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Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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wirklich?«
    »Können Sie sie mir faxen, ja oder nein?«
    »Ja, ich werde sehen, was ich tun kann …«
    »Jetzt?«
    »Ich werde mich beeilen.«
    »Danke, ehrwürdiger Vater.«
    Kasdan legte auf, nachdem er dem Priester die Telefon- und Fax-Nummer genannt hatte. Er hatte keine Ahnung, was das bringen würde. Ja, er wusste nicht einmal, wonach er genau suchte. Aber er hatte etwas erreicht. Zum ersten Mal würde er die exakten Namen der Kinder erfahren, die der Sekte angehört hatten. Er rechnete nicht damit, über die Namen der verschwundenen Jungen zu stolpern – aber mit Hilfe dieser Listen konnte er vielleicht an andere Eltern herankommen und sie befragen.
    Plötzlich bemerkte Kasdan, dass er sich noch immer keinen Kaffee zubereitet hatte. Er beschloss aufzustehen, um sich einen guten Liter starken Kaffee aufzubrühen.
    In der nächsten Sekunde schlief er auf dem Sofa.

KAPITEL 64
    »Aufwachen, Weihnachten ist vorbei.«
    Kasdan öffnete ein Auge. Er lag zusammengekrümmt auf seiner Chaiselongue. Eine Steppdecke bis zu den Schultern. Die Steppdecke von seinem Bett. In der Vertikalen sah er Volokine, der in der Küche geschäftig zugange war. Der Junge hatte die Kleidung seines Sohnes angezogen, die er, wie er sich vage erinnerte, aus dem Keller geholt hatte.
    Volokine fing seinen Blick auf:
    »Ich weiß nicht, wem diese Klamotten gehören, aber sie sitzen mir wie angegossen«, sagte er, nach Bierkrügen greifend. »Ich habe sie in der Waschmaschine aufgestöbert: Die waren doch für mich, oder?«
    Kasdan gelang es, sich auf einen Ellbogen zu stützen. Ein Muskelkater beeinträchtigte die Beweglichkeit seiner Glieder. Starker Kaffeegeruch erfüllte die Zimmerflucht. In langsamen Wellen, die von kurzen Aussetzern unterbrochen wurden, kehrte seine geistige Klarheit zurück.
    Mit lauter Stimme fuhr der Russe fort:
    »Ich habe auch Ihre Medikamente gefunden.«
    Er kam mit zwei Krügen Kaffee ins Wohnzimmer. Kasdan fiel auf, dass er kaum humpelte. Eine beeindruckende Rekonvaleszenz. Er hatte nasses Haar und war frisch rasiert.
    »Das Subutex«, murmelte er. »Alte Bekannte. Als ich jung war und kein Geld hatte, spritzte ich mir ›Sub‹ in die Venen. Das Heroin der Armen. Aber Sie haben recht: Der radikale Entzug war meine Sache nicht.«
    Kasdan stand auf, setzte sich hin und nahm seinen Kaffee mit beiden Händen:
    »Der Schuss. Gestern. Warum hast du das getan?«
    »Aus persönlichen Gründen.«
    »Hast du nichts Originelleres auf Lager?«
    Der Russe packte einen Stuhl und setzte sich Kasdan gegenüber:
    »Ich erzähl keinen Stuss. Ich hatte einen guten Grund für den Absturz.« Er reckte den Zeigefinger. »Ein Mal.«
    »Was für ein Grund?«
    »Das ist meine Sache. Trinken Sie.« Er trat zurück. »Wir haben alle Hände voll zu tun.«
    Kasdan nahm einen Schluck. Das Brennen – halb Schmerz, halb Lust – ging vorbei.
    »Arnaud hat angerufen«, fuhr Volokine fort und stützte die Absätze auf die Kante des niedrigen Tischs.
    »Wer?«
    »Arnaud, Ihr militärischer Berater. Er hat den dritten General aufgetrieben. Ich glaube, Ihr Kumpel hat die ganze Nacht über an seinem Rechner und seinem Handy gesessen. Nicht einmal für den Weihnachtskuchen hat er sich losgeeist.«
    Kasdan schaffte es allmählich, wieder Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Der dritte General. Py. Der Mann, mit dem alles begonnen hatte.
    »Er hat Forgeras aufgespürt?«, wiederholte er mechanisch.
    »Erinnern Sie sich daran? So hieß er ursprünglich, ja. Aber er ist vor allem unter dem Namen Py bekannt. Er hat sich auch Ganassier, Clarais und Mizanin genannt. Laut Arnaud war er eine Art Mephisto der Armee, der die Drecksarbeit erledigte. Vierzig Jahre lang führte er geheime Operationen durch. Zweifellos war er tief in die Operation Condor verstrickt. Und in vieles andere. Arnaud meinte, wir sollten uns vorsehen. Der Typ hätte einen noch längeren Arm als Condeau-Marie. Er hat mir seine persönliche Adresse gegeben.«
    »Wo wohnt er?«
    »Bièvres. In der Region Paris.«
    Der Armenier wuchtete seinen massigen Leib hoch, doch als er stand, begann er zu wanken. Volokine stützte ihn mit dem Arm:
    »Immer sachte, Opa. Sie sind ziemlich wacklig auf den Beinen.«
    Kasdan hielt sich an Volokines Schulter fest, ohne zu antworten.
    »Gehen Sie ins Bad«, riet ihm der Junge. »Eine gute Dusche, dadurch kriegen Sie wieder einen klaren Kopf. Dann statten wir dem General einen Besuch ab. Ich bin sicher, dass er noch immer Kontakte zu der Sekte

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