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Chimären

Chimären

Titel: Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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entzündete eine von seinen beißenden Zigaretten. „Und so etwas wollen Sie noch immer schonen?“ Die Frage richtete er an Direktor Lehmann.
      Lehmann antwortete nicht.
      Shirley Lindsey wurde hellhörig. „Welche Diskussionen sind dem wohl vorausgegangen?“, dachte sie. „Wollte er etwa…?“ Sie dachte nicht zu Ende.
      „Ein Ende haben muss die Sache“, stellte Doktor Rabe fest.
      „Am Sonntag früh“, bemerkte Matenstock lakonisch. Er entblößte abermals die schwarz umrandeten Raucherzähne in einem selbstgefälligen Lächeln.
      „Was, Sonntag früh?“ Lehmann fuhr auf, starrte den Polizisten an.
      Matenstock lehnte sich in überheblicher Pose zurück. „Sonntag früh machen wir dem Spuk ein Ende. Ich sehe die öffentliche Ordnung gefährdet, der Vorfall vorhin ist Beweis genug, also Schluss!“
      „Das können Sie nicht machen!“, rief Shirley Lindsey. Ihre gesamte Haltung drückte höchste Empörung aus.
      Gespielt hilflos blickte Matenstock auf Lehmann, als wollte er fragen: Hat die Kleine auch etwas zu sagen? Ach, rufen Sie doch Ihr Püppchen zur Räson!
      Lehmann äußerte sich prompt: „Beruhigen Sie sich doch, Kollegin Lindsey. Über den Termin eines Zugriffs haben wir uns überhaupt noch nicht abgestimmt, Herr Matenstock. Ich halte Sonntag früh…“
      „Was Sie halten, verehrter Herr Doktor…“, unterbrach Matenstock abweisend, „ist Ihre Sache. Wetterprognose, die Tatsache, dass wenig Begängnis und Verkehr zu erwarten sind und andere taktische Überlegungen… Aber was rechtfertige ich mich. Ich habe die Verantwortung über die Sicherheit in diesem Revier! Es bleibt bei Sonntag früh! Es wäre gut, es zu akzeptieren, damit ich nicht bedauern muss, Sie überhaupt informiert zu haben.“
      „Vor einer Stunde habe ich eine Terminverschiebung bis Montag…“, rief Shirley hocherregt mit gerötetem Gesicht.
      „Bitte, Herr Lehmann“, unterbrach Matenstock abermals distinguiert.
      Shirley hob die Stimme noch mehr und setzte sich durch: „… bis Montag eine Terminverschiebung erreicht. Sonntag früh wäre ein eklatanter Vertrauensbruch! Das lasse ich nicht zu, verdammt noch mal!“
      „Hat sie etwas zuzulassen?“, fragte Matenstock ruhig, wiederum betont an Lehmann gewandt. „Man wird mir doch wohl nicht weismachen wollen, dass man solchen gegenüber von Vertrauen reden kann, gar ein Wort halten muss. Das mit Montag ist eine gute taktische Version. Sie gibt unserer Aktion einige Sicherheit.“ Er nickte selbstherrlich. „Also, meine Herrschaften, prinzipielle Einwände?“ Er blickte von Doktor Rabe auf Lehmann. „Die Zustimmung vom Bürgermeister habe ich bereits.“
      „Keine Zerstörungen aber…“, sagte Dr. Rabe. Ihr Tonfall bedeutete Zustimmung.
      Lehmann nickte und vermied, dabei Shirley Lindsey anzusehn.
      „Nein!“, rief diese.
      „Sie entschuldigen mich“, sagte Matenstock. „Ich habe zu tun.“

    S hirley Lindsey fuhr am äußersten rechten Straßenrand gemächlich weit unterhalb des erlaubten Tempos. Sie ließ den Lichthupenheini, der sie bereits eine Weile bedrängte, passieren und reagierte mit einem Lächeln, als er ihr im Vorbeifahren eine geballte Faust zeigte.
      Über ihre Absichten während dieses spontanen Ausflugs war sie sich mit sich völlig uneins, unabdingbar entschlossen aber, sich nicht als Heuchler und Rosstäuscher abstempeln zu lassen – bei aller Karrieresucht und Skrupellosigkeit.
      Ja, sie machte sich da überhaupt nichts vor: Noch einmal vor die Wahl gestellt, sie würde abermals das Experiment wagen, ihre Ergebnisse ausprobieren, gegen jeden Kodex und, wenn es wieder sein müsste, gegen jedes Gesetz. Nur den von Lehmann praktizierten Kommerz und damit den Großversuch würde sie ablehnen. In Schwierigkeiten wie die jetzigen dürfte man einfach nicht geraten.
      Noch immer trug Shirley Lindsey die Hoffnung in sich, dass sich das Blatt wenden, die Situation entkrampfen könnte. Sie wusste nicht wie, aber sie fuhr mit einer gewissen Zuversicht, dass ihre Aktion dazu beitragen möge.
      Ihr begegneten nicht allzu viele Fahrzeuge an diesem frühen Samstagmorgen. Regnerisch und kühl, würde er Ausflügler nicht zu Touren animieren und – wichtig für ihr Vorhaben – die Posten nicht gerade zur höchsten Aufmerksamkeit herausfordern.
      Der Gedanke an die Wächter drohte, mutlos zu machen. Sie wusste, die Wahrscheinlichkeit, an ihnen vorbei in die Festung zu gelangen, lag,

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