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Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200

Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200

Titel: Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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wirksamer gegenseitiger Unterstützung fanden die drei Brüder jedoch in keinem Falle; vielmehr bedeutete es den ersten schweren Konflikt, daß Ludwig der Deutsche 853 auf ein Angebot unzufriedener Aquitanier einging und seinen zweiten Sohn Ludwig den Jüngeren zu ihnen als König schickte, wo er sich freilich 854 nicht durchzusetzen vermochte. Kaiser Lothar I. hatte inzwischen jeden Gedanken an eine neue Reichseinheit aufgegeben und teilte vor seinem Tode am 29. September 855 das Mittelreich unter seinen drei Söhnen auf, indem er dem ältesten, 850 auf sein Geheiß in Rom zum Kaiser gekrönten Ludwig II. Italien zusprach, während Lothar II.(855–869) die nördlichen Reichsteile von der Nordsee bis zu den Alpen und Karl (855–863), der jüngste, die provenzalisch-burgundischen Rhônelande erhielt.
    Unter den nunmehr fünf Herrschern kam dem auf Italien beschränkten Kaiser kein fühlbarer Vorrang mehr zu; vielmehr dominierten Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle, deren zunehmende Feindschaft dazu führte, daß sich Ludwig 858 von aufrührerischen Großen des Westreiches zum Einmarsch bestimmen ließ. Karls bedrohtes Königtum und damit der Fortbestand Westfrankens wurden gerettet, weil die Bischöfe unter Führung Hinkmars von Reims (845–882) Ludwig die geforderte Huldigung versagten[ 81 ] und so einen Umschwung einleiteten, der ihn Anfang 859 zum Rückzug bewog. Bald nach dem Friedensschluß in Koblenz (860), der die in Verdun vereinbarten Grenzen noch einmal bestätigte und an die früheren Frankentage anzuknüpfen suchte, rückte die ungewisse Zukunft des Mittelreiches in den Vordergrund, das nach dem frühen Tod Karls von der Provence (863) und der Aufteilung seines Erbes unter die älteren Brüder nur noch zwei Herrscher hatte: Ludwig II. und Lothar II., die beide ohne legitimen Stammhalter waren. Lothar blieb in seiner 855 geschlossenen Ehe kinderlos und hatte mit seinem zähen Bemühen um eine Scheidung, die es ihm erlauben sollte, einen Sohn aus einer früheren Verbindung zum anerkannten Erben zu haben, zeitlebens keinen Erfolg. Sogleich nach seinem Tode okkupierte 869 Karl der Kahle das nördliche Mittelreich (das nach seinem letzten Herrscher fortan Lotharingien/Lothringen genannt wurde), mußte aber bald wegen drohender Gegenwehr Ludwigs des Deutschen in Teilungsverhandlungen einwilligen, die im August 870 in Meerssen zum Vertrag über eine Grenzlinie etwa entlang von Maas und Saône führten. Da Ludwig II. ebensowenig einen Sohn hatte, der ihm im Kaisertum und in der Herrschaft über Italien hätte nachfolgen können, entbrannte alsbald auch um dessen Erbe der Wettstreit zwischen West- und Ostfranken, den Karl der Kahle Ende 875 durch einen raschen Romzug für sich entschied. Als Kaiser, der über Italien, das Westreich und das halbe Lotharingien herrschte, hatte Karl ein eindeutigesÜbergewicht erlangt, das ihn dazu beflügelte, nach dem Tod des Bruders Ludwig (am 28. August 876 in Frankfurt) mit Waffengewalt auch in dessen Ostreich einzudringen. Doch bereitete ihm Ludwigs Sohn Ludwig der Jüngere binnen kurzem mit einem Aufgebot aus Sachsen, Thüringern und Franken eine empfindliche Niederlage bei Andernach, die ihn zur Umkehr zwang. Zum Fiasko geriet auch sein zweiter Italienzug, den die westfränkischen Großen nur noch halbherzig unterstützten. Auf dem fluchtartigen Rückweg ist er am 6. Oktober 877 in einem Alpendorf als letzter der Generation von Verdun verstorben.
    Das folgende Jahrzehnt, das den Urenkeln des großen Karl gehörte, fällt durch eine verhängnisvolle Serie von Todesfällen auf, die einen raschen Wechsel der Machtverhältnisse mit sich brachten und die Loyalität der Großen immer härteren Belastungsproben unterwarfen, bis sich schließlich adlige Selbsthilfe Bahn brach. In Westfranken folgte auf Karl dessen Sohn Ludwig der Stammler, der bis zu seinem frühen Tod (879) kaum zur Entfaltung kam und auf eine Fortsetzung der väterlichen Italienpolitik verzichtete. Seine beiden halbwüchsigen Söhne Ludwig III. (879–882) und Karlmann (879–884) standen von vornherein unter der Kuratel rivalisierender Adelsgruppen, was Ludwig den Jüngeren von Ostfranken zum Eingreifen einlud mit der Folge, daß ihm 880 im Vertrag von Ribemont der Westen Lotharingiens abgetreten werden mußte. Im Ostreich hatten sich 876 die Nachfolge Ludwigs des Deutschen seine drei Söhne geteilt, unter denen der älteste, Karlmann von Bayern (876–880), auch in Italien seinen Machtanspruch

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