Chimaeren
in die Mangel nehmen.«
Tastend verließen sie das Haus.
Und prallten fast gleichzeitig vor dem Anblick zurück, der sich ihnen bot.
Der Himmel . Die - die Sterne .!
»Gott, der Allmächtige ...«, hauchte Sailor, dem ebenso wie den beiden anderen dämmerte, daß nicht nur das elektrische Licht schlagartig und eigentlich unerklärlich erloschen war.
*
»Macht sieben Dollar achtzig.« Die Stimme des Taxidrivers veran-laßte Darren Secada, seinen Blick kurz aus der Umgebung zurückzuziehen und tief in die Tasche seiner Jacke zu greifen.
Er ließ einen Zehndollarschein in die riesige Hand des Fahrers sinken. »Stimmt so, Meister.«
»Untertänigsten Dank, Sie Glückspilz.«
»Glückspilz?«
Der Mann, ein Maori, der offenbar eine der raren Aufenthaltsgenehmigungen für Australien ergattert hatte, nickte in Richtung seines weiblichen Fahrgastes, der bereits ausgestiegen war.
Darren verstand. Wortlos verließ auch er das Taxi, das sich kurz darauf entfernte.
Lilith stand bereits auf dem Grund und Boden ihres Anwesens. Unbehaglich, den Kopf zwischen die Schultern gezogen, schloß Darren zu ihr auf.
»Wie hast du das gemacht?«
»Was meinst du?« Unschuldsvoll blickte sie an ihm vorbei zu dem Ort, wo sie ihm »etwas zeigen« wollte.
Scheinheilig trifft es besser, dachte Darren.
»Ich meine die Bullen ...«, er grinste düster, immerhin war er im weitesten Sinn selbst ein »Bulle«, »... und die Medien. Wo hast du sie verscharrt?«
Sie ignorierte seinen groben Scherz. Schulterzuckend erklärte sie: »Offenbar haben sie eingesehen, daß ihre Arbeit hier erledigt ist.«
»So wie Scone eingesehen hat, daß er das interne Ermittlungsverfahren gegen mich einstellen soll?«
Sie ging auf das Haus zu und zog ihn wie an einem unsichtbaren Band hinter sich her. »Denk nicht länger darüber nach.«
»Du kannst nicht die ganze Welt bescheißen«, stöhnte er. »Die Bilder sind doch längst um den Globus gegangen. Wie kannst du nur glauben -«
»Laß es meine Sorge sein, ja?«
Eingeschnappt zerbiß er einen Fluch zwischen den Zähnen.
Dann standen sie vor der Haustür.
»Würdest du mich über die Schwelle tragen?«
Perplex starrte er sie an.
»Schon gut, war ein Scherz. Sei locker. Die Gefahren, die es einmal zu fürchten gab, sind beseitigt.«
»Bist du sicher?« Darrens Gedanken kreisten immer noch um ihren Scherz. Weil ihm inzwischen klargeworden war, daß er alles tun würde, was diese Frau von ihm wollte - wenn sie es ihm auf ihre ganz eigene Art und Weise befahl.
Seine Nackenhärchen sträubten sich, und eine innere Stimme drängte ihn, sich umzudrehen und fortzulaufen, ohne ein einziges Mal zurückzublicken.
Die Chancen, daß sie es zugelassen hätte, standen gering, aber wahrscheinlich war es eine Chance. Je länger er hingegen bei ihr blieb, desto trüber wurden die Aussichten, je wieder von ihr loszukommen .
Er schluckte, als er begriff, welches Bild er sich von ihr machte: Eine Spinne war sie, in deren Netz er sich verfangen hatte - eine Hydra, die ihn mit unzähligen Armen und verführerischen Zungen umschlungen hielt!
Krampfhaft versuchte er diese Vorstellung zurückzudrängen. Denn er hatte längst gemerkt, daß sie das Zerrbild, das sein Unterbewußtsein von ihr entworfen hatte, um ihn gegen sie aufzuwiegeln, eben auch nicht war. Sie - »Darren?«
Sie stand bereits hinter der Schwelle. In dem Haus, von dem Seca-da in diesem Augenblick begriff, daß es die meiste Schuld daran trug, wenn er gern einen Rückzieher gemacht hätte.
Als er es vor Tagen allein und aus einer spontanen Eingebung heraus betreten hatte, war ihm gewesen, als hätte er die Nähe seines Vaters darin gespürt. Seines Vaters, der im Bitter Blue Asylum, einer psychiatrischen Anstalt, einsaß, seit sein Verstand vor knapp vier Jahren während einer Untersuchung in diesem Haus heillos zerrüttet worden war. Sein Vater hatte als Parapsychologe gearbeitet. Darren selbst hatte Medizin studiert und sich dann für die Fachrichtung Pathologie entschieden. Ein Detektiv war er geworden, der die Hintergründe mutmaßlich gewaltsam herbeigeführter Tode erforschte.
Das Geheimnis dieses Hauses hatte er noch immer nicht ergründen können .
»Ich komme.«
Es gelang ihm, die innere Blockade niederzureißen, die ihn hinderte, ihr zu folgen.
Im Grunde hatte er überhaupt keine Wahl. Zu tief war er bereits in die Ereignisse verstrickt, die nicht nur mit diesem Haus und dieser Frau zusammenhingen. In Sydney tat sich auch sonst einiges,
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