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Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)

Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)

Titel: Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bogenberger
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genervt. Der schien sich für den Nabel der Welt zu halten. Wie kam man eigentlich zu so einer Einschätzung, wenn man nicht völlig realitätsfremd war?
    Er hatte noch ein bisschen Zeit, bevor er Andrea Erhard treffen würde, also konnte er sich noch schnell was zum Essen besorgen. Für einen gebratenen Osterhasen würde die Zeit nicht reichen, aber wenigstens für einen Cheeseburger mit Pommes. In diesem Beruf musste man wirklich aufpassen, nicht fett zu werden, bei dem ganzen Junkfood und den Leberkäs-Semmeln, die man sich zwischen Tür und Angel reindrücken musste.
    Unterwegs rief er Hattinger an. Als der endlich an sein Handy ging, hörte er sich an, als wäre er gerade aus dem Tiefschlaf aufgewacht. Vielleicht hatte er sich ja erkältet.
    „Chef?“
    Ja? Was gibt’s?“
    „Ich wollte nur berichten, dass ich die Ausgabe vom Chiemgaublick bekommen habe. Und Frau Erhard hat am Telefon jemand von diesem Oosterlind Verlag erwischt. Vielleicht ...“
    „Guad, dann treff’ma uns in oaner Stund in Prien.“
    Und schon hatte er aufgelegt. Wildmann fragte sich, was mit dem heute los war. War offensichtlich mit dem falschen Fuß aufgestanden.

11
    Eine Stunde später saßen sie mit Andrea Erhard in der Priener Polizeistation und durchforsteten den Chiemgaublick, jeder von ihnen hatte eine Kopie vor sich liegen:
    Ein ziemlich wildes Sammelsurium von großen und kleinen, privaten und geschäftlichen Anzeigen – von lokalen Billigwurstmärkten, Friseuren, Heilpraktikern, Autohäusern, Küchenstudios, Sprachschulen, Fußreflexzonentherapeuten, Alleinunterhaltern, Dickdarmspülern, Leberentgiftern und ähnlichen Gute-Laune-Profis über Motivations-Trainingskurs-Angebote, Volkshochschulkursfahrpläne, Tanzkurse, Piercingstudios und Grabsteingroßhändlern bis hin zu Immobilienmaklern, Fußpflegern, Logopäden, Blockflötenlehrerinnen und natürlich den professionellen Pflegerinnen des Intimbereichs und des Telefongestöhnes ...
    Nicht zu vergessen die Banken, die Kredithaie, die Schlüsselnotdienste, Pfandleiher, Autovermieter, Masseure, Buchhändler, Zahngoldaufkäufer, die Sushilieferanten, die Wirtschaftsakademien, Olhändler, Altölentsorger, Pizzabäcker, Fensterprofis, Fischbrater, Klempner, Kleintierpsychiater, Sales-Promoter, Wertstoffgewinner und den unvermeidlichen Ich-bin-doch-nicht-blöd-Markt auf zwei Doppelseiten in der Mitte des Blattes.
    Und dann gab es natürlich noch alles, was man sich nur vorstellen konnte an privaten Verkaufs-, Verschenk- und Suchanzeigen, vom „IKEA-Bett, absolut neuwertig, erst 30 Jahre alt“-Inserat über den entlaufenen fünf Monate alten Stubentiger bis zu den einschlägigen Er-sucht-Sie und Sie-sucht-Ihn und Sie-sucht-Sie und Er-sucht-Ihn Rubriken.
    Das war nur ein kleiner Ausschnitt der Anzeigen, dazwischen gab es dann noch locker verstreut die mehr oder weniger redaktionellen Anteile, die Ratgeber, Kalender, Horoskope, Diät-Tips, die Veranstaltungshinweise vom Bürgerfest oder Rockkonzert bis zur Kräuterwanderung und dem Kurzgeschichten-Wettbewerb, und mehr oder weniger aufregende Artikel über die Folgen der Gesundheitsreform, die aktuellen Benzinpreise, über Bürgerversammlungen, Volkskrankheiten, Ehrenmedaillen für Altbürgermeister, lokale Größen, Literaturpreise oder Umbaupläne für Fußgängerzonen.
    „Da is ja wirklich fast für jeden was dabei, fehlt bloß no so was wie Zwergewerfen für Senioren!“, brummte Hattinger. „Was kannt jetz da für unsern Fall interessant sei?“
    Hauptaufmacher der Woche war ein kritischer Artikel über eine lokale Tourismusgesellschaft, die seit Jahren nur mit Hilfe von öffentlichen Geldern über Wasser gehalten wurde und offensichtlich ein Fass ohne Boden war.
    „Über die streiten s ’ scho ewig“, meinte Andrea Erhard. „Die solln si’ vor allem selber guad zahlt ham ... Da hats scho Prozesse gebn und alles ...“
    „Oder hier: Da wird ein Gymnasium zum fünften Mal erweitert, und jetzt muß das Nachbarhaus endgültig weichen ...“, steuerte Wildmann nicht ganz im Ernst bei.
    „Ja und? De kriagn doch bestimmt a amtliche Entschädigung. Und außerdem, wen solltns denn da umbringen – an Kultusminister? Oiso, Spaß beiseite, mir kommt des im Moment grad ned b’sonders sinnvoll vor, was wir da machen. Gesetzt den Fall, da war wirklich a Hinweis für uns drin, dann könnt der ja in jeder Kleinanzeige versteckt sei, in jedem Bericht, in jedem Artikel ...“ Hattinger stöhnte genervt auf. „Dann bleibt uns nix

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