Chill mal, Frau Freitag
ist mir schon mal passiert.
Ich stehe vor dem Vertretungsplan, als der Hausmeister auf mich zukommt: »Frau Freitag, was machen Sie denn hier?«
»Ich suche meine Klasse.«
»Na, da wird wohl keiner kommen. Sind doch Ferien.«
»Ferien? Was für Ferien?«, frage ich verwundert.
»Na, Osterferien«, sagt er.
»Osterferien? Seit wann denn das?«, frage ich.
»Schon seit Freitag. Und heute ist Mittwoch.«
»Seit Freitag? Kann doch gar nicht sein. Ich habe doch gestern noch so schönen Unterricht gemacht. Und am Montag, da war doch alles ganz schrecklich. Das weiß ich doch noch. Mit Dschingis und so.«
Der Hausmeister schüttelt den Kopf. »Nein, nein, Frau Freitag, heute ist der dritte Ferientag, und gestern und vorgestern waren auch schon Ferien.«
Er schiebt mich sanft zum Schultor. »Und Sie fahren jetzt schön wieder nach Hause und erholen sich.«
»Aber ich muss doch unterrichten. Die Kinder warten doch«, stammele ich, während wir uns dem Ausgang nähern. Eine Stunde später komme ich verwirrt nach Hause. Ich trinke einen Kaffee und gucke kurz irgendeinen Blödsinn im Fernsehen. Leider muss ich dann aufhören, denn die Arbeit ruft. Ich will doch morgen einen Test schreiben und die Arbeitsblätter vom Wochenplan muss ich auch noch zensieren …
Haufen
Ich habe einen rie-si-gen Schreibtisch. Bestimmt mehrere Meter lang. Trotzdem habe ich momentan nur etwa 60 Zentimeter freie Fläche. Was liegt hier eigentlich so rum? Ganz an der Seite sind zensierte Kunstarbeiten der Schüler, die ich eigentlich mal wieder mit in die Schule nehmen sollte. Daneben ein Stapel mit unzensierten Kunstarbeiten, die ich eigentlich zensieren sollte. Dann mehrere Ausgaben von Fachzeitschriften, die ich in dem Glauben abonniert habe, dadurch eine bessere Lehrerin zu werden. Sie mir bloß liefern zu lassen, scheint nicht zu reichen. Vielleicht sollte ich sie mal auspacken und lesen. Oder wenigstens ins Regal stellen.
Dann gibt es noch die Stapel mit den amtlichen Papieren, meine Gehaltsabrechnungen, Fortbildungsnachweise, Lohnsteuersachen, Rentenkram und so weiter. Diese Papiere sollte ich vermutlich lesen und sie dann so verstauen, dass ich sie auch wiederfinde. Dann sind da noch einige Haufen mit Schülertexten, die ich noch nicht zensiert habe, und Kopien von Elternbriefen, die eigentlich in die Schülerakten gehören.
Ich sehe ein paar Zeilen für Raptexte: »Eltern unterschreiben keine Klassenarbeit, Eltern wissen aber alle: Wir sind von der Schulbuchzuzahlung befreit.« Daneben liegen einige Bücher, die ich mir geliehen habe und die ich demnächst mal zurückgeben sollte, außerdem ein Haufen Arbeitsblätter, die ich kopieren wollte oder schon kopiert habe.
Und dann gibt es noch die zwei Haufen des Grauens – ganz hinten in der Ecke liegen die, und zwar, ungelogen, seit letztem Schuljahr. Nie sehe ich nach, was da genau liegt. Ich sollte die Haufen nehmen und einfach wegschmeißen. Das wäre der ultimative Befreiungsschlag. Bis ich so weit bin, muss ich allerdings noch sehr viel Yoga machen.
Ich werde jetzt anfangen abzurüsten. Stapel für Stapel werde ich abbauen, bis ich einen japanischen Schreibtisch habe und Feng Shui wieder lacht. Genau dafür hat man die Feiertage mit den vielen Spielfilmen erfunden, um seinen Schreibtisch zu entrümpeln. Fräulein Krise wird vor Neid platzen. Das spornt mich noch mehr an. Und wenn ich schon dabei bin, werde ich heute Nachmittag noch schnell den Rest des Schuljahres vorbereiten. Und morgen mach ich dann noch den Lohnsteuerjahresausgleich, damit schocke ich Frau Dienstag. Herrlich, die Ferien können so schön sein. Wozu verreisen, wenn man doch auch zu Hause so viel Spaß haben kann.
7.
Nach den Osterferien
Frau Freitag hat voll Bodyguard
Nach den langweiligen Ferien freue ich mich immer auf den ersten Schultag. Und auch diesmal muss ich sagen: Hat Spaß gemacht. Ich war gleich wieder voll drin.
»Frau Freitag, wen finden Sie besser, Mehrzad oder Menowin?«
»Ich habe keinen Bleistift mit.«
»Können wir nicht was anderes machen? Die Aufgabe ist langweilig.«
»Kann ich aufs Klo?«
Als wäre nichts gewesen. Nur war ich vielleicht etwas erholter als sonst und habe dementsprechend wenig rumgemeckert. Allerdings kam ich in der letzten Stunde schon ganz nah an meine Grenzen. Jeden Donnerstag unterrichte ich in der sechsten und siebten Stunde Kunst in einer lebhaften 7. Klasse. Die sind alle sehr süß, aber gehen mir wahnsinnig auf die Nerven. Siebte Stunde und 7. Klasse
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