Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chindi

Chindi

Titel: Chindi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
Vom Netzwerk:
lalala, zur alten Memphis. Richtig, irgendwo im Text verbarg sich das Wörtchen alt.
    Sollte er das überleben, so würde er einen Weg finden, das Geschehen auf Leinwand zu bannen. Er würde den Waschraum malen, während er durch das Loch im Schiffsrumpf gezogen wurde, ja, genau das würde er tun. Er konnte das Bild deutlich vor sich sehen. Mit Hutch vorneweg, die mit ihren elfenhaften Zügen irgendwie überirdisch aussehen musste, umgeben von einer Aura des Sternenlichts, das sich in ihrem Flickingerfeld fing.
    Die Luft war stickig und schwer, und er konnte sie nicht in seine Lungen pumpen. Die Dunkelheit lastete auf ihm und fing an, sein Blickfeld einzuengen.
    »Gleich wird es ruckein«, sagte Hutch, und ihre Stimme klang so entsetzlich weit entfernt. »Wir ziehen das Ding mit der Fähre.«
    Der falsche Holzboden ruckte hoch und versetzte ihm einen kräftigen Stoß, aber das war okay. Drängeln wir eben ein bisschen.
     
    Hutch und Nick sahen zu, wie die Landefähre kleiner wurde und auf die offene Ladeluke der Memphis zuhielt.
    Bill hatte das Steuer übernommen, und er musste ein langsames Tempo anschlagen, weil sie am anderen Ende eine sanfte Landung bewerkstelligen mussten.
    »Was denken Sie?«, fragte Nick.
    »Er atmet noch«, sagte sie. »Ich denke, wir werden es schaffen.« Vor ihnen leuchteten die Lichter der Memphis. Die Fähre bewegte sich stetig auf sie zu und zog den Waschraum hinter sich her.
    Hinter ihnen löste sich ein weiteres Stück aus der Wendy und trieb davon.
     
    Kaum mehr bei Bewusstsein, zurückgezogen in eine ferne Ecke seines Gehirns, trieb Tor in der Dunkelheit dahin. Seine Lampe musste erloschen sein, und er erinnerte sich kaum noch daran, wo er war. Sein Atem ging laut und stoßweise, und sein Herz pochte heftig. Nicht einschlafen. Ruhig bleiben. Denk an Hutch. Da draußen bei den Sternen. Er versuchte, sich Hutch nackt vorzustellen, aber das Bild verweigerte sich ihm.
    Immer noch hing er am Waschbecken. Es war kalt, metallisch und zylindrisch, und er wusste nicht, warum es wichtig war, dass er es festhielt, aber er tat es. Dies war sein Anker im Leben.
    Die Dunkelheit war irgendwie dunkler und dichter als gewöhnliche Dunkelheit. Es war eine Finsternis hinter seinen Augen, die ihn ausgrenzte, einmauerte in einer einsamen Höhle, als wäre er nicht mehr als ein unbeteiligter Zeuge, ein Beobachter, ein längst von seinem Körper losgelöster Geist, der sich vage der fernen Stimmen bewusst war, die seinen Namen riefen. Die Stimmen klangen vertraut, gehörten zu alten Freunden, die er seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatte, zu seinem Vater, der schon lange tot war. Vor einem Vierteljahrhundert ausgerechnet bei einem Skiunfall zu Tode gekommen. Zu seiner Mutter, die mit ihm am Piedmont Square spazieren gegangen war, um die Tauben zu füttern. Er hatte einen kleinen blauen Wagen gehabt, Sammy Doober hatte auf einer Seite gestanden, benannt nach einer Comicfigur. Sammy mit der Fuchsnase und dem Ballon.
    Hutch.
    Ihre leuchtenden Augen schwebten vor ihm. Sie sahen aus wie vor zwei Jahren im Cassidy’s. Er erinnerte sich an die Art, wie sie ihn geküsst hatte, an ihre weichen Lippen, die heiß auf den seinen lagen, ihre Brüste, die sich gegen seinen Leib pressten.
    Er liebte sie. Er liebte sie, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte…
    Eine unbeschreibliche Trauer ergriff von ihm Besitz. Er würde hier drin sterben, und sie würde nie erfahren, was er für sie empfand.
     
    Alyx saß allein in der Landefähre und sah zu, wie die Memphis größer und größer wurde. Sie hatte versucht, mit Tor zu sprechen, ihm Mut zu machen, ihm zu sagen, dass sie ganz nahe dran waren, und sie hatte etwas gehört, aber sie hatte keine Worte ausmachen können. Sie machte sich furchtbare Sorgen um ihn, und sie wollte Hutch sagen, dass sie befürchtete, Tor sei in einem schlechten Zustand. Aber sie wagte es nicht, das System zu benutzen, weil sie nicht wusste, wie man auf einen persönlichen Kanal umschalten konnte, und sie fürchtete, Tor würde mitanhören, was sie zu sagen hatte. Also rief sie stattdessen George und sagte ihm – unnötigerweise – er möge sich bereithalten.
    »Bringt ihn einfach her«, antwortete George.
    Das wiederum war Bills Aufgabe. Die KI steuerte die Landefähre und flog so langsam, dass Alyx Bill hätte anschreien mögen, er solle sich ein bisschen beeilen.
    »Alyx«, erklang Bills Stimme so ruhig, als wäre alles in bester Ordnung. »Bereiten Sie sich darauf vor, ihn

Weitere Kostenlose Bücher