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Chimären

Chimären

Titel: Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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verantwortlich. Wissen will ich, was mit meinem Objekt geschieht, wann es mir wieder zur Verfügung steht. Es ist überhaupt absurd, dass ich solche Fragen stelle. Ich hätte längst… Es tut mir leid, Herr Doktor Lehmann, aber ich muss die Ordnung schleunigst wieder herstellen. Wenn nicht anders, dann mit Gewalt!“
      „Herr Bürgermeister!“ Es klang beschwörend. „Bitte haben Sie noch etwas Geduld, ein, zwei Tage. Ich verspreche Ihnen, ich regle das. Nur – bis wann, kann ich noch nicht sagen. Ich weiß ja selber erst seit gestern Abend… Noch haben sie ihre Forderungen…“
      „Die Versuchstiere…?“, warf der Bürgermeister nicht ohne Spott ein.
      Lehmann biss sich auf die Lippen. „Sie halten eine Mitarbeiterin von mir dort gefangen“, lenkte er ab.
      „Macht wohl mit denen gemeinsame Sache, was?“
      „Eine Überlegung, Herr Bürgermeister…“ Lehmann ging auf die gehässige Bemerkung nicht ein, kam vielmehr zu seinem eigentlichen Anliegen. Er hatte sich zurückgelehnt und den Tonfall gewechselt.
      „Ich höre.“
      „Kann nicht plötzlich ein Umstand eintreten, der, sagen wir, zur vorübergehenden Schließung eines Objektes führt?“
      Der Angesprochene zog abermals die Stirn in Falten; sein Gesicht bekam einen abweisenden Zug. „Das kann“, entgegnete er patzig. „Nur hier gibt es nicht die geringste Veranlassung dazu. Ich sage es noch einmal: Die Gemeinde ist auf jeden einzelnen Euro angewiesen. Ich lasse räumen und fertig!“
      „Das könnte…“, Lehmann beugte sich vor und sagte wie obenhin, „gefährlich sein. Tote nicht ausgeschlossen.“
      „Kommen Sie mir nicht so, ich…!“ Der Bürgermeister wurde heftig.
      „Augenblick, Augenblick“, beschwichtigte ihn Lehmann. „Ich habe eine Frage, eigentlich zwei: Welchen Verlust, welchen durchschnittlichen Ausfall an Einnahmen haben Sie pro Tag, wenn die Festung geschlossen ist, und gibt es ein dringend zu realisierendes Objekt, das gesponsert werden sollte?“
      Der Bürgermeister schloss den Mund, setzte seine Drohung nicht fort. Er nahm einen Schluck Kaffee, blickte über die Tasse und brummelte: „Mehr als eines.“
      „Und gäbe es auf dieser Basis keine Verständigungsmöglichkeit?“
      Lehmanns Gesprächspartner schwieg. Er wiegte leicht den Kopf.
      „Ein Vorschlag?“ Lehmann blickte gespannt.
      „Ein Teil der Festung selbst wäre nach der Saison zu sanieren. Andererseits…“
      „Das wäre doch ein Ansatz…“
      „Die Steuern…?“
      „… könnten sie meine und die meiner Anwälte Sorge sein lassen.“
    A ls Lux eintrat, rekelte sich Susan bereits wieder im Sessel, diesmal angetan mit ihrer lädierten Kleidung vom Vortag, der geblümten Sommerbluse und dem kurzen Rock, den in Höhe des linken Oberschenkels ein riesiger Dreiangel zierte, so dass die Unterwäsche hervorlugte. Auch die Ärmel der Bluse wiesen Risse auf und zudem Blutflecken.
      Der Besucher versuchte den aufrechten Gang, was ihm wiederum nicht gelang. Abermals musste er sich mit dem linken Vorderbein an der Wand abstützen. Er sagte „Hallo – ich grüße dich, Susan Remp und…“, er drehte – und es sah tatsächlich wie eine Verlegenheitsgeste aus – den Kopf zur Seite, „bitte für das rüpelhafte Verhalten meiner Leute um Entschuldigung.“
      Er sagte wahrhaftig „Leute“, was Susan innerlich belustigte.
      „Aber wenn du dich nicht derartig heftig gewehrt hättest…“
      „Na, entschuldige mal. Eine derart wilde Horde fällt über einen her, und da soll man nicht…“ Susan hatte ihre Haltung nicht verändert. Verärgerung aber klang – getreu ihrer neuen Taktik – aus ihrem Tonfall nicht heraus. „Aber geschenkt“, fuhr sie fort. „Ich verlange, sofort freigelassen zu werden, das Ganze als einen Irrtum abzutun und zu vergessen. Ihr kehrt in eure – Stationen zurück, und ich sorge dafür, dass es keine Konsequenzen gibt.“
      Lux hatte sich in den zweiten Sessel gekauert.
      ,Wenn er wüsste, wie lächerlich er sich macht’, dachte Susan, ,und spielt sich hier auf, maßt sich an, mich, einen Menschen, einzusperren!’
      Lux richtete sich ein wenig auf und wedelte abweisend mit dem rechten Vorderbein hin und her. „Nichts da“, sagte er. „Du verkennst die Lage. Wir haben den längeren Hebel, wie man zu sagen pflegt.“ Es schwang Stolz mit, Stolz vielleicht darauf, abstrakte Sprachbilder anwenden zu können. „Man wird – deine Leute, dein

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