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Chili und Schokolade

Chili und Schokolade

Titel: Chili und Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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denen ich mich hässlich finden und noch unglücklicher sein werde.
    «Nun guck doch nicht so, als würde dir der Kopf kahl rasiert», scherzt Ulla, die mich aufmerksam beobachtet. Und zu Trixi, mit der sie sich natürlich längst duzt, gewandt, meint sie: «Kannst du ihr anschließend auch noch ein schickes Make-up machen? Wir wollen nämlich gleich shoppen gehen.»
    Überrascht sehe ich Ulla im Spiegel an. «Wollen wir?»
    «Logisch! Hast du Konrads Kreditkarte dabei?»
    Ich nicke, weil ich ganz sicher weiß, dass sie in meinem Portemonnaie steckt.
    «Gut, dann werden wir dich heute auch noch komplett neu einkleiden, damit du aus diesen … diesen Sachen rauskommst.» Ihr wenig begeisterter Blick wandert über meine weite Hose, runter zu den flachen Schuhen.
    Zustimmend klappert Trixi mit der Schere. «Eine neue Frisur braucht UNBEDINGT auch ein neues Outfit. Mindestens eines! Mit einer neuen Frisur und neuen Klamotten kann man sich neu erfinden», orakelt sie bedeutungsvoll, bevor sie sich wieder meiner Frisur zuwendet.
    Während Trixi weiterschneidet, blättert Ulla in Modezeitschriften und informiert mich über die neuesten Trends.
    Drei Hochglanzmagazine später ist mein neuer Haarschnitt fertig. Trixi legt Kamm und Schere zur Seite, greift zum Föhn und zieht mein Haar nicht wie gewohnt über eine Bürste, sondern stylt es nur mit den Fingern. Schon nach wenigen Minuten ist das Werk vollbracht.
    «Und? Wie gefällt es Ihnen?», fragt sie gespannt.
    Ulla findet das Ergebnis oberprima. Verblüfft starre ich in den Spiegel. Was für eine Veränderung! Mein feines Haar, das sich vorher nur mühsam mit Stylingprodukten zu einer trügerischen Fülle aufpeppen ließ, wirkt jetzt erstaunlich voluminös. Seit ich denken kann, habe ich immer geglaubt, ein kinnlanger Schnitt wäre die einzige Möglichkeit für meine aschblonden Fusseln. Jetzt ist alles kurz und stufig geschnitten, und unterschiedlich lange, honigblonde Fransen umrahmen mein Gesicht. Unter normalen Umständen hätte ich mich sicher nie zu so einem frechen Kurzhaarschnitt entschließen können.
    «Wie Sharon Stone», bemerkt Trixi mit einer Portion Eigenlob. Zufrieden knetet sie noch einen Klecks Gel in ihr Meisterwerk. Dann nimmt sie mir den Umhang ab, greift nach einem dicken Pinsel und entfernt die letzten Härchen von meinem Hals.
    «Genau», stimmt Ulla zu. «Du siehst aus wie Sharon Stone, als sie vierzig war. Damals hatte sie auch so einen coolen Kurzhaarschnitt.»
    Nachdem Trixi mir anschließend noch ein kunstvolles Make-up verpasst, bin ich endgültig sprachlos. Aus dem Spiegel blickt mich eine völlig andere Frau an. Meine Haut schimmert frisch und rosig, die geschminkten Augen strahlen in einem intensiven Blau, und zartrosa Gloss betont die Lippen. Ich kann kaum glauben, dass ich das bin.
    In diesem Moment weiß ich, warum viele Frauen Friseurbesuche so sehr lieben: Es ist dieses Gefühl, sich verändert zu haben, schöner geworden zu sein. Ich finde mich tatsächlich schön! Sogar noch schöner als auf unserem Hochzeitsfoto – und das war bis heute der einzige Tag, an dem ich mir uneingeschränkt gefallen habe.
    Mein großzügiges Trinkgeld, das ich für das gelungene Kunstwerk bereithalte, lehnt Trixi entschieden ab.
    «Nicht doch, Frau Meyer. Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht. Davon abgesehen, muss
ich
mich bei
Ihnen
bedanken. Sie haben mir nämlich zu einem Heiratsantrag verholfen!» Glücklich strahlend hält sie uns ihren Verlobungsring entgegen. «Ich hab das Kuchenrezept ausprobiert, das Sie mir gegeben haben. Und es hat tatsächlich funktioniert!»
     
    «Was für ein Rezept?», fragt Ulla auf der Fahrt in die Innenstadt ungeduldig.
    Ich erinnere sie an den Schokoladenkuchen, den ich vor einigen Tagen mitgebracht hatte. «Schokolade ist ja bekanntlich das beste Aphrodisiakum …»
    «Stimmt. Warum bin ich da nicht schon längst selbst draufgekommen? Das werde ich gleich heute Abend ausprobieren, vielleicht kann ich Henry damit auch zu einem Antrag verführen», kichert sie und fragt dann unvermittelt: «Wäre das nicht schon ein passendes Rezept für ein erotisches Kochbuch?»
    «Immer langsam, Ulla», versuche ich ihre Euphorie zu bremsen. «Erst mal müsste ich deinem Onkel glaubwürdig ein Callgirl vorspielen. Oder willst du ihm erzählen, dass ich eine ganz normale Hausfrau bin, die unbedingt ein Abenteuer erleben will?»
    Ulla wehrt kopfschüttelnd ab. «Natürlich nicht! Aber ich habe da nicht die geringsten Bedenken.

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