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Chili und Schokolade

Chili und Schokolade

Titel: Chili und Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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vom teuersten Konditor der Stadt eine Ersatztorte zu besorgen. Doch meine guten Absichten werden von Herrn Keller zunichte gemacht. Seine Geduld ist wegen der immer noch fehlenden Papiere am Ende. Er kann und will keine illegalen Kräfte beschäftigen. Ich darf erst wiederkommen, wenn ich eine gültige Lohnsteuerkarte bringe. Sonst verliere ich meinen Job!
    Eilig fahre ich nach Hause, um Konrads Arbeitszimmer zu durchwühlen. Vielleicht finde ich dort diese dumme Lohnsteuerkarte.
     
    Leider bleiben meine Hoffnungen unerfüllt. Dafür sieht das Zimmer nach meiner Suchaktion aus, als hätten Kleinkinder ohne Aufsicht darin gespielt.
    Erschöpft lasse ich mich aufs Sofa fallen, starre in den Garten und sehe dunkle Wolken am Horizont aufziehen.
    Was wird jetzt aus mir?
    Wie gelähmt bleibe ich an dieser einen Frage hängen, während dicke Regentropfen an die Fensterscheiben klatschen. Jeder Tropfen ein quälender Gedanke. Doch allmählich verdichten sie sich zu einem einzigen. Einem Gedanken, der immer deutlicher wird: So kann es nicht weitergehen. Ich werde Konrad verlassen!
    Im gleichen Moment aber wird mir die bittere Wahrheit bewusst. Ich bin abhängig von ihm. Denn wovon sollte ich dann leben? Meinen Job habe ich ja quasi schon wieder verloren. Ich müsste außerdem aus dem Haus ausziehen, und wegen der vereinbarten Gütertrennung bekäme ich im Falle einer Scheidung keinen Cent. Nicht mal Unterhalt, da ich ja keine Kinder mehr zu versorgen habe. Nach fünfundzwanzig Jahren Ehe würde ich auf der Straße stehen. Eine alte Frau, die ausgedient hat und die durch eine neue, jüngere ausgetauscht wird wie ein kaputtes Küchengerät. Merde! Seit ich verheiratet bin, habe ich nicht mehr über Geld nachdenken müssen.
    Diese Vorstellung macht mich so aggressiv, dass ich mich irgendwie abreagieren muss.
    Draußen wirbelt mittlerweile ein heftiger Herbststurm die Blätter über Oscars Grab – o nein! Die letzte Ruhestätte meines Hundes müsste ich auch zurücklassen! Ob man das Grab noch ausheben kann? Sollte ich vielleicht gleich …?
    Als ich wenig später vor Konrads alberner Spatensammlung stehe, kommt mir ein noch viel besserer Gedanke. Ich werde die Exponate entsorgen – und zwar im Eisbach! Der fließt doch direkt an unserem Haus vorbei, und tief genug ist er auch.
    Entschlossen werfe ich mir meine dunkelgrüne Wetterjacke über und schlüpfe in ein Paar Gummistiefel. Ich bin gespannt auf die Reaktion des Sammlers, wenn er den Verlust realisiert. Ich werde einfach behaupten, die Garage versehentlich offen gelassen zu haben. Die Dinger waren bereits weg, als ich nach Hause kam. Gestohlen! Das Gegenteil zu beweisen dürfte ihm schwer fallen.
    Wegen des trüben Wetters sind kaum Spaziergänger unterwegs. Ich kann meine kleine Racheaktion also ungestört ausführen. Nur einmal läuft ein älterer Herr mit seinem Hund am anderen Bachufer vorbei, bleibt stehen und sieht mir neugierig zu.
    «Was wird denn das?», ruft er verwundert, als eine Ladung Schaufeln platschend im Wasser versinkt.
    «Kunst!», antworte ich spontan und bin erstaunt über meinen plötzlichen Einfall. «Die müssen Rost ansetzen … nächstes Jahr präsentiere ich sie dann in einer Ausstellung für Alltagskunst.»
    Kopfschüttelnd zieht der Spaziergänger weiter.
    Ich benötige eine weitere halbe Stunde, dann ist die Tat vollbracht: Die Garagenwände sind leer! Zurück bleibt ein abstraktes Muster aus dunklen Staubrändern. Sieht auch wie ein Kunstwerk aus, feixe ich und atme befreit auf. Durch diese Aktionskunst habe ich meine ganze Wut im Eisbach entsorgt. Denn eines wird mir jetzt klar: Es ist an der Zeit, mich zu verändern!
    Und nirgendwo kann eine Frau das schneller als beim Friseur.
    Nachdem ich die nasse Jacke aufgehängt habe, rufe ich Trixi an.
    «Es ist furchtbar dringend», erkläre ich. «Haben Sie heute noch einen Termin für mich?»
    «Ich bin zwar ziemlich ausgebucht», erwidert sie. «Aber für eine neue Haarfarbe schiebe ich Sie liebend gern dazwischen, bevor Sie Ihre Meinung wieder ändern.»
    Kaum habe ich das Gespräch beendet, klingelt mein Handy.
    Es ist Ulla.
    «Du hast deinen Job verloren!?», platzt sie heraus. «Ich bin gerade bei meiner Großmutter zum Vorlesen und habe hier davon erfahren. Tut mir sehr leid, Evelyn, wie geht’s dir denn jetzt?»
    «Ach, gar nicht so übel», berichte ich. «Gerade habe ich nämlich beschlossen, mir eine neue Haarfarbe machen zu lassen.»
    «Evelyn, das ist ja oberprima!», höre ich

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