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Chili und Schokolade

Chili und Schokolade

Titel: Chili und Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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Aufgabe: Ohne die Dinger würde ich kleiner Stöpsel von allen übersehen.»
    «Wer das glaubt, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten», erwidere ich kopfschüttelnd und fahre los.
    Wir starten unseren Einkaufsbummel in den feudalen Passagen der «Fünf Höfe», wo sich die Designer-Läden wie Sardinen in der Dose drängeln. Beim Anblick der verschwenderischen Auswahl an teuren Klamotten fällt mir kurz Almas beängstigende Prophezeiung ein, dass ich im Scheidungsfall zum Sozialfall werden könnte.
    «Hat die Begleitagentur eigentlich Sozialbeiträge für dich bezahlt?», frage ich Ulla nachdenklich. «Ich meine: Kriegen Callgirls Rente?»
    Ulla legt den Kopf schief, sieht mich verblüfft an. «Was ist denn mit dir los? Machst du dir etwa Sorgen?»
    Im Schnelldurchgang erzähle ich Ulla von dem seltsamen Besuch meiner Schwiegermutter. «Ja, Ulla, ich mache mir Sorgen. Wenn Konrad mich nun wie eine heiße Kartoffel fallen lässt? Wovon soll ich leben?»
    Beruhigend spricht sie auf mich ein: «Hey, Eve, keine Panik. Wenn du zu Onkel Bertrams Angebot ja sagst, könntest du schon bald Bestsellerautorin eines erotischen Kochbuchs sein!»
    «Wieso sollte er mir das Callgirl abnehmen? Mein Hausfrauen-Dasein sieht man mir doch sofort an. Und noch dazu mein Alter …»
    «Na, wenn das alles ist, worüber du dir Gedanken machst. Ich hab mir da schon was überlegt. Aufgepasst, Eve Lacombe, hier kommt deine Callgirl-Biographie: Du bist dreiundvierzig …»
    «Neunundvierzig», berichtige ich.
    «Kleine Korrektur zu deinen Gunsten, weil du mit der neuen Frisur wesentlich jünger aussiehst», erklärt sie und fabuliert weiter: «Du warst ein erfolgreiches Callgirl, bist aber raus aus der Branche, denn
dafür
fühlst du dich inzwischen zu alt. Weil du keine private Altersvorsorge hast und auch keine Rente kriegst, willst du – genauer gesagt –,
musst
du nochmal Karriere machen, um eben nicht zum Sozialfall zu werden. Deshalb kommt Bertrams Angebot ja auch genau zur richtigen Zeit. Ein Glücksfall für eine leidenschaftliche und hervorragende Köchin wie dich! Das versteht doch der Dümmste, oder? Mein Onkel ist natürlich kein Idiot, aber es wird ihm das Gefühl geben, dass du wirklich interessiert bist und nicht nur aus einer momentanen Laune heraus mitmachen willst.»
    So sicher wie Ulla bin ich mir aber nicht. «Meinst du wirklich, dass er uns diese ziemlich konstruierte Geschichte abkaufen wird?»
    «Nun such doch keine Probleme, wo keine sind und sieh das Ganze mal von der spaßigen Seite. Mein Onkel freut sich sehr, dich kennenzulernen. Er war total begeistert, als ich ihm erzählt habe, dass du –»
    Erschrocken unterbreche ich sie: «Mon dieu! Was hast du ihm erzählt? Erwartet er jetzt eine Sexbombe à la Pamela Anderson?»
    «Quatsch. So ein aufgespritztes, zurechtgeschnippeltes Chirurgenprodukt würde ihm gar nicht gefallen. Du kannst ganz cool bleiben, ich habe ihm nur das erzählt, was ich gerade angedeutet habe. Mehr nicht. Und er wird ja auch nicht Evelyn Meyer kennenlernen, sondern Eve Lacombe, das Callgirl.» Ulla sieht mich triumphierend an. «Kapiert?»
    «Erstaunlich, wirklich erstaunlich», murmle ich. «Warst du in deinem Leben eigentlich schon mal an einem Punkt, an dem dir nichts mehr eingefallen ist, du nicht weiter wusstest?»
    Ulla betrachtet sich in einem Schaufenster, grinst ihr Spiegelbild an und streicht sich eine Haarsträhne aus der Stirn. «Logo, immer wenn der Nagellack nicht trocknen will und ich deshalb zu spät zu einer Verabredung komme. Aber im Ernst: Phantasie macht das Leben leichter! Das wirst du auch bald sehen.»
    «Bitte, sprich jetzt nicht in Rätseln», flehe ich sie an. «Die Aussicht, deinem Onkel gleich das Callgirl vorspielen zu müssen, überfordert mich schon genug.»
    «Schau mal!» Ulla fixiert mit glänzenden Augen ein bodenlanges Kleid mit tiefem Ausschnitt aus flaschengrünem Seidensamt im Schaufenster. «Das ultimative Weihnachtsoutfit! Ich sehe mich damit schon unterm Tannenbaum stehen. Das muss ich unbedingt Henry zeigen», schwärmt Ulla verzückt, bevor sie sich wieder mir zuwendet.
    Darin würde sie sicher hinreißend aussehen, denke ich. Aber Ulla zieht schon weiter.
    «Du machst dir echt immer viel zu viele Gedanken, Evelyn Meyer, über alles Mögliche und Unmögliche. Lass die Dinge einfach auf dich zukommen und reagiere, wenn es nötig ist. Du wirst erstaunt sein, wie leicht das geht und wie viel Spaß es macht. Deine Schaufel-Aktion war

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