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Chili und Schokolade

Chili und Schokolade

Titel: Chili und Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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Ulla und mir hin und her, als müsse er zusehen, wie alle seine Bauten gleichzeitig einstürzen. Plötzlich greift er sich an die linke Brust, zerrt an seinem schwarzen Hemd und sinkt laut röchelnd auf den Marmorboden.
    «Henry, neiiin!», schreit Ulla panisch, beugt sich über ihn und wimmert: «Einen Arzt, Evelyn, schnell! Ruf einen Notarzt, er braucht sofort Hilfe!»
    Mir ist überhaupt nicht danach, einen Notarzt zu rufen. Nach einem Messer würde ich aber gerne greifen … Doch ich beherrsche mich, verschränke meine Arme und behaupte eiskalt: «Das Telefon funktioniert nicht, und mein Akku vom Handy ist leer.»
    Für so viel Gefühlskälte ernte ich einen vorwurfsvollen Blick von Ulla. Sie holt ihr eigenes Handy aus der Jeans und schreit kurz darauf verzweifelt unsere Adresse hinein, und dass es sich um einen Herzinfarkt handeln würde.
    Mich kann dieser gemeine Lustmolch nicht täuschen. Das ist doch alles nur mieses Schmierentheater. Das war kein Infarkt, sondern der entgegenkommende Zug, der Konrad voll erwischt hat!
    Sollte er aber tatsächlich einen Infarkt erlitten haben, lasse ich den Namen Eve Lacombe in meinen Pass eintragen und eröffne ein Bordell!

[zur Inhaltsübersicht]
20
    Der Notarzt wischt dem theatralisch hechelnden Patienten erst mal den Angstschweiß von der Stirn. Anschließend stellt er einen erhöhten Blutdruck fest und rät zu einem gründlichen Check-up in der Klinik. Ulla und Konrad können gar nicht schnell genug zustimmen, um der Gefahrenzone zu entkommen. Welche Verbrecher bleiben schon am Tatort, wenn das Opfer plötzlich zum Täter werden könnte?
    «Evelyn, bitte», fleht Ulla mit der Stimme eines Klageweibs, als Konrad auf der Trage in den Krankenwagen geschoben wird. «Es tut mir alles so leid. Wir müssen reden. Ich komme nachher vorbei, Henry braucht ein paar Sachen fürs Krankenhaus. Ich hoffe, du lässt mich rein.»
    Die treusorgende Geliebte begleitet diesen Mistkerl natürlich beim Abtransport. Ich bleibe allein mit meinen düsteren Rachegedanken zurück. Aber wie heißt es so schön: Rache sollte man kalt genießen. Es ist also klüger, erst mal einen klaren Kopf zu bekommen. Den Verursacher dieser Ungeheuerlichkeit kann ich ja ohnehin nicht massakrieren, weil er sich hat abtransportieren lassen!
    Zornbebend renne ich durchs Haus. Blöderweise gibt es in diesen sterilen Räumen keine persönlichen Dinge von diesem Betrüger, ja nicht mal ein Foto, an dem ich meine Wut auslassen könnte. Aber wenn ich nicht gleich ein Ventil finde, drehe ich noch durch.
    Solange ich es verhindern kann, wird Konrads Konkubine dieses Haus nicht betreten, brumme ich grimmig. Ulla hat mich hintergangen! Aber damit mir niemand vorwerfen kann, dass ich einem armen kranken Mann seine Zahnbürste verweigere, werde ich Krankenschwester Ulla die Sachen vor die Tür stellen. In einem Müllsack!
    Und was steckt man üblicherweise in so einen Sack? Genau! Alte, unbrauchbare Klamotten, die eigentlich in den Zerreißwolf gehören.
    Wutentbrannt nehme ich mir die Ärmel von Konrads Jacketts und Hemden und auch die Hosenbeine vor und schneide großzügig daran herum. Danach würde die Sachen nicht mal mehr das Rote Kreuz annehmen. Für Konrad hingegen ist der Stil jetzt perfekt: Kurze Hosen passen einfach viel besser zu einem Mann, der gerade seine zweite Jugend erlebt.
    Ungerührt lasse ich Ulla zwei Stunden später an die Tür hämmern und um Einlass betteln. Wie konnte ich mich nur so in ihr täuschen?
    «Evelyn, bitte, lass uns miteinander sprechen, ich versteh das alles nicht», jault sie minutenlang.
    Als ich nicht auf ihr Gewinsel reagiere, ändert sich ihr Tonfall, und sie wird zornig: «Du gefühlloses Monster, kein Wunder, dass Henry dich alte Spießerin nicht mehr mag.»
    Das ist doch die Höhe! Wie kann diese Schlampe mir nur so in den Rücken fallen? Schließlich bin
ich
diejenige, die belogen und betrogen wurde. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es weitergegangen wäre, wenn sie heute nicht hier aufgetaucht wäre. Und …
    Sacre bleu!
    Wie Schuppen fällt es mir von den Augen: Ulla ist schwanger!
    Bei dem Gedanken stockt mir der Atem. Hätte der Stararchitekt sein Doppelleben weitergeführt? Hier das vorgetäuschte harmonische Familienleben und dort, in der neuen Wohnung, das Nachwuchsglück mit der jungen Mätresse?
    Dieser infame Lügner: Er sei ein kinderloser Witwer! Er hat mich und die Zwillinge einfach
sterben
lassen!!!
    Und Ulla? Vielleicht wusste sie ja von Anfang an, wer ich

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