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Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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er seinen Stoff und hatte im Drogendezernat gearbeitet, um Kontakte zu knüpfen. Erst dann hatte er sich dem zugewandt, was ihm wirklich am Herzen lag. Dem Kreuzzug gegen die Kinderschänder.
    Als Kasdan seine Notizen durchging, hatte er den Eindruck, die Biographie eines Superhelden zu lesen, wie er sie früher in den Comics Marvel oder Strange gefunden hatte. Ein Super-Polizist, der zahlreiche außergewöhnliche Fähigkeiten besaß – intelligent, mutig, Meister im Thai-Boxen, hohe Treffsicherheit beim Schießen. Doch er hatte auch eine Schwachstelle, eine Achillesferse: wie Iron Man mit seinem zerbrechlichen Herz oder Superman, der so empfindlich auf Kryptonit reagierte …
    Für Cédric Volokine hatte dieser wunde Punkt einen Namen: Dope. Ein Problem, das er nicht in den Griff bekam, wie sein gegenwärtiger Aufenthalt in einer Entziehungsklinik zeigte.
    Kasdan lächelte.
    Während seines ganzen Berufslebens war ihm nur ein Polizist untergekommen, der von ähnlich merkwürdigen Motiven angetrieben wurde.
    Er selbst.

KAPITEL 14
    Der offizielle Ermittlungsbeamte, Éric Vernoux, stellte kein Problem dar.
    Es war der andere, der Armenier, der ihm auf den Wecker ging. Nachdem Volokine die Kathedrale Saint-Jean-Baptiste aufgesucht hatte, rief er die Familien der sechs Jungen an, die Converse-Schuhe trugen. Doch er holte sich eine Abfuhr. Die Kinder waren bereits von Kommissar Lionel Kasdan befragt worden. Volo hatte nicht weiter insistiert. Der ehrwürdige Vater Sarkis hatte ihm bereits mitgeteilt, dass Kasdan, ein »aktives Mitglied der Kirchengemeinde« und pensionierter Polizeibeamter, den Leichnam entdeckt hatte …
    Mittags hatte Volokine die chilenische Botschaft aufgesucht und fand sich in den Fußstapfen des Kollegen Vernoux wieder, der ihm in der Avenue de la Motte-Picquet 2 zuvorgekommen war. Ein weiteres Mal gab es Irritation darüber, dass ein zweiter Polizist die gleichen Fragen stellte. Zu viele Ermittler für eine Leiche.
    Volo hatte Bilanz gezogen. Da er in Bezug auf den Toten nicht weiterkam, würde er sich über die Lebenden kundig machen. Seine Rivalen. Ein Anruf hatte genügt, um ihn über Vernoux ins Bild zu setzen. Fünfunddreißig Jahre, seit drei Jahren Hauptmann bei der Ersten Kriminalpolizeidirektion, von seinen Vorgesetzten gut beurteilt. So tüchtig, dass er den Staatsanwalt dazu bewegen konnte, ihn mit den Ermittlungen zu betrauen. Ein nicht wirklich ernst zu nehmender Pedant, der alles daransetzen würde, den Mörder innerhalb der einwöchigen Ermittlungsfrist aufzuspüren. Dieser Typ würde ihn nicht weiter stören, und zwar aus einem einfachen Grund: Er verfolgte die politische Fährte, und Volo wusste, dass der Mord nichts mit der chilenischen Vergangenheit des Opfers zu tun hatte.
    Das Problem war der andere.
    Er hatte Erkundigungen über den armenischen Pensionär eingeholt. Lionel Kasdan, dreiundsechzig Jahre, ein ellenlanger Dienstleistungsnachweis. Volo hatte seinen Namen schon mal gehört. Der Armenier hatte dem Dezernat zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens angehört, als dieses, unter Leitung von Broussard, seine große Zeit erlebte. Außerdem hatte er eine Zeitlang bei der Sondereinheit zur Terrorismusbekämpfung ( RAID ) gearbeitet, ehe er seine Laufbahn, hoch geehrt, bei der Mordkommission beendete, wo er an berühmten Fällen arbeitete, etwa dem von Guy George.
    Was Kasdans angebliche Heldentaten betraf, hatte Volo nur übertriebene Geschichten gehört, denen er nicht traute. Aber Kasdan erschien ihm wie ein mit allen Wassern gewaschener Polizist, hartnäckig, brutal, mit einem sicheren Gespür für Menschen und Verbrechen. Ein bodenständiger Praktiker, aber kein Machtmensch. Fast gegen seinen Willen war er dank Belobigungen und Erfolgen zum Kommissar befördert worden.
    Mehrmals hatte Kasdan bei Schießereien seinen Mann gestanden. Bei der Mordkommission sprach man auch von beispiellosen Aufklärungsquoten – die allerdings nicht besser waren als seine eigenen. Man lobte seinen Riecher, seine Hartnäckigkeit, seinen Mut und seine Kameradschaftlichkeit. All diese lächerlichen Wertvorstellungen, mit denen er, Volo, nichts am Hut hatte. Wertvorstellungen altmodischer Polizisten, dieser leicht faschistisch angehauchten ehrenwerten Idioten. Als er diese Geschichten hörte, arbeitete er im Drogendezernat – zwischen Spritze und Handschellen, wie besessen von seinem täglichen Schuss und dem Aufbau seiner Netzwerke. Lionel Kasdan marschierte zu den Klängen der

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