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Chindi

Chindi

Titel: Chindi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Sie daran«, fügte sie hinzu, »dass alles, was wir dort finden, von enormem Wert ist. Versuchen Sie, nichts anzufassen. Und machen Sie nichts kaputt.«
    Seufzend wünschte Nick allen eine frohe Weihnacht.
    Hutch richtete einen brennenden Blick ihrer blauen Augen auf ihn. »Ich weiß, wie das für Sie klingt, Nick. Aber ich möchte wirklich nicht noch jemanden verlieren.« Das Licht auf der Kontrolltafel leuchtete grün. »Okay, Bill«, sagte sie zu der KI. »Du hast die Kontrolle.«
    Das Vehikel rotierte, die Luken öffneten sich, und sie glitten hinaus in die Nacht.
    Hutch kreiste einmal um den Mond, und Alyx sah zu, wie das zerklüftete Land unter ihr vorbeizog. Die Oberfläche war nicht dunkel, wie sie vermutet hatte. Stattdessen lag sie in einem diffusen Lichtschein wie das Innere einer Kirche kurz vor Sonnenuntergang, erleuchtet allein durch ihre nur halb durchlässigen Glasfenster. Es war bedrohlich und schön, mystisch und still, und sie fragte sich, wie sie diesen Eindruck mit Hilfe von Beleuchtung und Choreografie wiedergeben könnte.
    »Unmöglich«, sagte Nick. Nun erst fiel ihr auf, dass sie laut gesprochen hatte. »Dafür brauchen Sie eine Holokabine.«
    Aber das würde auch nicht funktionieren. Schließlich wusste man, wo man sich befand, und solange man wusste, dass man sich an einem sicheren, warmen Ort aufhielt und die Bilder nur Bilder und nichts anderes waren, würde sich die volle Wirkung nie einstellen können. Das Publikum musste vergessen, wo es sich aufhielt. Es musste glauben, dass es einen realen Felsbrocken sah. Die Zwillinge und die geisterhafte Wolke zwischen ihnen, die Ringe, diese großartigen Ringe, all das musste für die Zuschauer real sein. Sie hatte noch nie so viel Licht am Himmel gesehen, und doch drang es nicht bis auf den Boden. Es warf lediglich Schatten, aber das waren Gottes Schatten, und wer tatsächlich hier draußen war und über sie hinwegflog, wusste das auch.
    Nein, Simulationen konnten das nicht bieten. Sie sah sich zu Tor um, der ihr zulächelte. Er verstand sie. Sie brauchte eine Ausdrucksform. Sie musste ihre Eindrücke einfangen und für ein Publikum wieder lebendig machen, wie es nur eine Theatertruppe tun konnte.
    Sie sah Rauchschwaden zwischen den Felsspalten aufsteigen, als hätte jemand ein Lagerfeuer entzündet, und erzählte Nick davon. »Eine Lichtspiegelung?«, überlegte sie laut.
    »Vielleicht. Oder ein Zeichen vulkanischer Aktivität. Vielleicht ist der vertikale Mond in geologischer Hinsicht durchaus lebendig.«
    Sie lehnte sich zurück, gab sich den sanften Vibrationen der Triebwerke hin und stellte sich dabei vor, wie Tänzer unter den Zwillingen ihre Kunst darboten. Und sie entwarf in Gedanken schon eine passende Musik.
    Hutch kündigte den bevorstehenden Sinkflug an, und Alyx sah wieder hinaus, suchte das Haus, das Oval mit dem Innenhof und der Kuppel. Sie konnte jedoch nur eine entstellte Landschaft und den geisterhaften Lichtschimmer erkennen.
    Aber sie sanken. Der Sitz schien unter ihr wegzufallen, das Netz zupfte an Schultern und Beinen und hielt sie auf ihrem Platz fest. Dann hörte sie George sagen: »Da ist es«, aber sie konnte es immer noch nicht sehen, also musste es wohl nur vorn durch die Windschutzscheibe erkennbar sein. (War Windschutzscheibe ein passender Ausdruck, wenn man sich durch ein Vakuum bewegte?)
    Vor dem Fenster tauchte eine massive Felswand auf, grau, zerklüftet und kahl wuchs sie stetig empor. Sie war so nahe, dass Alyx beinahe hätte hinausgreifen und sie berühren können, hätte sie die Hand durch das Fenster strecken können. Sie wollte Hutch bitten, vorsichtig zu sein, wusste aber, wie das bei ihr ankommen würde. Also hielt sie den Mund und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, als George die verhängnisvollen Worte sprach.
    »Passen Sie auf«, sagte er. »Wir sind ziemlich nahe dran.«
    Hutch versicherte ihm in flachem Ton, dass alles in Ordnung sei. George saß stocksteif da, wandte den Kopf ab und starrte die Klippe an. Dann sank er demonstrativ tiefer in seinen Sitz, kauerte sich zusammen und bedeckte das Gesicht mit einer Hand.
    Hutch lachte, aber Alyx hielt den Atem an und klammerte sich an die Armlehnen ihres Sitzes. Die Aufwärtsbewegung der Klippe verlor an Geschwindigkeit und hörte beinahe ganz auf. Dann plötzlich fühlte sie ein Ruckein, als das Landegestell aufsetzte. Hutch hielt die Fähre noch in der Luft und senkte ihr Gewicht langsam auf die Stützen, die sich gemächlich gegen den Boden

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