Chimären
ängstlich.
Der zweite Mann, der sich im Hintergrund gehalten hatte, trat vor. „Mein Name ist Remikow. Sie müssen wissen, uns ist ein Hund entlaufen. Wir suchen ihn. Dürfen wir Ihren sehen?“
„Nichts da, da könnte jeder kommen. Meinen Benno habe ich vom Tierheim, guten Tag.“ Sie wollte die Tür schließen.
Der Begleiter Remikows verhinderte dies. „Machen Sie keine Schwierigkeiten“, sagte er drohend.
„Benno, Benno, fass!“, rief Frau Nachtigall hoch erregt.
Als die Haustür aufging und ein frischer Luftzug durchs Zimmer strich, wusste Lux, was die Stunde geschlagen hatte. Er folgte dem Ruf seiner verängstigten Herrin nicht, sondern nahm schicksalsergeben seine Duldungshaltung ein. Er hatte Remikow erkannt.
Aber da war der Mann, den Lux nicht kannte, bereits im Wohnzimmer und rief sofort: „Ich glaube, das ist er. Kommen Sie!“
Frau Nachtigall verstellte Remikow den Weg. „Verschwinden Sie“, rief sie fuchtelnd. „Ich rufe die Polizei!“
„Aber, gute Frau…“ Remikow versuchte die aufs Höchste Erregte zu beruhigen.
Lux hatte Remikow erwartet, nicht aber diesen Fremdling. Er sprang auf, ein kurzes Knurren, und er schlug dem Mann die Zähne kräftig in den Oberschenkel.
„Verdammt!“ Der Eindringling versetzte dem Angreifer einen wuchtigen, schmerzhaften Schlag in die Flanke.
Lux wurde zurückgeschleudert. Er brauchte Sekunden, um sich zu sammeln, stand dann knurrend mit gesträubtem Fell, verkniff sich jedoch eine zweite Attacke.
Boris Remikow trat ins Zimmer, gefolgt von Frau Nachtigall, die an seinem Ärmel zerrte.
„Er hat mich gebissen“, sagte der Wachmann tonlos mit aschfahlem Gesicht. Er hielt plötzlich die Betäubungspistole in der Hand und richtete sie auf Lux.
Remikow benötigte einen Augenblick, um die Situation zu erfassen. „Langsam“, versuchte er zu beruhigen, „langsam!“
Frau Nachtigall ließ von ihm ab und stürzte auf den mit der Pistole zu.
Der Mann zögerte keine Sekunde. Mit beiden Händen, auch mit der, die die Pistole umkrampfte, stieß er Frau Nachtigall gegen die Brust. Die Frau taumelte, schlug lang hin und blieb regungslos liegen.
Und noch bevor Remikow in irgendeiner Weise reagieren konnte, hatte jener sich erneut dem Hund zugewandt und blitzschnell die Waffe ausgelöst. „Sie müssen etwas unternehmen“, fiel er dann Remikow an. „Er ist ansteckend, verdammt noch mal!“
Lux verspürte einen stechenden Schmerz, seine Beine knickten ein, das Bild vom Geschehen im Raum verschwamm und Schwärze hüllte ihn gleichsam ein. Er stürzte.
„Sie Idiot“, knirschte Remikow, und er beugte sich über den leblosen Hundekörper, bemerkte jedoch sofort sein unangemessenes Betragen und wandte sich Frau Nachtigall zu, die sich stöhnend aufzurichten versuchte.
Er half der Frau in den Sessel. „Schaffen Sie ihn ins Auto“, fauchte er seinen Begleiter an.
„Aber…“ Der Mann rührte sich nicht, stand voller Furcht.
„Tun Sie, was ich sage. Ihnen passiert schon nichts. Mut, alte Frauen umzunieten, haben Sie, aber sonst hapert’s wohl!“, rief Remikow erzürnt. „Geht’s wieder?“, fragte er Frau Nachtigall, die geschockt im Sessel lag.
„Was ist mit Benno?“, fragte sie drängend zurück. Der Gedanke an den Hund gab ihr offensichtlich Kraft. Sie richtete sich auf.
„Wir müssen ihn mitnehmen, er ist verletzt.“
Die Frau wollte aufbrausen.
„Beruhigen Sie sich, nichts Ernstes.“ Und da kam Remikow ein Einfall: „Sie bekommen ihn wieder und können ihn auch behalten!“ Er dachte an die verbliebenen beiden, nicht operierten Geschwister Lux’ aus dem gleichen Wurf, die zum Vergleich unbeeinflusst geblieben waren, ein Rüde und eine Hündin. Nunmehr könnte man, nachdem die Ergebnisse sich offenbar als stabil erwiesen, auf einen der beiden, in dem Fall auf den Rüden, verzichten.
Frau Nachtigall beruhigte sich. „Er ist ein guter Hund“, sagte sie, „so gelehrig, und braver als mein seliger Benno.“
,Das wird sich leider etwas ändern’, ging es Remikow durch den Kopf, und er schmunzelte bei diesem Gedanken.
N atürlich fühlte sich Shirley Lindsey kolossal erleichtert, als Boris sie an dem nämlichen Nachmittag noch aus dem Auto anrief und ihr mitteilte, dass man Lux gefunden habe.
Sie hatte Manuel, der mit ihr zur Eröffnungsparty einer Galerie wollte, deren Räume auch von ihm mitgestaltet worden
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