Chill mal, Frau Freitag
…«
Menschliche Reaktion: »Du bist ja schon wieder zu spät. Das nervt so dermaßen, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Ich habe bereits mit dem Unterricht angefangen. Vielen Dank für die Störung! Jetzt raus, und mach die Tür hinter dir zu, damit wir hier weitermachen können.«
Schüler A beleidigt immer wieder Schüler B.
Lehrerreaktion: »Schüler A, lass bitte Schüler B in Ruhe, der hat dir gar nichts getan. Ich möchte diese Ausdrücke hier nicht hören. Ihr versteht euch doch sonst so gut. Was ist denn heute mit euch los?«
Menschliche Reaktion: »Was hast du gerade zu ihm gesagt? Hihi, ist ja witzig. Ja, stimmt, er ist auch voll dick. Aber guck dich mal genauer an. Du hast ja die übelsten Pickel. Und was willst du mit seiner Mutter machen? Warte mal, ich geb dir ihre Telefonnummer. Hier, ich wähle schon mal. Sag ihr das doch gleich selbst.«
Lehrer sagt, Schülerin soll den Raum verlassen. Schülerin geht nicht. Lehrer nimmt die Tasche der Schülerin und will die schon mal vor die Tür stellen. Schülerin springt auf und schreit: »FASS DIE NICHT AN!«
Lehrerreaktion: Tasche loslassen. Schlechtes Gewissen: Als Lehrer darf ich das Eigentum der Schüler nicht berühren. Gang zum Pult, Eintrag ins Klassenbuch …
Menschliche Reaktion: »Warum soll ich deine billige Plastiktasche nicht anfassen? Ist die kontaminiert oder was? Und was duzt du mich überhaupt, du blöde Schlampe? Pass mal auf, wie du mit mir redest!« Die Tasche greifen und vor die Tür schmeißen. Dann die Schülerin am Arm nehmen (muss ja nicht doll sein) und rausführen.
Schülerin beleidigt Lehrer. Flüstert vor sich hin: »Ist die hässlich. Voll behindert. Ich hasse sie. Wie sie aussieht …«
Lehrerreaktion: So tun, als hörte man es nicht. Weiter unterrichten. Sich den ganzen Nachmittag schlecht fühlen. Später darüber grübeln, was die Schülerin gegen einen hat. Was hat man falsch gemacht?
Menschliche Reaktion: Hingehen und wortlos eine scheuern.
Vielleicht müssen wir alle menschlicher werden, damit die Schüler über ihr Verhalten nachdenken. Im richtigen Leben können sie schließlich auch keine pädagogische Reaktion auf ihr Verhalten erwarten. Deshalb ist Authentizität doch geradezu unsere Pflicht. Ich fange gleich Montag damit an!
Kindergeld kürzen?
»Zweimal nicht die Hausaufgaben gemacht – 50 Prozent des Kindergeldes kürzen!«, sagt Thilo Sarrazin. Was halten wir denn nun davon?
Als ich das hörte, dachte ich: »Zweimal nur? Solche Streber kriegen bei uns doch gleich das Abitur. Und wie wäre es mit: Viermal keine Hausaufgaben – kein Kindergeld mehr? Was wäre mit: Nie die Hausaufgaben machen, keine Blätter, Stifte, geschweige denn Hefter oder Bücher mit in die Schule bringen? Was wäre mit: Sechsundsiebzig unentschuldigten Stunden in einem Halbjahr? Mit: Immer den Unterricht stören, wenn man mal im Unterricht ist? Was würde das kosten? Bisher nur meine Nerven. Aber ich hätte gar nichts dagegen, darauf Strafzölle zu erheben.
Hier mein Vorschlag: Wir drehen alles um. Es gibt nicht einfach Kindergeld wie bisher, das Geld muss verdient werden. Die ganze Woche pünktlich gekommen gleich 5 Euro. Dann gibt es Geld für: Das Arbeitsmaterial mal mitbringen, vielleicht auch für gute Mitarbeit und natürlich für Hausaufgaben machen. Ich glaube, dann würde ich wieder welche aufgeben können.
Hat jemand ein wirksames – ich wiederhole: wirksames – Mittel gegen Unpünktlichkeit? Das kriege ich nämlich nicht hin. Nachsitzen habe ich probiert. Bin ich nicht dafür, das bestraft nur mich, da es den Schülern entweder nichts ausmacht oder sie nicht kommen.
Noch mal zu Thilo Sarrazin: An welche Art von Schüler denkt er eigentlich, wenn er seine Vorschläge macht? An meine jedenfalls nicht. Ich werde seinen Vorschlag mal mit meinen Schülern diskutieren. Mal sehen, was die sagen. Wenn es nach ihnen ginge, gäbe es sowieso nur noch schariaartige Strafen in der Schule.
Ich frage Ferhat aus meiner Klasse, ob er die Diskussion über Integration in den Medien verfolgt hätte.
»Ja, das ist voll schwierig mit der Integration. Meine Mutter lernt Deutsch und arbeitet auch, aber sie bekommt keinen deutschen Pass.«
»Nein? Warum nicht? Du hast doch auch einen, oder?«, frage ich.
»Ja, schon lange. Mein Vater will nach ihr einen beantragen, aber bei ihr dauert das voll lange. Die Deutschen wollen das irgendwie nicht. Da müssten die Politiker mal mehr machen.«
»Ja. Stimmt. Kann denn deine Mama schon
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