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Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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hatte.«
    Kasdan sah ihn von der Seite an:
    »Wieso?«
    »Weil er ein Spezialist für krumme Pläne und Verwirrspiele ist. Und weil es einen Grund dafür geben muss, dass Frankreich einer kriminellen chilenischen Sekte Unterschlupf gewährt. Hartmann und seine Sippe spielen hier im militärischen Bereich eine Rolle. Das ist sicher. Gehen Sie duschen. Unterwegs können Sie mir dann erzählen, wie Ihr Besuch bei der Kolonie Asunción gelaufen ist.«
    »Woher weißt du, dass ich dort war?«
    »Sie haben mir eine Nachricht hinterlassen. Erinnern Sie sich nicht? Und ich habe Ihre Taschen durchsucht. Sie haben das Konzertprogramm aufgehoben. War es schön?«
    »Super.«
    »Gehen Sie. Ich muss noch einige Telefonate erledigen.«
    Kasdan lehnte sich an die schräge Decke und stapfte mit plumpen Schritten wie ein betrunkener Bär ins Bad.

KAPITEL 65
    Punkt elf Uhr trafen sie in Bièvres ein.
    Volokine saß am Steuer. Er hatte einen Plan ausgedruckt und orientierte sich während der Fahrt, mit der Karte auf den Knien. Da Kasdan erschöpft wirkte, fragte er ihn nicht um Rat. Sie fuhren an einem Wald entlang, dessen schwarze Stämme einen scharfen Kontrast zu dem bräunlichen Laub am Boden bildeten. Schließlich entdeckte Volo zur Rechten einen asphaltierten Weg, der mit dem Schild LE PONCHET gekennzeichnet war. Der Name des Anwesens von Py. Sie fuhren in den Wald hinein. Selbst durch die Scheibe spürte Volo die Feuchtigkeit draußen. Zitternde, organische Feuchtigkeit …
    Hinter einer Kurve tauchte das Haus des Generals auf.
    Tatsächlich handelte es sich um mehrere Gebäude aus Beton und Glas mit Pultdächern, die an eine aztekische Pyramide erinnerten. Diese Blöcke schienen in den Teppich aus toten Blättern eingesunken zu sein wie ein U-Boot-Wrack in den Schlick am Meeresgrund.
    Volokine schaltete herunter. Im ersten Stock reihten sich schmale Fenster wie Schießscharten aneinander. Lackierte große schwarze Glasfenster zogen sich über die Front des Erdgeschosses. Auf der linken Seite befand sich ein schräger Turm, der an die Klinge eines Messers erinnerte. Auf den Betonmauern zeichneten sich Verwitterungslinien ab.
    Rechter Hand tauchte ein leerer Parkplatz auf. Volokine parkte und stellte den Motor ab. Sie stiegen vorsichtig aus und schlossen leise die Türen. Dann näherten sie sich dem Hauptgebäude. Der aufgeweichte Boden verschluckte das Geräusch ihrer Schritte.
    Der Komplex fügte sich perfekt in die Landschaft ein; Dickicht und Tannen reichten von allen Seiten dicht an die Gebäude heran. Kasdan betätigte die Klingel. Sie war mit Gegensprechanlage und Kamera versehen. Keine Reaktion. Volokine musterte den Parkplatz ein weiteres Mal. Nur ihr Wagen. Py war ausgeflogen.
    Sie traten zurück und ließen die Blicke suchend über die die großen und kleinen Fenster des Gebäudes schweifen. Nichts. Volokine überlegte, ob es sich wohl lohnte, das Haus heimlich zu durchsuchen. Er wollte gerade Kasdan nach seiner Meinung fragen, als hinter dem Haus ein Geräusch ertönte.
    Eine Art Gegacker, das von einer Männerstimme überlagert wurde.
    Schweigend gingen sie um das Gebäude herum, einen schmalen Pfad entlang, der auf die Rückseite führte. Unterhalb lag ein Teich. Binsen säumten das Ufer, und die Äste von Weiden, die am gegenüberliegenden Ufers des Teichs standen, hingen wie dünnes Hexenhaar zur Oberfläche hinab.
    Auf der linken Seite, in der Nähe einer Hütte aus schwarzem Holz, kauerte ein Mann inmitten einer Schar von schnatternden Gänsen. Der Mann hatte ein elegantes Äußeres. Er war sehr groß und trug einen khakifarbenen Anorak, dessen Kapuze und Ärmel mit Pelz gesäumt war. Seine Gummistiefel waren bis zu den Knöcheln im schwarzen Schlamm eingesunken. Sein nackter Schädel mit einigen zerzausten weißen Strähnen schimmerte rosa im Nachmittagslicht und hob sich scharf gegen die dunkle Fläche des Teichs ab.
    Sie näherten sich. Selbst auf diese Entfernung war Volo beeindruckt von der Statur des Mannes. Sein knochiges, ausgemergeltes Gesicht besaß noch immer eine starke Ausstrahlung. Das Alter hatte ihn nicht hässlich gemacht. Im Gegenteil: Die Auszehrung hatte seine aristokratische Schönheit noch hervorgehoben. Volokine lächelte. Es war ihr dritter General. Jedes Mal hatte er erwartet, einem De Gaulle zu begegnen. Endlich hatte er ihn.
    Der Mann sprach leise mit den Gänsen, die Hand in einem Futtereimer. Als sie nur noch drei Meter entfernt waren, geruhte General Py endlich aufzustehen. Sein

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