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Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200

Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200

Titel: Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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nicht an der Eindämmung der Araber, waren aber ebenso sehr auf ihre Eigenständigkeit gegenüber den Karolingern bedacht. Weiter östlich dagegen drangen die Franken in Abwehr muslimischer Vorstöße nach Gallien (zuletzt 793) offensiv über die Pyrenäen vor. Die 801 von Ludwig dem Frommen eingenommene Stadt Barcelona wurde zum Eckpfeiler eines bald in erzählenden Quellen als «Spanische Mark» bezeichneten Gebiets[ 64 ], das aus mehreren Grafschaften bestand und als Teil des Frankenreiches eng mit dem Süden Galliens verbunden blieb. Beiderseits der Pyrenäen wurden zu privilegierten Bedingungen Goten aus Spanien angesiedelt, woraus seit etwa 830 der Landschaftsname «Gothien» resultierte. Die regionale Macht lag bei einheimischen Adelsfamilien, die sich im Laufe des 9. Jhs. immer mehr von der westfränkischen Königsmacht lösten. Die Bezeichnung «Katalonien» ist nicht vor dem 12. Jh. anzutreffen.
Das karolingische Umfeld II: Angelsachsen und Kelten
    Anders als die Franken im vormals römischen Gallien haben die vom Kontinent in den Süden und die Mitte Britanniens eingedrungenen Gruppen der Angeln, Sachsen und Jüten jahrhundertelang zu keiner politischen Einheit gefunden. Auch nach der Christianisierung im Verlauf des 7. Jhs., die den Gemeinsamkeiten in Sprache und Recht noch die Klammer einer gesamtenglischen Kirchenorganisation mit den Metropolen Canterbury und York hinzufügte, blieb es beim Nebeneinander der vom Geschichtsschreiber Beda(† 735) auf die Zeit der Landnahme zurückgeführten sieben Königreiche Kent, Sussex, Essex, Wessex, Ostanglien, Mercien und Northumbrien, die vielfältige Rivalitäten pflegten[ 65 ]. Ein förmlicher Vorrang kam dem jeweils mächtigsten unter den Königen zu, für den die Angelsächsische Chronik des 9. Jhs. den Titel Bretwalda mitteilt[ 66 ]. Sofern es sich dabei ursprünglich um den Oberbefehl über alle angelsächsischen Kräfte bei Kämpfen gegen Briten oder Pikten gehandelt hat, wurde diese Rolle, wie Beda erkennen läßt[ 67 ], mit dem Tod König Oswius von Northumbrien (642–670) offenbar hinfällig, doch waren auch in der Folgezeit keineswegs alle Könige gleichrangig. So trat Ine von Wessex (688–726) als Gesetzgeber hervor, bevor ein volles Jahrhundert der Vorherrschaft von Mercien anbrach. Die Könige Aethelbald (716–757) und Offa (757–796) dehnten ihre Hoheit schrittweise auf Essex, Kent und Sussex aus und betrachteten auch die verbleibenden Könige nur noch als
subreguli
oder
duces.
Offa war der Schöpfer des großen Bollwerks gegen den keltischen Westen, des über 100 km langen Offa’s Dyke aus der Zeit von 784 bis 796. Er verbreitete Münzen mit dem eigenen Namen und unterhielt Beziehungen zu Karl dem Großen. Dabei erstrebte er vergeblich eine Doppelhochzeit seines Sohnes und seiner Tochter mit Kindern des Frankenkönigs, erreichte aber 796 eine Vereinbarung auf Gegenseitigkeit über den Schutz der Kaufleute im jeweils anderen Land durch die königlichen Gerichte[ 68 ].
    Einen Wendepunkt in der Geschichte des alten England bedeutet der Beginn der normannischen Überfälle, die erstmals 793 die Klosterinsel Lindisfarne heimsuchten. Spätestens seit den 830er Jahren wurde die Abwehr der skandinavischen Eindringlinge (meist Dänen) zur alles beherrschenden Aufgabe, die eine fortschreitende Bündelung der angelsächsischen Kräfte erzwang. Dabei lag die Führung inzwischen bei Wessex (mit der Hauptstadt Winchester), dessen König Egbert (802–839) die mercische Suprematie durch den Sieg in der Schlacht von Ellandun (825) abgeschüttelt und sich selbst zügig zum Gebieter über den gesamten Süden der Insel gemacht hatte. Egbert, der in seiner Jugend jahrelang ins Frankenreich verbannt gewesen war und vermutlich Zugang zum Hof Karlsdes Großen gehabt hatte, übernahm ein Stück karolingischer Herrschaftspraxis, indem er bei Lebzeiten seinen Sohn Aethelwulf mit der Regierung in Kent, Surrey und Sussex betraute. Als des Vaters Nachfolger (839–858) bezog er ebenfalls seinen Ältesten, Aethelstan († 852), als Unterkönig von Kent in die dezentrale Bekämpfung der Dänen ein, und im Zeichen der gemeinsamen Gegnerschaft zu den Nordmännern stand auch 856 seine zweite Heirat mit Judith, der Tochter des westfränkischen Königs Karl des Kahlen. Nach Aethelwulfs Tod (858) kam es ganz in karolingischer Manier zu einer dynastischen Reichsteilung unter seinen drei damals erwachsenen Söhnen, die jedoch alle in jungen Jahren starben, ohne verhindert

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