Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200
ein wenig rühmliches Ende, als der letzte aquitanische Herzog einem Mordanschlag aus der eigenen Umgebung zum Opfer fiel, woran schon Zeitgenossen Pippin die Schuld gaben. Ihn selbst traf auf dem Rückweg im Juni 768 die tödliche Krankheit, der er am 24. September in Paris erlegen ist.
Karl der Große I: Auftakt und Langobarden
Wiederum trat zunächst eine Herrschaftskrise ein, denn gemäß Pippins letztem Willen ging die Macht zu gleichen Teilen auf seine bereits zu Königen gesalbten Söhne über, die nicht gut miteinander auskamen. Karlmann versagte sich 769 dem älteren Bruder bei der Bekämpfung eines letzten Aufstands in Aquitanien, den Karl schließlich allein niederschlug. Ausgleichsbemühungen der gemeinsamen Mutter Bertrada führten 770 zu einer vom Papst scharf mißbilligten Annäherung an die Langobarden, sichtbar gemacht durch eine rasche Heirat Karls mit einer Tochter des Königs Desiderius, und als Folge dieses Schwenks 771 zu einem Umsturz in Rom, wo die frankenfreundlichen Kräfte in schwere Bedrängnis gerieten. Bevor sich die neue Konstellation festigen konnte, starb allerdings Karlmann am 4. Dezember 771 nach kurzer Krankheit, was Karl sogleich entschlossen für sich nutzte. Sowenig wie einst sein Vater respektierte er das Erbrecht der unmündigen Neffen, mit denen Karlmanns Witwe Gerberga zu den Langobarden enteilte,während Karl die Ehe mit der von dort stammenden Königstochter (unbekannten Namens) löste und als neue Gattin Hildegard aus vornehmer fränkisch-alemannischer Familie wählte. Für die Zukunft, die zu einer Alleinherrschaft von 42 Jahren werden sollte, nahm er sich gewiß vor, den ruhmreichen Vorfahren nachzueifern oder sie gar noch an Machtentfaltung nach innen und außen zu übertreffen, und die Abrechnung mit den Langobarden wird er dabei als vorrangig betrachtet haben, aber es ist doch kaum anzunehmen, daß er darüber hinaus ein durchdachtes Programm zur politischen Einigung des Okzidents, gar mit der Konsequenz einer Erneuerung des römischen Kaisertums, im Sinn gehabt hätte. Der Verlauf der folgenden Jahrzehnte gibt vielmehr zu erkennen, daß er sich zwar früh entschlossen hat, die merowingischen Reichsgrenzen hinter sich zu lassen, im einzelnen aber ganz unterschiedliche und kaum voraussehbare Chancen zu ergreifen verstand.
Der Feldzug gegen die Langobarden, angebahnt durch einen Hilferuf des neuen Papstes Hadrian I. († 795), der wieder ganz auf die Franken setzte, folgte 773/74 dem Muster von Pippins Vorstößen nach Italien, zielte also abermals auf die Königsstadt Pavia, wo Desiderius eingeschlossen wurde, während sich in Verona Karls Schwägerin Gerberga mit ihren Kindern ergeben mußte. Anders als sein Vater 20 Jahre zuvor verließ Karl jedoch zeitweilig das Belagerungsheer, um zu Ostern 774 als erster Frankenherrscher in Rom aufzutreten und am Petrusgrab feierlich den Bund mit dem Papst zu erneuern. Als Pavia dann wenige Wochen später fiel, vermied er jeden Friedensvertrag, verwies Desiderius in ein fränkisches Kloster, bemächtigte sich des Königsschatzes und übernahm selbst ohne förmlichen Wahlakt die langobardische Herrscherwürde. Vom 5. Juni datiert seine erste Urkunde mit dem Titel eines «Königs der Franken und Langobarden», was bald darauf um das dritte Element eines «Patricius der Römer» erweitert wurde und fortan Karls gesteigerte Machtstellung beiderseits der Alpen zum Ausdruck brachte. Der rasch errungene Erfolg war von Dauer, denn das Langobardenreich war seit über 200 Jahren eine Monarchie und daher durch Gefangennahme des Königs und Erstürmung seinerHauptstadt wirksam zu vereinnahmen. Die einzige stärkere Regung von Widerstand, die Karl 776 in Friaul durch nochmaliges persönliches Erscheinen schnell erstickte, soll bezeichnenderweise bezweckt haben, mit Adelchis, dem nach Byzanz entkommenen Sohn des Desiderius, das Königtum zu restaurieren. Außerhalb von Karls Reichweite blieb vorerst im Süden das Herzogtum Benevent, unter Arichis II., dem Schwiegersohn des Desiderius. Ihn zwang Karl erst 787 durch einen Vorstoß bis Capua zur Unterwerfung und zu Gebietsabtretungen an den Papst, doch verblieb Benevent auch danach in allenfalls lockerer Abhängigkeit.
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