, es nicht zu berühren. Mein Herz schlug schneller, denn wir näherten uns einer möglichen Antwort. »Wer immer für diesen Kampf verantwortlich war – Tate verfügt über dieselbe Magie. Was hat Kantor dazu zu sagen?«
    »Er sagt, dass die Magie von einem ›Dunklen‹ gewirkt wurde.« Der Bibliothekar lächelte selbstgefällig, aber er hatte es sich auch verdient. Er war gut.
    »Was ist denn nun ein ›Dunkler‹? Ein Dschinn? Halbgott? Sind sie mit den Feen verwandt? Claudia, ihre Königin, schien zu wissen, wer Tate war.«
    Der Bibliothekar schien von meiner Auflistung möglicher magischer Wesen nicht sonderlich beeindruckt. »Du würdest es kaum glauben, wenn ich es dir sage.«
    »Versuch’s einfach.«
    »Sie wurden ›Boten‹ genannt. Sie waren groß gewachsen. Geflügelt. Ihre Magie erlaubte es ihnen, der Welt zu dienen.«
    »Reden wir gerade von Engeln?« Paige hatte sich ein wenig vorgebeugt, als ob sie Angst davor hätte, wir könnten ihre Frage als Irrsinn abtun.
    »Ja, aber ohne diesen religiösen Ballast«, sagte der Bibliothekar. Er zog ein weiteres Dokument hervor, auf dem der Kampf zweier Kreaturen abgebildet war – eine mit den weißen Flügeln eines herkömmlichen Engels, die andere mit glatten schwarzen Flügeln, die an eine Fledermaus erinnerten. Sie waren beide groß gewachsen, muskulös, die Körper in wallende Gewänder gehüllt. Ihre Flügel durchschnitten die Luft wie Klingen. Sie kämpften miteinander, gnadenlos.
    »Es gab zwei verschiedene Arten von Boten«, sagte der Bibliothekar. »Diejenigen, die Frieden und Wohlstand brachten, und diejenigen, die Verbrecher ihrer gerechten Strafe zuführten.«
    »Ich nehme mal an, dass diese Geschichte kein glückliches Ende hat?«, fragte ich.
    »Richtig geraten«, sagte der Bibliothekar. »Die Boten des Friedens nahmen ihre Aufgabe angemessen wahr. Sie belohnten die Guten. Die Boten der Gerechtigkeit erfüllten ebenso ihre Pflicht. Sie bestraften die Bösen. Gemeinsam sorgten sie dafür, dass die Welt sich stets im Gleichgewicht befand.
    Doch die Boten der Gerechtigkeit schienen mit der Zeit Gefallen an der Gewalt zu finden. Sie kamen zu dem Entschluss, dass selbst die geringsten Fehltritte der Menschen harte Strafen rechtfertigten. Irgendwann ging es nicht mehr um Gerechtigkeit. Es ging nur noch um ihren Stolz, um ihre Vorstellung von Gut und Böse. Ihnen war die Moral als Richtschnur ihres Handelns abhandengekommen.«
    »Wir reden von den Dunklen?«, fragte ich.
    »Von den Dunklen«, bestätigte er. »Engel mit den bluttriefenden Klingen der Gerechtigkeit. Die Menschen wehrten sich gegen sie; die Dunklen drehten durch. Sie löschten ganze Städte aus, wenn sie den Eindruck hatten, sie würden nicht ihren hohen Standards genügen. Karthago war nur ein Beispiel. Diese Auseinandersetzung ist noch viel, viel älter.«
    »Wie alt?«, fragte Paige.
    »So alt wie Sodom und Gomorrha.«
    »Warum nannte man sie ›die Dunklen‹?«, fragte Paige.
    »Laut Kantor wurden ihre Flügel immer dunkler, je finsterer ihre Seelen wurden.« Er nahm eine weitere Seite mit einer Zeichnung zur Hand. Es handelte sich um die Karikatur eines Wesens mit dunklen Flügeln, deren Größe den Rest der Darstellung in den Schatten stellte. »Daher bezeichnen sie

Weitere Kostenlose Bücher