Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi
von sagenhaftem Reichtum. Dann gibt es die Pachans. Der Traian in München, der war so ein Pachan. So einer führt ein halbes Dutzend Brigaden, die von den Brigadiers angeführt werden. Der Stosic, der ja jetzt seit einem Jahr dank unseres selbstlosen Körpereinsatzes hauptberuflicher Bio-Dünger ist, der war so ein Brigadier. So, und da kommt jetzt der Achs ins Spiel. Der ist auf der Rangleiter nachgerückt und hat seine eigene Brigade bekommen. Jede Brigade ist auf irgendwas spezialisiert: Betrug, Erpressung, Kreditwucher, Schutzgeld, was weiß ich. Eine Brigade, das sind meistens acht bis zehn oder zwölf Figuren, die wiederum überwacht werden von den ›Beratern‹, das ist so was wie eine interne Sicherheitstruppe, zu der die Härtesten der Harten gehören. Die überwachen, dass alles genau verteilt wird. Zehn Prozent von allen Einnahmen gehen an den Oberboss, dem zum Beispiel ganz West-Europa gehört oder die Westküste der USA oder was weiß ich. Irgendein Gebiet oder ein Land eben. Weitere zehn Prozent gehen in den Obotschek, das ist eine schwarze Kasse, aus der Politiker, Anwälte, Polizisten, Richter und solche Leute bezahlt werden. Ohne Obotschek ginge gar nichts, das kannst du mir glauben, von dieser Kohle hängt oft das Wohl oder Wehe der Organisation ab. Es wird geschmiert, was sich schmieren lässt. Und jeder hat seinen Preis, auch das kannst du mir glauben. Jeder. Ob das nun Geld ist, in bar, oder ein Spenderherz für den Schwiegervater oder ein Platz an einer Eliteschule für die Tochter oder ein dummer Verkehrsunfall mit Fahrerflucht unter Alkoholeinfluss, der vertuscht werden muss, weil sonst eine hoffnungsvolle Karriere im Arsch ist, egal. Hab ich alles schon erlebt. Mir soll auch keiner sagen, ich bin nicht bestechlich. Jeder ist das. Jeder, auch du. Kommt nur darauf an, wo die Achillesferse ist. Und die wunde Stelle, die jeder von uns hat, die finden diese Jungs, glaub mir das. Wo war ich? Ja, weiter: Dreißig Prozent kriegt der Pachan, und der Rest, der bleibt beim Brigadier und seinen Jungs.«
»Versteh ich nicht ganz«, meint der Stocker, »das ist doch kein gutes Geschäft für den Achs und seine Jungs, oder?«
»Doch, ist es schon«, sagt der Zeno und schiebt sich einen Riesenlöffel Joghurt-Sorbet in den Mund, »weil der Brigadier, in unserem Fall also der Achs, weil der meistens genau ausgearbeitete Pläne kriegt, wen er erpressen kann und wie. Und was unter dem Strich dabei rauskommt. Oder wo er eine Bank oder einen Geldtransport überfallen kann. Und wenn was schiefgeht, dann sorgt die Organisation sofort für einen Spitzen-Anwalt, stellt alle Kautionen, spricht mit Politikern, Staatsanwälten und so weiter. Wen die eben da in dem betreffenden Gebiet auf der Lohnliste haben. All-inclusive-Service, verstehst? Das ist wie ein FKK -Urlaub in Kroatien. Du zahlst einmal im Voraus, und dafür kannst du deinen Pimmel in die Sonne legen, und irgendwer, den du gar nicht kennst, der sagt dir, wann es genug ist mit der Sonne, weil du dir sonst gleich die Zündschnur verbrennst. Der Achs, weil wir gerade von Verbrennen reden, der hat sich seine Sporen so verdient: Der hat mit Geld von der Organisation zum Beispiel ein Lagerhaus gekauft. Hat das mit Restposten-Ware, die er günstig erworben und fünfmal überteuert versichert hat, vollgestopft. Und dann abgefackelt. So haben sie die Brandschutzversicherungs-Summe für die Halle kassiert und außerdem ein paar Millionen für die überversicherte Ramschware, die drin war. Ein super Geschäft.«
»Für die Ware schon, versteh ich. Aber nicht bei der Lagerhalle. Wo ist da der Gag? Ich meine, man sieht ja, was die für die Halle bezahlt haben, so was kann man doch nicht bis in den Himmel hinauf überversichern, oder?«
Der Stocker gibt dem Josef heimlich ein Stück von der Eiswaffel unter dem Tisch. Zeno, in seinem Gesprächseifer, der hat das nicht mitbekommen und redet weiter: »Doch, pass auf, das geht so: Ich bin der Brigadier, ich kaufe eine Lagerhalle, das heißt, eine meiner Firmen macht das. Kauft die Halle günstig, bezahlt auch alles, die Sache läuft richtig seriös über einen hiesigen Notar, der einen guten Namen hat. Jetzt kauft eine der Firmen von meinem Pachan die Halle zu einem Preis, der um die Hälfte oder noch mehr über meinem liegt. Wird alles sauber notariell in einer anderen Stadt beglaubigt und verbrieft. Jetzt kauft eine Firma vom Oberboss die Halle vom Pachan wieder um die Hälfte teurer. Und dann, zu guter Letzt, kauft
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