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Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)

Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)

Titel: Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bogenberger
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strapaziert worden, aber am Ende war sein Durchhalten belohnt worden. In diesen Jahren hatte er das Warten gelernt. Er hatte gelernt demütig zu warten, bis der Erfolg von selbst zu ihm kam. Da hatte er die Hoffnung schon fast aufgegeben, aber eben nie ganz ...
    Es war schließlich das Letzte, was er für Maria tun konnte, was er tun musste, wenn er sie schon nicht hatte beschützen können. Dabei hatten sie sich doch redlich Mühe gegeben. Alle erdenklichen Wege waren sie gegangen, sie zu einem frommen Leben zu erziehen, in die Kirche waren sie gegangen und hatten gesungen und gebetet zu Gott, auf dass er ihre Sünden vergebe. In die Klosterschule hatten sie Maria gegeben, gar ins Internat, als sich zeigte, dass sie sich auf Abwege begab, mehr und mehr, dass sie nicht nach einem frommen Leben strebte, dass ihr die Sünde reizvoller schien. Schon da musste Gott sie verlassen haben, das wusste er heute, aber damals hatte er es noch nicht geahnt. Da hatten auch die Nonnen in der Klosterschule nichts mehr ausrichten können.
    Wenn er es nur geahnt hätte, was geschehen würde, dann hätte er sie lieber festgebunden und ihren Hass auf sich gezogen, als das zuzulassen. Freilich konnte man ja, auch als es schon geschehen war, nicht ahnen, wie fatal alles enden würde. Sie hatten damals doch noch gedacht, dass es das Richtige wäre, ausnahmsweise, in diesem Fall das Richtige, ihr zuzureden, dass sie ... ihr Leben wäre doch schon vorbei gewesen, bevor es richtig angefangen hatte, das allein war doch der Grund gewesen ... Fürsorge ... Mitgefühl... Was hatten sie sich Stunde um Stunde, Tag für Tag, jahrelang das Gehirn zermartert, was hatten sie sich für Vorwürfe gemacht ... Sie könnte vielleicht noch am Leben sein, wenn sie sie nicht gedrängt hätten. Aber vielleicht hätte sie auch selbst noch so entschieden.
    Über alledem hatte er lange Zeit den Keim des Übels gar nicht mehr beachtet, die Initialzündung der Katastrophe verdrängt, dabei wäre es ohne diese Tat niemals zu jenem verhängnisvollen Eingriff gekommen. Sie alle könnten noch glücklich leben.
    Er musste den Mann zur Strecke bringen, der Maria Gewalt angetan hatte. Das war der nächste Schritt.
    Sicher hatte es tief drinnen in ihm lange einen Rest von Zweifel gegeben, ob Maria denn wirklich vergewaltigt worden war. Sie war schließlich nicht nach Hause gekommen und hatte geschrien: Mama, Papa, man hat mir etwas Schreckliches angetan, wir müssen zur Polizei gehen, er konnte sich auch nicht erinnern, dass man ihr die Folgen körperlicher Gewalt angesehen hätte.
    Aber da war diese Nacht im Sommer gewesen, wo sie angab bei einer Freundin geschlafen zu haben, sie hatten es ihr ausnahmsweise erlaubt, weil die Ferien schon angefangen hatten, und als sie dort anriefen um neun Uhr abends, da war sie auch tatsächlich dort gewesen, sie hatte gesagt, ja Papa, wir gehen bald ins Bett und quatschen nur noch ein bisschen, ganz genau konnte er sich an jedes einzelne Wort erinnern: Ja Papa, wir gehen bald ins Bett und quatschen nur noch ein bisschen ... quatschen, ja, das war eines ihrer Lieblingsworte gewesen, gut, ein bisschen albern natürlich, wie alle diese Modewörter, die kamen und gingen, und niemand vermisste sie mehr, weil inzwischen wieder etwas anderes ... Kind, kannst du nicht vernünftig reden, hatte seine Frau oft gesagt, aber das war ja im Grunde harmlos, wenn man es nicht ... es war jedenfalls nicht böse oder abwertend gemeint, quatschen ...
    Aber ja, dann ... am nächsten Tag, ein Samstag war es ... ein Samstag mit wunderschönem, heißem, wolkenlosem Wetter, über 30 Grad im Schatten hatte es gehabt, an diesem Samstag, da war sie erst am späten Nachmittag nach Hause gekommen, Sorgen hatten sie sich schon gemacht, große Sorgen, denn bis Mittag hätte sie Zuhause sein sollen, was heißt sollen, fest vereinbart hatten sie das mit ihr ... da war sie erst am späten Nachmittag nach Hause gekommen, völlig abwesend und übermüdet hatte sie gewirkt, sie war kaum ansprechbar, wäre fast im Stehen eingeschlafen, hatte sich sofort ins Bett gelegt unter dem Vorwand, sie hätte sich wohl ganz akut erkältet und müsse sich ausschlafen – in dieser Nacht, von Freitag auf Samstag ... da musste es passiert sein ...
    In der folgenden Zeit benahm sie sich sehr ungewohnt, sie war ganz nervös, aufgeregt, dann wieder fast apathisch, das alles in schnellem Wechsel, sie versuchte öfters, heimlich zu telefonieren, was sie sonst noch nie getan hatte, nie ohne die

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