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Chimären

Chimären

Titel: Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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angesprochen, „Sie haben sich gestern mit diesem Hund, der niemandem gehörte, befasst. Was ist aus dem geworden? Sagen Sie es diesem Herrn!“
      Der junge Mann sah mit gesenktem Kopf von einem zum anderen. „Zum Tierheim habe ich ihn gebracht, beinahe meine Verabredung deshalb verpasst.“ Den zweiten Halbsatz brachte er vorwurfsvoll hervor.
      „In welches Tierheim?“
      „Es gibt nur eines. In die Lugkstraße…“
      „Dort weiß man angeblich nichts davon. Wer hat Ihnen den dort abgenommen?“
      Der Mann wurde sichtlich verlegen und antwortete nicht sogleich.
      „Also – Mann, wir müssen ablegen. Was ist?“
      „Niemand.“
      „Was heißt ‚niemand’?“
      „Es war schon zu.“
      „Und?“, der Offizier wurde ungeduldig und heftig zugleich.
      „Ich habe ihn ans Tor gebunden.“
      „Na prima!“, stöhnte Boris Remikow.
      „Ackermann!“ Es klang nur leicht tadelnd. Offenbar hielt der Schiffsmann nicht viel von streunenden Hunden. Er wandte sich auch gleich an seinen Besucher und sagte bedauernd; „Tut mir leid, aber Sie hören ja. Vielleicht haben Sie Glück, und er kommt wieder. Soll bei Hunden ja vorkommen. Dann aber sollten Sie besser auf ihn aufpassen. Wenn ich Sie jetzt bitten dürfte: Wir müssen!“
      Boris Remikow zerknirschte einen saftigen russischen Fluch zwischen den Zähnen, rang sich ein undeutliches „Danke und gute Fahrt!“ ab und verließ das Schiff.
      „Kollegin Lindsey: Bitte kommen Sie mit Schäffi zum Tierheim, wenn’s geht, sofort, es gibt Probleme“, sprach er nervös ins Mobiltelefon. Und zu seinem Begleiter gewandt: „Zum Tierheim, schnell!“

    Schäffi nahm sehr überzeugend am Zaun in unmittelbarer Nähe der Pforte Lux’ Spur auf, noch bevor sich die drei Institutsangehörigen bemerkbar gemacht hatten. Die Witterung aber führte die Spürnase in das Objekt hinein.
      Nach dem Läuten wurde nicht automatisch geöffnet, es kam stattdessen die Wärterin, die Boris bereits kennengelernt hatte. Und je näher sie dem Tor kam, desto zögerlicher wurde ihr Schritt. Sie blieb sogar einen Augenblick stehen, als sie Schäffi bemerkte, die aufgeregt an der Tür kratzte. „Sie?“, tat die Frau erstaunt, und sie blickte auf Boris. „Was ist noch?“
      „Machen Sie bitte auf!“, forderte Shirley.
      „Nehmen sie den Hund weg!“
      „Schäffi, bitte!“ bat Boris.
      Die Hündin sah ihn an und beendete sofort ihr Gebaren.
      Die Frau öffnete sichtbar widerwillig.
      „Such weiter, Schäffi!“, ordnete Boris an.
      „Was soll das!“, rief die Wärterin.
      Schäffi lief an ihr vorbei, die Nase auf dem Boden, zur Zwingeranlage, kümmerte sich nicht um die keifernden Insassen, sondern rannte spornstreichs zu einer der Zellen, die leer war. Sie blieb davor aufrecht sitzen und erwartete ihre Betreuer, die eilig folgten.
      Doch bevor sie den Käfig erreichten, stellte sich Boris der Frau in den Weg, während Shirley zu Schäffi trat. „Wollen Sie mir das erklären?“, fragte er zwingend.
      Die Frau blickte zu Boden. Offenbar hatte sie soviel Erfahrung im Umgang mit Hunden, dass sie wusste, gegen die Spürnase Schäffis keine Chance zu haben. „Es war so“, stammelte sie. „Die alte Frau tat mir leid. Und er war noch nicht aufgenommen.“
      „Okay!“ Boris wimmelte den Ansatz zu weiteren Erklärungen ab. „Adresse?“
      „Nachtigall, Erlenweg siebzehn“, las sie von einem Zettelchen ab, das sie aus der Schürzentasche gezogen hatte.
      „Kollegin Lindsey, bitte kommen Sie“, rief Boris.
      Als Shirley die Frau, die zwar mit gesenktem Kopf, aber Erleichterung im Blick dastand, passierte, fragte sie: „Hat sich unser Lux irgendwie – geäußert?“
      Die Frau schaute verständnislos, zuckte dann mit den Schultern. „Nein, ganz ruhig war er. Ich vermute, er ist krank. Noch nicht mal gebellt hat er.“
      Shirley nickte, ließ die Frau stehen und folgte den Kollegen.
      Die Wärterin lief einige Schritte hinter Shirley her und rief: „Wenn meine Chefin es erfährt, dann, dann…“
      Shirley wendete nur den Kopf ohne ihren Lauf zu stoppen und unterbrach: „Machen Sie Ihre Schlamperei mit sich aus, uns interessiert das nicht!“

    A n den Geruch in seiner neuen Welt konnte sich Lux nur schwer gewöhnen. Insbesondere der bequeme Korb, den er als Schlafplatz zugewiesen bekommen hatte, strömte noch, schwach zwar, das Odeur eines Artgenossen aus, der ihm, hätte er ihn

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