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Chindi

Chindi

Titel: Chindi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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stürzte zu Boden.
    Ähnlich war es jetzt. Ihre Höhle drehte sich, und sie sah helle Punkte aufblitzen, aber sie konnte nichts Genaues erkennen, Gesichter, Wolken, ein Teil des metallenen Rumpfs, Stimmen aus weiter Ferne, die zu ihr sprachen oder über sie oder vielleicht auch nur über das Wetter. Wer konnte das wissen?
    Der Übergang dauerte normalerweise sechs Sekunden. Aber das Schwindelgefühl hielt an, bis sie überzeugt war, dass sie und der Gürtel irgendwie in eine jener Zwischenwelten geraten waren, die vielfach mit dem interdimensionalen Raum in Verbindung gebracht wurden.
    Sie erbrach sich, sie konnte nicht anders. Das warme, klebrige Zeug drang in ihre Nase und rann zurück in ihre Kehle. Sie würgte. Konnte nicht atmen.
    Dunkelheit legte sich über ihr Bewusstsein.
    Dann wurde es plötzlich furchtbar kalt. Das Flickingerfeld war abgeschaltet. Was zum Teufel…?
    Das war ihr letzter Gedanke, ehe sie stinksauer in das Dunkel stürzte.
     
    In der Regel hatte Claymoor durchaus was übrig für Leute, die zum Heldentum neigten. Helden lieferten gutes Material und gaben sich in Interviews üblicherweise bescheiden, anders als, sagen wir, Politiker, die ständig versuchten, die Gesprächsleitung an sich zu reißen. Aber auch mit den Helden gab es ein Problem: Sie neigten dazu, andere, zurückhaltendere Menschen in ihre Heldentaten zu verwickeln. Fand also irgendwo irgendeine todesmutige Tat statt, war es folglich stets eine gute Idee, erst am Ort des Geschehens einzutreffen, wenn Letzteres bereits erfolgreich oder auch nicht erfolgreich abgeschlossen war.
    Er hatte versucht, einzugreifen, als er gesehen hatte, was Hutch zu tun beabsichtigte, hatte Brownstein gedrängt, den Sprung abzubrechen. Aber es war zu spät gewesen, er hatte zu lange gezögert. Das Schiff konnte diesen geisterhaften Ort jeden Augenblick verlassen, und er war verdammt sicher, dass Henry Claymoor dabei sein würde.
    Hätte er mehr Zeit gehabt, dann hätte er diese verfluchte Idiotin einfach in das Schiff geschleift. Aber ihm blieb nur, sich flüsternd zu verabschieden und die Luke zu schließen, dankbar, selbst wieder an Bord zu sein. Was für eine Vergeudung es doch war, ein so hübsches Wesen zu verlieren. Er setzte sich auf die Bank und stemmte sich gegen das Schott, wo er das kurze Schwindelgefühl hinter sich brachte, das ihn stets während der Sprünge befiel.
    Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass er den Sprung am leichtesten durchstehen konnte, wenn er sich gegen die Flugrichtung setzte und die Augen schloss, und genau das hatte er getan. Trotzdem wusste er, wann es vorbei war. Er wusste es immer, weil sich der Schwindel lüftete, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Und er hörte, wie Brownstein verzweifelt Hutchs Namen rief.
    Claymoor öffnete die Außenluke erneut und erkannte erfreut, dass sie noch da war. Sein Aufnahmegerät war bereit und brachte ihm weitere Bilder ein. Aber Hutch war von ihrem Sockel fortgerissen worden und trieb langsam von der Jacht fort. Die Scheinwerfer waren auf sie gerichtet. Ihre Arme und Beine zuckten, und er sah voller Entsetzen, was geschehen, war. Sie hatte sich erbrochen. Der kleine freie Bereich hinter der harten Front des Kraftfelds vor ihrem Gesicht war voll von ihrem eigenen Erbrochenen, an dem sie nun zu ersticken drohte.
    Das Zucken wurde stärker. Und sie war schon weit vom Schiff entfernt. Vielleicht zehn Meter.
    »Henry«, hörte er Brownsteins Stimme. »Können Sie sie erreichen?«
    Claymoor hielt in der Luke inne. Eigentlich nicht, dachte er. Nicht ich. Sie ist verdammt weit weg. Über Bord gefallen, sozusagen.
    »Henry?«
    Wenn es etwas gab, das Claymoor mit Hingabe verfolgte, dann war es die Minimierung jeglichen Risikos. Mit heiler Haut davonkommen, so lautete sein Motto nach einem Arbeitsleben in und um die Unruheherde der ganzen Welt. Aber er hatte sich niemals gedrückt. Er war dabei gewesen, als die Peacekeeper zu ihrer Befreiungsaktion nach Guatemala aufgebrochen waren, war einmal mit einem Flugzeug über dem Meer abgestürzt, hatte sich dem wütenden Mob ebenso gestellt wie diversen aufgebrachten Staatsoberhäuptern.
    Und er hatte jede Minute davon gehasst.
    Er schätzte Winkel und Flugbahn ein, fragte sich, was geschehen würde, sollte er sie verpassen, und sprang hinter ihr her. Aber sein Körper war voll gepumpt mit Adrenalin, und er gab sich zu viel Mühe. Er bewegte sich schneller als erwartet und fürchtete, er würde den Punkt, an dem sie hätten zusammentreffen

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