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Cholerabrunnen

Cholerabrunnen

Titel: Cholerabrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Jahnke
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eine Geschichte erzählen können, die man ihnen auch glaubt. Und das bedeutet… sie sollten sich gar mit einigen unbedeutenden, aber irgendwo involvierten Personen anfreunden. Wie auch immer dies geschieht.
    „Was machen Sie denn hier?“
    Ein hochgewachsener Mann im blauen Arbeitsanzug, einer speckigen alten Mütze auf dem Kopf und einigen Gerätschaften am Gürtel, tritt auf Bauer zu. Der schluckt, erschrickt zum Glück nicht, schaut sich um und grüßt freundlich.
    „Ich schaue mir die Steine an.“
    Der Mann, der sich als Hausmeister des gesamten Objektes an der Semperstraße ausgibt, Laube heißen soll und sich wohl gerade nicht viel bei diesem ungebetenen Besucher denkt, nickt nur.
    „Ja, die liegen hier. Weiß auch nicht, wie lange das noch gehen soll. Kommt ja noch der Aufbau. Mann, sollen lieber neue Steine nehmen. Habe mal eine Hütte gebaut… und auch alte Steine genommen. Hielt nicht lange. Zum Schluss verpulvern die Millionen und alles fällt zusammen. Blödmänner!“
    Bauer erkennt die schwarze Armbanduhr am Arm des Mannes als die sogenannte ‚Zweite Edition der Armbanduhr zum Wiederaufbau der Frauenkirche Dresden’. Er scheint entweder jemanden zu kennen, der ihn damit beschenkte, oder er steht zum Wiederaufbau. Dass ihm nur das Design der Uhr gefiel, nimmt er nicht an. Na ja, er traut diesem Kerl einfach kein Verständnis für Design zu. Manchmal, geht ihm durch den Kopf, kann man sich aber auch irren.
    „Darf ich ein paar Fotos…?“
    Laube nickt und zeigt ihm, wie man die Steine auf Holzbalken legte, die Kranbahn ein letztes Mal in Betrieb nahm und dann abbaute.
     
    „Die ersten Keller sind offen!“
    Schnittge hörte die Meldung eben im Radio. Er rief durch. Bauer können sie nicht erreichen. Der ist unterwegs. Mauersberger entscheidet, dass sie gut und gerne auf ihn verzichten werden. Sie vereinbaren sich wie immer am Brunnen. Nur nicht zu zeitig auf sich aufmerksam machen!
     
    Eine Stunde später treffen sich die Drei. Weinert rief auch an, doch er sprach lediglich belanglosen Kram. Mauersberger meint, der wollte sicher nur testen, ob sie etwas wissen. Er stellt sich darauf ein, ihn hier zu treffen.
    „Mann, haben die heute wieder eine Veranstaltung?“
    Genervt schaut der sonst stets lustige und arrogant wirkende Frenzel auf die Massen zwischen den Bauzäunen.
    „Wie lange leben Sie jetzt hier?“
    Rolf Mauersberger greift dem Politiker ganz gegen seine sonstige Eigenart sogar an die Schulter. Der zuckt gleich zusammen.
    „Ähm… wie meinen Sie das?“
    Schnittge kichert.
    „Jetzt folgt sicher wieder ein Vortrag über die Dresdner und die Verbundenheit mit ihrer Stadt, oder?“
    Mauersberger winkt ab.
    „Kommen Sie… wir sollten sehen, was wo geschieht, ja?“
    Sie drängen durch die Menschen und stehen bald wirklich an der richtigen Stelle, schauen auf alte Strukturen. Über einer Stelle, wo man noch ein Stück Mauer erkennt und einen Bogen sieht, der vielleicht einen Gang markiert, liegt ein großes weißes Tuch und ein Mann im weißen Kittel, weitere in schwarzen Anzügen bemühen sich um etwas, was sich darunter befindet. Mauersberger zählt Eins und Eins zusammen, schaut sich um und erkennt weiter hinten neben der Absperrung einen schwarzen Wagen. Leichenwagen… Bestattungsunternehmen. Die fanden schon einen Toten. Gebeine sicher nur, vielleicht in Kleidung, vielleicht auch ohne. In den letzten Monaten nutzte er gern die Zeit, um sich auch bei diesen Dingen weiterzubilden. Es dauert schon eine ganze Weile, ehe Kleidung vergeht. Gerade die von damals, falls sie nicht aus der schlimmsten und nur noch von Not bestimmten Endzeit des Krieges stammte, war sehr stabil. Besser und weniger vergänglich, als heutige. Selbst, wenn ‚100% Baumwolle’ darin steht. Also wird man wohl nur angezogene Leichen finden. Es sei denn, sie verbrannten.
    Gebannt starren sie auf den Boden, sehen, wie das Tuch vorsichtig zur Seite gezogen wird, man eine Trage darunter hervor holt, auf der etwas Längliches liegt. Nicht zu erkennen, ob nun Mensch, Puppe oder Holz. Die Drei schauen sich wortlos an.
     
    Weinert schimpft schon wieder mit seinen Mitarbeitern. Mühevoll war der Start und nun haben sie ihm den sicher geglaubten Auftrag durch die Lappen gehen lassen, weil sie ein paar Anträge, die man ihnen von der Behörde zusteckte, nicht pünktlich zu ihm brachten und er sie natürlich nicht abgeben konnte. Damit fiel sein Antrag gleich ohne jede Prüfung durch und er ist am Neumarkt nicht

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