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Chimären

Chimären

Titel: Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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ihr Ehrgeiz nicht unerheblich dazu beigetragen, dass die Canismuten entstanden sind. Selbst die von ihr veranlasste Tötung des ersten Versuchstieres, nachdem sich der Erfolg abzeichnete, entlastete sie nicht. Schließlich hatte sie nur allzu gern zugestimmt, die Arbeiten fortzusetzen, nach der formalen Rückendeckung von Lehmann Master Shirley Lindsey sah keinen Ausweg. Es fehlten nicht mehr viel und der fünfzigste Hunde-Bastard würde im mittlerweile weit verzweigten Institut nach der Operation erwachen, von den mittlerweile in die Versuche einbezogenen Schimpansen ganz abgesehen.
      Shirley hatte wenigstens eine halbherzige Zusage Lehmanns erhalten, es vorerst bei dieser geplanten Anzahl zu belassen. Nicht, weil er etwa Bedenken zur Zukunft seiner Produkte gehabt hätte, sondern aus Kapazitätsgründen.
    In ihrer Stimmung, der inneren Zerrissenheit und im Kummer um die abgekühlte Beziehung zu Manuel kam Shirley der Auftrag Lehmanns gerade recht, innerhalb der nächsten zehn Tage die Außenstellen und Zweigniederlassungen des Instituts zu bereisen, „nach dem Rechten sehn“, wie der Chef sagte – im Namen der Leitung.
      Manuel nahm die Ankündigung von Shirleys Reiseabsichten gelassen, beinahe gleichgültig auf. Nur einmal fragte er, und es klang, als erwarte er eine Entscheidung, „in Sachen dieser – Hunde?“ Und er verfiel augenblicklich zurück in seine stoische Haltung, als sie bejahte.

    „ M eine Kinder“; nannte Uwe Lehmann sie in Gedanken. Er hatte sie
    als Inhaber der Firma mit dem harmlosen Namen „Institut für Anthropomorphische Anwendungen“ in sein Herz geschlossen – ein gelungenes Ergebnis dreijähriger intensiver Forschungsarbeit.
      Die erste Gruppe seiner Canismuten persönlich zu verabschieden, hatte sich Direktor Lehmann natürlich nicht nehmen lassen. In einer kleinen Ansprache glaubte er, den Kreaturen Selbstwertgefühl und Stolz suggerieren zu müssen, Stolz auf sich als Produkt aufopferungsvoller, genialer wissenschaftlicher Arbeit – seiner Arbeit.
      Erst recht verzichtete Dr. Lehmann nicht auf ein solches Procedere, wenn es sich um die Belieferung eines prominenten Kunden oder die Erledigung eines Großauftrages mit möglicher Folgeoption handelte – wie an diesem Tag. Der Beauftragte des Emirs von Kapun würde nach einer Führung durch die Einrichtung die bestellte Ware übernehmen. Es konnte dies den Beginn eines zukunftssicheren Geschäfts bedeuten.
      „Und wie Sie das machen, geben Sie natürlich nicht preis.“ Abdul Abdulaew verbarg hinter der Feststellung die Frage.
      Dr. Lehmann lächelte und schüttelte leicht den Kopf. „Bitte, meine Herren!“
      Sie hatten ein kleines Zimmer betreten, und Lehmann wies auf Kleiderschränke die zwei Wände einnahmen. „Schutzkleidung. Wir müssen auf äußerste Sterilität achten, op-gemäß.“
      Sie passierten die Schleuse. Die Besucher folgten Lehmann in einen großen Saal. Trennwände teilten diesen in etwa ein Dutzend Kojen, in denen sich eben so viele Weißbekittelte aufhielten. Großmikroskope, Computer und verschiedenes Kleingerät gehörten zur Ausrüstung eines jeden Arbeitsplatzes. Kaum einer der Anwesenden sah auf, als die kleine Gruppe den Raum durchmaß. „Zellforschung und Manipulation“, erläuterte Lehmann knapp. „Sie wissen ja, mein Hauptbetätigungsfeld sind die Organe, und nicht jedes kann heutigentags schon nachgezüchtet werden, noch nicht.“
      „Sie forschen auch am – Gehirn?“, fragte einer der Begleiter Abdulaews.
      Lehmann sah ihn eine Sekunde lang an, als wollte er sagen: Heilige Einfalt. Er suchte nach einer unverfänglichen Entgegnung. Da kam ihm Abdulaew zuvor. „Wären wir denn sonst hier?“, fragte er tadelnd.
      Sie betraten den Korridor.
      „Der OP.“ Lehmann zeigte auf eine Tür. Auf den fragenden Blick Abdulaews setzte er erklärend hinzu: „Der Operationstrakt, zur Zeit aber nicht belegt.
      Hier die Zwinger für unsere Versuchstiere.“ Er stieß den Zugang auf, trat zur Seite, um den Gästen einen Einblick zu gewähren. Die doppelstöckigen Käfige befanden sich an den Wänden eines breiten Ganges, die meisten besetzt mit Hunden aller Mischungen, nur wenigen reinrassigen. Manche bellten oder knurrten die Besucher an.
      Die Tiere, auch einige Schimpansen, Paviane, Katzen und sogar eine Ziege, vermittelten einen gepflegten und wohlversorgten Eindruck. Nur ein unangenehmer Geruch stand trotz der eingeschalteten Klimaanlage in dem

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