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Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200

Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200

Titel: Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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erzwungenen Eid gewährte, ist aber tatsächlich nicht mehr in den Süden Italiens vorgestoßen. Bari fiel binnen kurzem wieder dem östlichen Kaiserreich zu.
5. Jenseits der Kaiserreiche
    Aachen und Konstantinopel waren zu Beginn des 9. Jhs. die Zentren, von denen aus der größte Teil der christlichen Welt, aber bei weitem nicht ganz Europa regiert wurde. Abgesehen vom islamisch dominierten Spanien, dessen Herrscher in Córdoba residierte, begannen sich im Umfeld der beiden Kaiserreiche ein lateinisch-katholischer und ein griechisch-orthodoxer Kulturkreis zu formieren, die bis gegen 1000 brauchten, um ihre dauerhafte Größenordnung zu finden.
Das karolingische Umfeld I: Unteritalien und Nordspanien
    An seinen südlichen Rändern grenzte das fränkische Großreich an christliche Kleinstaaten, die sich über den Untergang des Langobarden- bzw. des Westgotenreiches hinweggerettet hatten und zugleich Pufferzonen zu den Machtbereichen der Byzantiner und der Araber bildeten. Im Süden Italiens waren es die Herzöge von Benevent, die sich nach 774 den Titel «Fürst des langobardischen Volkes» beilegten und die Gesetzgebung der früheren Könige fortführten. Sie verstanden es, den fränkischen Anspruch auf Oberhoheit ins Leere laufen zu lassen, befanden sich aber ihrerseits im Widerstreit mit den nominell byzantinischen Seestädten Neapel, Amalfi und Sorrent, die sich, bedacht auf ihre Autonomie und Handelsinteressen, einer Vereinnahmung zu entziehen wußten. Die wachsende Herausforderung durch sarazenische Überfälle sowie (seit den 840er Jahren) die Abspaltung der Fürstentümer Salerno undCapua taten ein übriges, um einer Suprematie von Benevent entgegenzuwirken. Nach dem Scheitern Kaiser Ludwigs II. (871) traten die Byzantiner verstärkt auf den Plan, und eroberten von Bari aus fast die gesamte Südküste mit weitem Hinterland, das sie als Thema «Langobardia» organisierten. 891 konnten sie vorübergehend sogar die Stadt Benevent einnehmen, doch gelang ihnen ebenso wenig wie zuvor den Karolingern eine Zusammenfassung Unteritaliens unter ihrer Herrschaft. Es blieb bei einem labilen Gleichgewicht kleinräumiger einheimischer Kräfte, für die Byzanz als Rückhalt bei der Sarazenenabwehr unentbehrlich war. Während das langobardische Bewußtsein allmählich schwand, breitete sich das Griechentum in sprachlicher und kirchlicher Hinsicht weiter aus; beides zusammen stand einer monarchischen Reichsbildung auf gentiler Grundlage wie in anderen Teilen Europas im Wege.
    Ein deutlich verschiedenes Profil zeigen die christlichen Rückzugsgebiete im äußersten Norden der Iberischen Halbinsel, die sich nach 711 der arabischen Eroberung des Westgotenreiches hatten entziehen können. Gemäß der glorifizierenden Überlieferung aus späterer Zeit war es der gotische Adlige Pelagius, der bei Covadonga (722?) einen ersten Abwehrerfolg gegen «ein riesiges Heer aus ganz Spanien» errang[ 63 ]. Dadurch sicherte er den Bestand eines kleinen Reiches, das getragen war von dem seit der Römerzeit bekannten Bergvolk der Asturer sowie geflüchteten Goten und sich durch sein Christentum von der Umgegend abhob. Alfons I. (739–757), der Schwiegersohn des Pelagius, vertrieb als König die Muslime auch aus Galicien und Kantabrien, nahm vermehrt christliche Zuwanderer aus dem Süden auf und begann die Anlage eines entvölkerten Grenzstreifens, der Schutz vor arabischen Angriffen bieten sollte. Unter Alfons II. (791–842), der seinen Geburtsort Oviedo zur Hauptstadt erhob, wird ein bewußter Anspruch auf die gotische Tradition erkennbar: Der König grenzte Asturien kirchlich (im Streit um die Lehre des Adoptianismus) von der alten Metropole Toledo ab, die unter islamischer Kontrolle stand, knüpfte Beziehungen zu Karl dem Großen an und förderte den Kult des Apostels Jakobus, dessen Grab eben damals im galicischen Amaia(später Compostela) «entdeckt» und bald zum Kristallisationspunkt christlichen Selbstbehauptungswillens wurde. In wechselvollen Kämpfen gelang den Nachfolgern, zumal Alfons III. (866–910), eine weitere Expansion südwärts bis zum Fluß Duero, was zur Verlegung der Hauptstadt nach León führte und aus dem asturischen das leonesische Königreich werden ließ.
    Stärker im Bannkreis der Franken standen der Pyrenäenraum und sein südliches Vorfeld, wo sich vor 800 um Pamplona ein christliches Kleinreich der Basken (später Navarra genannt) und eine gesonderte Grafschaft Aragón formierten. Beide beteiligten sich

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