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Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)

Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)

Titel: Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bogenberger
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inne, denn der Kellner kam endlich und stellte seinen Cappuccino auf den Tisch.
    „... aber i konn ja ah nix dafür, wenn i an Einsatz hab und ...“
    Es piepte wieder. „Das Band ist jetzt leider voll. Vielen Dank für Ihren Anruf.“
    „Scheiße!“, entfuhr es Hattinger, so laut, dass sich Leute an den Nachbartischen nach ihm umdrehten. Er warf das Handy auf den Tisch.
    Das kleine Mädchen vom Nebentisch strahlte ihn an: „Meine Mami sagt immer, dass man nicht Scheiße sagen darf, aber ich sag auch immer Scheiße!“
    Hattinger nahm schnell einen Schluck Cappuccino. Der war leider so heiß, dass er sich höllisch die Zunge verbrannte. Das Mädchen strahlte ihn immer noch an. Hattinger versuchte den Schmerzensschrei zu unterdrücken, der ihm auf der Zunge lag. Es tat so weh, dass er instinktiv dem Kellner, der gerade vorbeiging, eine Flasche Mineralwasser von seinem vollen Getränketablett riss. Dessen Tablett geriet dadurch völlig aus dem Gleichgewicht, und er wäre beinahe in den Nachbartisch gekracht.
    „Ja hallo ...! Geht’s no?“ Der Kellner war verdattert.
    Hattinger ließ das kühlende Wasser über seine verbrannte Zunge laufen, mit dem verbliebenen Rest gurgelte er noch ein bisschen. Inzwischen verfolgten schon einige Gäste im Café seine Handlungen mit unverhohlener Skepsis. Nur das kleine Mädchen hatte sich wieder ganz seiner Schokolade zugewandt.
    „Duat ma leid ... mei Zung ...“
    Mit diesen Worten, die manche der anwesenden Touristen für Chinesisch halten mochten, stellte Hattinger die leere Flasche auf den Tisch. Er kramte in der Jackentasche nach Kleingeld. Sein Handy auf dem Tisch klingelte. Hattinger klappte es auf. Es war dienstlich. Er nahm ab.
    „Ja? ... Was? Jetz hör aber auf!“ Spontan setzte er sich in Bewegung, Richtung Ausgang.
    Der Kellner hinterher.
    „Halt! Erst zahln vielleicht? Jetz bleim S’ da, sonst hol i die Polizei!“
    Hattinger machte kehrt.
    „Die Polizei ... soso ...“
    Langsam wurde er echt grantig. Er hatte den Eindruck, dass ihn inzwischen das ganze Lokal anstarrte. Das kleine Mädchen hatte sich hinter seiner Mutter versteckt.
    „I glaub, die brauch’ma ned ...“
    Hattinger atmete ganz tief durch. Er beschloss, dass er sich hier schon genug blamiert hatte. Er wühlte weiter vergeblich in seiner Jackentasche nach Kleingeld, bis er endlich einen Zehner fand, den er dem Kellner hinhielt.
    „Stimmt so ...“, knurrte er genervt.
    Bloß nix wie weg hier.

6
    In der erweiterten Runde am Samstagabend fasste Hattinger in der Priener Polizeistation die Ereignisse der letzten 30 Stunden zusammen: Zwei abgetrennte Frauenhände waren gestern gefunden worden, am Herrnberg in Prien und vor Schloss Herrenchiemsee auf der Herreninsel.
    Und heute war ein linker Fuß dazugekommen.
    Der stammte vermutlich auch von einer Frau, denn Männer, die schlanke, gepflegte Füße mit perfekt weinrot-metallic lackierten Zehennägeln haben, dürften wohl eher die Ausnahme sein. Außerdem war die Form des Fußes offensichtlich vom Tragen spitzer Pumps geprägt.
    Der Fuß lag in einem Beichtstuhl, in der Klosterkirche auf der Fraueninsel im Chiemsee, und er war am Nachmittag von einem kleinen Jungen entdeckt worden, der mit seinen Eltern die Kirche besichtigte und neugierig war, was wohl in diesem großen dunklen Schrank drin wäre. Der Junge würde seiner Neugier in Zukunft vermutlich nicht mehr so schnell nachgeben. Und die Klosterkirche musste ausgerechnet am Ostersonntag geschlossen bleiben.
    Verwertbare Spuren hatten sie bisher kaum gefunden, aber Bambergers Leute waren noch an der Arbeit. Ein, dem Cover nach zu urteilen, kitschtriefender Liebesroman hatte unter der Bank auf dem Boden des Beichtstuhls gelegen: Oh mein geliebtes Leben von einer gewissen Elvira Marschall. Der Titel passt wie die Faust aufs Auge, dachte Hattinger. Wahrscheinlich war das Buch einer alten Dame beim Beichten aus der Handtasche gerutscht.
    Der Fuß war jetzt in der Gerichtsmedizin. Noch lag die DNA-Analyse nicht vor, aber alle Anwesenden vermuteten, dass er von derselben Frau stammte wie die Hände.
    Hattinger stand am Fenster und schaute hinaus auf den dunklen Hof. Die Presse war am Nachmittag zum Großteil wieder abgezogen, aber nach dem Fund des Fußes schienen sie mit Verstärkung wieder zurückgekehrt zu sein, jetzt stand jedenfalls die ganze Umgebung der Polizeistation voll mit den Autos der Journalisten. Und so abenteuerlich, wie sie zum Teil geparkt hatten, schienen sie entweder auf

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