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Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200

Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200

Titel: Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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traf. Zwischen 711 und 717 wurde viermal nacheinander der regierende Basileus gestürzt, bis sich Leon III. (717–741) durchsetzte, ein aus Nordsyrien stammender erfahrener General, der die «isaurische» Kaiserdynastie begründete.Ihm gelang es 717/18 mit bulgarischer Unterstützung, einer zwölfmonatigen Land- und Seeblockade der Kaiserstadt durch die Araber zu trotzen und die Armee des Kalifen Omar II. (717–720), die sich schon auf der westlichen Seite des Bosporus festgesetzt hatte, zum Rückzug zu nötigen. Der Abwehrerfolg übertrifft in seiner Bedeutung für den Osten Europas gewiß den Sieg, den der fränkische Hausmeier Karl Martell 732 im Westen über die «Sarazenen» errang, befreite Byzanz aber keineswegs von der fortwährenden Bedrohung durch die militärisch überlegenen Muslime. Kleinasien als das Kernland des Reiches mit allen Mitteln zu behaupten, wurde langfristig zum beherrschenden Ziel der kaiserlichen Politik, die entsprechend weniger Eifer für die Präsenz in Italien aufbrachte.
    Die immer wieder von den Langobarden bedrängten, dem kaiserlichen Exarchen in Ravenna unterstellten Gebiete, die von der Lagune im Norden über Ravenna, Perugia, Rom und Neapel bis nach Apulien und Sizilien reichten, waren militärisch schon seit langem sich selbst überlassen und zeigten offen separatistische Neigungen. Bald nachdem Leon III. eine dort während der Belagerung von Konstantinopel ausgebrochene Rebellion überwunden hatte, weckte er neuen Unmut durch drastische Sondersteuern, die zur Behebung der Kriegsschäden im Osten erhoben wurden. Als sich Papst Gregor II. (715–731) dem verbreiteten Protest anschloß, reagierte der Kaiser scharf; er beschlagnahmte nicht nur die ausgedehnten Besitzungen der römischen Kirche in Unteritalien und Sizilien, sondern entzog überdies dem Papst zugunsten des Patriarchen von Konstantinopel die Jurisdiktion über die dortigen Kirchen wie auch weite Bereiche des Balkans. Die Spannungen verschärften sich noch, als Leon seit 730 gegen die in der Ostkirche besonders intensive Verehrung der heiligen Bilder vorging, den widerstrebenden Patriarchen absetzte und die Vernichtung der Ikonen anordnete. Im lateinischen Westen und zumal in Rom stieß das auf völliges Unverständnis und weckte ungute Erinnerungen an die Selbstherrlichkeit, mit der schon seit Jahrhunderten die östlichen Kaiser kirchliche Streitfragen autoritativ zu entscheiden gesucht hatten.Der neue Papst Gregor III. (731–741) kündigte auf einer römischen Synode jedem «Verächter oder Zerstörer» der heiligen Bilder[ 40 ], implizit also auch dem Kaiser, die Kirchengemeinschaft auf. Der Basileus, «wütend gegen den Papst wegen des Abfalls von Rom und Italien»[ 41 ], antwortete mit der Aussendung einer Flotte, die jedoch im Winter 732/33 in einem Seesturm unterging, und mußte es hinnehmen, daß der Langobardenkönig Liutprand (712–744) die Mißstimmung in den kaiserlichen Gebieten zu neuen Eroberungen ausnutzte und dabei 732 auch Ravenna erstürmte. Zwar konnte der nach Venedig geflohene Exarch binnen Jahresfrist seine Residenz vom Meer aus zurückgewinnen, doch blieb er fortan in der Defensive, während Liutprand seine Macht, auch gegenüber den südlichen langobardischen Herzogtümern Spoleto und Benevent, weiter ausbaute. Als er 743 erneut vor Ravenna stand, bedurfte es des persönlichen Erscheinens von Papst Zacharias (741–752), um ihn in die Schranken zu weisen. Die Eindämmung der langobardischen Expansion war für die auf politische Eigenständigkeit bedachten römischen Bischöfe inzwischen dringlicher als die Selbstbehauptung gegenüber dem kaiserlichen Exarchen und bewog bereits Gregor III. 739 zu einem ersten Hilferuf an die Franken, der jedoch unerwidert blieb. Nach einer Ruhepause von einigen Jahren kehrte König Aistulf (749–756) zum aggressiven Kurs Liutprands zurück und beendete 751 die Existenz des Exarchats, indem er Ravenna samt Umgebung endgültig einnahm. Sein bedrohliches Auftreten gegenüber dem Papst führte auf Ersuchen Stephans II. (752–757) zur bewaffneten Intervention König Pippins in Italien, während im selben Jahr 754 Kaiser Konstantin V. (741–775) den Graben zum Westen weiter vertiefte, indem er auf einer Reichssynode jede Ikonenverehrung für häretisch, also unvereinbar mit dem rechten christlichen Glauben, erklären ließ.
    Unter diesen Umständen fiel es den siegreichen Franken leicht, die den Langobarden abgerungenen jüngsten Eroberungen (Ravenna

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