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Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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nicht auf der Bildfläche erschienen ist. Wenn ja, können wir es vergessen.«

KAPITEL 18
    »Wie heißt du?«
    »Kevin.«
    »Bringt dir der Weihnachtsmann die Wii-Konsole von Nintendo?«
    »Mein Vater ist der Weihnachtsmann. Wir sind zusammen zu Score Games gegangen.«
    »Bist du dir sicher? Stehst du wirklich auf der Liste?«
    »Die erste Auslieferung«, grinste der Junge. »Ich bin seit September eingeschrieben.«
    »Zelda, Need for Speed Carbon, Splinter Call Double Agent – auf was fährst du am meisten ab?«
    »Need for Speed Carbon. Die Version Wii kommt zu früh.«
    »Weißt du, dass es vielleicht eine Pro-Evolution-Soccer-Version für Wii geben soll?«
    »Super.«
    In diesem Jargon ging das Gespräch weiter, und Kasdan verstand nur Bahnhof. Aber eines war klar: Die beiden fanden einen Draht zueinander. Der Ton. Die Stimme. Alles war anders. Kasdan selbst hielt sich im Hintergrund. Gegen die Wand gelehnt, einige Meter von der Stelle entfernt, wo sich die beiden in dem leeren Klassenzimmer gegenübersaßen.
    Gegen 11.30 Uhr waren sie im Hélène-Boucher-Gymnasium eingetroffen. Um diese Zeit aßen die Schüler im Speisesaal zu Mittag – eine ideale Gelegenheit, den Jungen allein zu befragen. Die Direktorin des Gymnasiums hatte keine Einwände. Die Eltern von Kevin Davtian hatten das Drama bereits erwähnt, als sie ihren Sohn zur Schule gebracht hatten, und Vernoux war noch nicht aufgekreuzt. Bei einem amtlichen Ermittlungsverfahren gab es eine gewisse bürokratische Trägheit, von der sie als »Ermittler auf eigene Faust« nicht betroffen waren …
    Volokine kam zum Kern der Sache:
    »War Götz sympathisch?«
    »Sympathisch ja, aber mehr nicht.«
    »Wenn du ihn in wenigen Worten beschreiben solltest, was würdest du sagen?«
    Kasdan überließ die Vernehmung seinem Kollegen und ging zurück durch den Flur. Er bezweifelte, dass Volo mehr herausbekommen würde als er, obwohl er einen vertraulichen Ton anschlug. Aber vielleicht würde ihm ein Versprecher, ein Detail auffallen, mit dem sich das Kind als Augenzeuge oder Täter verraten würde.
    Er stieg die Treppe hinunter – sie befanden sich im ersten Stock. Das riesige Gebäude aus roten Ziegelsteinen mit seinen hohen, imposanten Räumen erinnerte an Bauwerke in südamerikanischen Städten, die so gewaltig wie die Hochplateaus und die Berge wirkten.
    Kasdan zog sein Handy heraus. Kein Empfang. Er strebte dem Portal zu. Noch immer kein Empfang. Er trat über die Schwelle und erreichte die Avenue de Vincennes. Endlich das Empfangssignal auf dem Bildschirm. Er wählte die Nummer eines ehemaligen Kollegen, den er bat, bestimmte Datenbanken zu durchstöbern.
    Falls der Mord tatsächlich von einem Kind begangen worden war, würde es eine Menge Arbeit geben. Ein Kind, das imstande ist, einen Mord zu begehen – das war keine Bagatelle. Vielleicht gab es Präzedenzfälle. Kinder, die bereits psychologisch oder als Delinquenten auffällig geworden waren. Sie mussten jeden Namen auf der Liste überprüfen.
    Der Kollege murrte. Jede Rechercheanfrage in einer Datenbank wird von einer Software gespeichert, die als eine Art allgemeines Überwachungsprogramm fungiert. Mit seiner Hilfe lässt sich der Tag, die Stunde und die Kennnummer des Polizisten, der die Verbindung hergestellt hat, ermitteln. Nichts geht verloren. Nichts wird vergessen. Schließlich gelang es Kasdan, den Typen am anderen Ende der Leitung zu überreden. Der sagte sich wohl, dass auch diese Datenbank-Recherche vorbeigehen würde.
    Nach einer halben Stunde hatte er nichts gefunden. Nicht die Spur eines Verbrechens, keine Einweisung in eine psychiatrische Klinik. Kasdan steckte seine Brille ein und bedankte sich bei dem Mann, der ihm seinerseits eröffnete:
    »Ich weiß nicht, was du im Schilde führst, Doudouk. Aber das war das letzte Mal.«
    Kasdan kehrte in die Eingangshalle zurück, wo ihm Volokine entgegenkam:
    »Und?«
    »Nichts. Er weiß nichts, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er den Organisten alle gemacht hat.«
    Der Armenier konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Der Russe fuhr fort:
    »Wer ist der Nächste?«
    »Wir wechseln auf das linke Seine-Ufer. David Simonian, zehn Jahre, Montaigne-Gymnasium im 6. Arrondissement.«
    Sie fuhren zur Place de la Nation und weiter über den Boulevard Diderot bis zum Pont d’Austerlitz. Auf der anderen Seite der Seine nahmen sie die Uferstraße Richtung Notre-Dame. Die steinernen Gebäude hatten die Farbe des Himmels; die Abgase tauchten alles in ein

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