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Cholerabrunnen

Cholerabrunnen

Titel: Cholerabrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Jahnke
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erst einmal uninteressant.
    „Sie wurde verkauft. Meine Schwester musste zu ihm gehen und manchmal konnte sie danach tagelang nicht das Zimmer verlassen. Einmal sah ich sie. Blaue Flecke hatte sie im Gesicht und sie konnte nicht laufen. Dann wieder… na ja, dann lud er die ganze Familie ein. Wir galten als ein Aushängeschild, denn wir waren Evangelisch, mussten also nicht unsere Religion vernachlässigen, als die Synagoge brannte. Und wir sahen auch nicht aus wie Juden. Vater setzte es irgendwie durch, dass wir die Sterne nicht immer zu tragen brauchten. Und so… konnte auch Mutschmann sich mit uns zur Jagd in Grillenburg sehen lassen. Und Vater lieferte ihm die neue Uniform. Er kannte gute Schneider, die aus seinen Stoffen eben Besseres machten, als es die Leibschneider der Stadt im Nazireich konnten. Und Mutschmann war dankbar. Doch als Vater eben… na ja, als er sich aufregte…“
    Levi schluckt und bittet um ein Glas Wasser. Der Beamte des Mossad schaut ihn lange an, als er trinkt.
    „…ja, als er sich aufregte, da war es schnell vorbei mit alledem und wir mussten aus der Stadt. Das war im April. Bis dahin kamen wir bei Bekannten unter. Und meine Schwester verschwand eines Nachts und kam nicht wieder. Dann war unser Schicksal besiegelt. Aber…“
    Er schluckt wieder.
    „Zum Glück mussten wir in keines der Lager. Er warf uns raus, gab uns Passierscheine, damit wir bis an die Linien kamen, von da zu den Russen. Na ja, aber mit denen kamen wir schnell wieder zurück, doch die Wohnung, das Haus, das Geschäft, alles war ja schon kaputt.“
    Tränen laufen über sein Gesicht.
    „Meine Schwester habe ich nie wieder gesehen. Und Mutter ging dann mit mir und meinem Bruder hierher, als die Russen… na ja, das sind alte Geschichten. Aber, und das ist es ja, warum ich heute bei Ihnen bin, die Deutschen graben gerade nach den Beweisen.“
     
    Schimon Begin schaut auf die Unterlagen und fragt seinen Kollegen noch einmal genauer aus.
    „Ja, der Herr Levi meinte, die hätten da etwas gefunden und dann musste ich mir noch ein Video ansehen, aus dem ich nicht schlau wurde. Vielleicht verstehen Sie das, Herr Abteilungsleiter.“
    Begin schaut sich die aufgenommenen Bilder an.
    „Was soll das sein?“
    Ja, was? Sein Kollege zuckt mit den Schultern.
    „Levi meint, einer von vier Tresoren des Gauleiters Mutschmann. Darin versteckte er seinen Besitz. Nun, ich habe die Unterlagen aus Moskau angefordert. Man wollte mir natürlich nichts geben, aber unter der Hand erfuhr ich, dass man sehr wohl bereit war, mit diesem Gauleiter zusammenzuarbeiten. Er hatte einige Fähigkeiten und wusste auch über bestimmte Dinge Bescheid. Seine Bunkeranlagen waren relativ sicher, seine Reden… nun ja, wenn er einmal ins Reden kam, konnte er logisch alles, was zu sagen war, aneinanderreihen. Trotzdem entschied man sich zur Exekution. Und ich sage Ihnen, Herr Abteilungsleiter, das war auch richtig so. Doch die Russen trauern dem noch nach, denn sie kamen an vieles heran, konnten Görings Kunstsammlung plündern, die Schätze der Wettiner wegschleppen, gar lange mit den Franzosen verhandeln, denn sie hatten plötzlich die Hand auf einigen unwiederbringlichen Stücken aus dem Louvre. Aber an Mutschmanns Besitz, der aus einer Menge Judengold und einigen Dollars bestehen sollte, kamen sie einfach nicht heran. Warum auch immer.“
    Aha! Begin atmet auf. Vier Tresore. Woher wusste der alte Levi davon? Weil einer unter seinem Haus stand?
    „Staats… oder Volkswohnungen. Na ja, man hatte immer neue Namen dafür. Vielleicht wollen Sie mit dem Herrn selbst sprechen? Ja, also… na ja, nein… gut. Aber die vier Tresore waren ein Geheimnis. Er weiß es von seinem Vater, weil der es in der Nacht seiner Frau, also Levis Mutter erzählte und der Junge nicht schlief. Wegen der fehlenden Tochter. Natürlich wussten die, dass sie entweder verschleppt oder tot war. Vielleicht störte sie auch oder bekam ein Kind, stellte Forderungen und so weiter. Und dann hörte er es und vergaß es wieder… Bis dieser Tage, als er die Bilder sah.“
    Umfangreiche Studien liegen neben den Fotos aus jenem Video. Vielleicht sollte man noch den ganzen Beitrag im Original vom Sender anfordern? Er regt sich immer auf, wenn die staatlichen Steuergelder verschwendet werden. Hier jedoch lohnte es sich vielleicht wirklich, ein Team nach Deutschland zu entsenden? Er schluckt und lacht einen Moment. Was lohnt sich schon noch wirklich dieser Tage? Er weiß es nicht. Aber die

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