Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)
Frage, ob sie denn diese oder jene Freundin anrufen dürfe, und das waren ohnehin nur zwei oder drei, mit denen sie regelmäßigen Kontakt hatte, jedenfalls hatten sie ihre Tochter in der Zeit kaum wiedererkannt ... sie war völlig ...
Irgendwann war klar geworden, was mit Maria los war. Sie musste es selbst gestehen. Es war ein Schock ... Es war wie der Sturz aus einem Wolkenkratzer, von einem Berggipfel, von einer Brücke. Der Aufprall war das Erwachen dafür, dass so etwas möglich war ... Natürlich war es grundsätzlich möglich – bei jemand anderem, bei irgendjemand, aber doch nicht bei Maria ...
Selbstverständlich wollten sie wissen, woher dieser Umstand käme, wer sie ... von wem sie ... ? Sie hatten sie ermutigt, es zu sagen. Sie hatten ihr gedroht, sie hatten sie ... nicht wirklich hart, nur ... aber was sie auch taten, es war ihr gleichgültig, was sie unternahmen, um es zu erfahren, sie sagte es einfach nicht!
Erst nach fast zwei Monaten schließlich beichtete sie ihnen endlich die Wahrheit: Sie war vergewaltigt worden. Natürlich hatten sie Maria gedrängt, zur Polizei zu gehen, eine Anzeige zu erstatten – aber das wollte sie nicht. Sie schämte sich. Sie wollte nicht sagen, wer ihr das angetan hatte, sie wollte einfach nicht ...
Je länger diese Zeit und Marias anschließender Tod aber zurücklagen, desto mehr war in ihm die Überzeugung gereift, dass ihr Vergewaltiger sie arglistig betäubt haben musste, um sie gefügig zu machen. Es konnte gar nicht anders gewesen sein. Sie hatte es gar nicht mitbekommen, was ihr geschehen war, deshalb konnte und wollte sie auch nichts darüber sagen.
Aber jetzt wurde es Zeit zu gehen, das wusste er. Er hatte einen Fehler begangen. Einen dummen kleinen Fehler.
37
Dr. Keul hatte Hattinger gleich nach der Obduktion von Dr. Schanderl angerufen und noch einmal bekräftigt, dass es sicher nicht die Auspuffgase gewesen waren, die den Arzt ins Jenseits befördert hatten. Er war aber ein bisschen beleidigt, dass der Kommissar sich auch dieses Mal den Toten nicht selbst ansehen wollte, sondern wieder irgendeinen Adlatus schicken würde.
„Tut mir leid, wissen S’ bei uns brennt die Hüttn“, entschuldigte sich Hattinger.
„Ihr Vorgänger stand bei uns immer sofort auf der Matte.“
„Ja, aber der is ja jetz nimmer da.“
„Dann schicken Sie mir wenigstens nicht mehr so einen grünen Knaben – grün hinter den Ohren und grün im Gesicht!“ Damit legte er auf.
Der hat Sorgen, dachte Hattinger. Aber im Prinzip wussten sie ja das Wichtigste schon.
Staatsanwalt Reißberger kam herein. Er hatte schon telefonisch mit Hattinger über die Vernehmung von Wolfgang Pichler konferiert. Hattinger hatte dem Staatsanwalt mitgeteilt, dass er ernsthafte Zweifel habe, ob Pichler das Zeug zum eiskalten Killer hätte, so wie der ausgerastet war. Es sei denn, er wäre ein hervorragender Schauspieler.
Reißberger war noch alarmierter, seit ihm Hattinger den wahren Hintergrund von Dr. Schanderls Tod enthüllt hatte. Man sah ihm den Druck direkt an, er schaute ein bisschen grau aus heute.
„Hattinger, wir brauchen jetzt einen Durchbruch. Dringend!“ Reißberger reichte ihm den Durchsuchungsbeschluss für das Haus der Schanderls. „Haben Sie die Frau schon benachrichtigt?“
„Ich hab gleich die Frau Erhard hingschickt, aber die Frau Schanderl war ned da. Wir ham sie auch telefonisch ned erreicht. Vielleicht is die ja auch weggfahrn.“
„Wieso auch?“
„Ja, weil jeder, den wir erreichen wollen, zurzeit im Osterurlaub is’, in Italien oder sonstwo.“
„Auch gut, dann können Sie wenigstens in Ruhe suchen.“
„Gut, dann legn’ma glei los. Sagn Sie, könnten Sie vielleicht die Pressekonferenz allein übernehmen nachher? Dann fahrn mir währenddessen los, dann san wenigstens ned alle hinter uns her.“
Der Staatsanwalt sagte zu. Hattinger war erleichtert.
„Die Identität vom Pichler sollt’ma no ned enthüllen im Moment. Und falls irgendjemand auf die Idee kommt, nach dem Schanderl zu fragen, würd ich vorerst bei der Selbstmordtheorie bleiben, sonst hamma morgen glei a Serienmörder-Schlagzeile in der Bild.“
„Bleibt die Frage, was ich dann überhaupt sagen soll.“
„Schaun S’, so geht’s mir jeden Tag. Irgendwas wird Ihnen schon einfallen. San S’ halt kreativ.“ Mit anderen Staatsanwälten hätte Hattinger nicht so reden können, aber Reißberger kannte er ganz gut, der hatte sich einen gewissen Resthumor bewahrt.
Wildmann kam in den
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