Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)
sollte.
„Wir würden auch bestimmt nix durcheinanderbringen“, versprach Andrea Erhard.
Das schien Frau Angermoser zu überzeugen.
„Ja gut, dann hol i halt an Schlüssel. Sie san ja schließlich die Polizei.“
16
Als Rosa Angermoser endlich mit dem Schlüssel wiederkam, flankierten Hattinger, Wildmann und Frau Erhard schon ungeduldig den Eingang zu Annette Kauffmanns Domizil. Sie wussten selbst nicht so recht, was sie von einem Besuch in ihrem Haus erwarten sollten, aber bis dato war dies die erste Erfolg versprechende Spur überhaupt in diesem kuriosen Fall.
Frau Angermoser steckte den Sicherheitsschlüssel ins Schloss und drehte ihn zweimal um, dann öffnete sie die Tür. Sie blickten in einen kleinen quadratischen Hausflur, von dem gleich rechts eine Holztreppe ins erste Stockwerk führte. Die drei Türen, die von diesem Flur ins Innere des Hauses führten, waren geschlossen.
„Des is aber komisch ...“ Frau Angermoser stutzte und blieb stehen.
„Was?“
„I bin mir ganz sicher, dass i die Tür zum Wohnzimmer offen lassen hab ... und jetz is s’ zua.“
Hattinger schob sie vorsichtig nach draußen vor den Windfang.
„Dann lassen S’ besser uns vorgehn. Bleibn Sie bei ihr, Frau Erhard.“
Andrea Erhard ging mit Frau Angermoser schnell ein paar Schritte zur Seite vor die Hauswand, während Hattinger und Wildmann sich zunickten und ihre Waffen zogen.
„Hallo!“, rief Hattinger ins Haus. „Ist da jemand? Dann melden Sie sich! Hier ist die Polizei!“
Die einzige Reaktion kam von Rosa Angermoser: „Um Gottes willen! Was hat’n des zu bedeuten?“
Hattinger und Wildmann gingen vorsichtig in den kleinen Flur und stießen zunächst die Türen links und rechts auf – die eine führte ins Bad, die andere in den Keller. Dann machten sie sich an die mittlere. Wildmann drückte die Klinke herunter und trat gegen die Tür, die nach innen aufschwang.
Hattinger zielte mit seiner Dienstpistole ins Halbdunkel. Nichts geschah. „I glaub, da is koaner.“
Sie ließen ihre Waffen langsam sinken, behielten sie aber in der Hand. Wildmann betätigte den Lichtschalter und die Lampe über einem kleinen Esstisch rechts neben der Tür ging an. Links gegenüber war eine offene Kochnische, geradeaus der große Wohnraum mit der breiten Terrassentür. An dessen rechter Seite vor den Fenstern mit heruntergelassenen Rollläden stand ein langer Schreibtisch aus zwei Böcken und einer massiven Holzplatte. An der linken Wand eine große rote Ledercouch und davor ein gläserner Couchtisch ...
„Was is denn des?“
Im gedämpften Gegenlicht der Terrassentür sahen sie den Umriss einer Art von Skulptur, die dort auf dem Couchtisch stand. Wildmann hatte den Lichtschalter des Wohnzimmers noch nicht gefunden, und jetzt suchte er auch nicht mehr danach.
„Ich weiß es nicht ...“
Wildmann flüsterte fast unhörbar.
Es schien ein großer Blumentopf zu sein, der da stand. Es waren aber mit Sicherheit keine Blumen, die in den Topf gepflanzt waren.
„Des glaub i jetzt ned ... des gibt’s doch ned ...?“
Im Grunde hatten sie beide bereits erkannt, worum es sich handelte, sie wollten es nur noch nicht wirklich glauben. Vorsichtig gingen sie durch das Wohnzimmer auf den Couchtisch zu. Da sich ihre Augen inzwischen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, erkannten sie ganz klar, was dort in den Blumentopf gepflanzt war.
Hattinger steckte seine Waffe ein und zog sein Handy heraus.
„Mi leckst am Arsch ...“
Wildmann stand einfach nur da und starrte die abartige Skulptur an.
Hattinger wählte Fred Bambergers Nummer. „I bin’s. I brauch di’, jetzt sofort. Mit der ganzen Mannschaft ... bring alle mit, die verfügbar san ... und zwar in Eggstätt. Die Frau Erhard ruaft di’ glei o und beschreibt dir, wo.“
Damit legte er auf. Er hätte sich gerne hingesetzt jetzt, er wusste aber, dass das keine gute Idee war.
„Könnten Sie bitte die Rechtsmedizin verständigen und für die Absperrung sorgen, Karl? I geh amal kurz naus ...“
Wildmann nickte. Er wunderte sich nicht einmal, dass Hattinger ihn Karl genannt hatte. Er starrte immer noch den Kopf an, der in diesen Blumentopf gepflanzt war. Er hatte das kleine Foto neben dem Artikel im Chiemgaublick noch genau vor Augen.
Es war der Kopf von Annette Kauffmann.
17
Der restliche Ostermontag würde mit der Spurensicherung in und um Annette Kauffmanns Haus vergehen, so viel war klar. Nachdem Frau Angermoser erfahren hatte, dass man ihre Mieterin tot aufgefunden
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