Christine Feehan - Karpatianer 13 - Dunkler Ruf des Schicksals
sah die Verletzlichkeit um ihren weichen Mund, die Qual in ihren Augen. Er kannte den furchtbaren Kampf um ihr Seelenheil, den sie bei jedem Erwachen ausfocht. Alles in ihm schrie danach, sie in seine Arme zu nehmen und vor jedem Schmerz zu beschützen. Es war so tapfer von ihr, zuzugeben, dass es sie gestört hatte, MaryAnn in seinen Armen zu sehen. Und sie hatte es nur zugegeben, damit er sich besser fühlte.
Sein Grinsen wurde breiter, bevor er seine Gefühle wie üblich hinter einer Maske verbergen konnte. Wärme breitete sich in seinem Körper aus und rührte an sein Herz.
»MaryAnn ist schon allerhand. Sie verfügt auch über die eine oder andere Gabe.« Er wählte seine Worte sorgfältig.
Destiny nickte. »Ich glaube, das hat mich so angezogen. MaryAnn ist sich ihrer übersinnlichen Fälligkeiten gar nicht bewusst. Ich konnte jedes Mal ihre innere Kraft spüren, wenn sie mit einer Frau Verbindung aufnahm, um sie zu beraten. Ich habe viel Zeit damit verbracht, auf dem Balkon vor ihrem Büro zu stehen und ihr zuzuhören. Selbst ihre Gruppentherapien haben mich berührt.« Sie vertraute ihm etwas an, von dem sie hoffte, dass er es verstehen würde. Irgendwann hatte sie erkannt, dass sie kein normales Leben führen konnte, und versucht, eine Möglichkeit finden, sich selbst zu heilen.
»Du bist kein Monster, Destiny. Unser Volk muss sich mit vielen Problemen auseinandersetzen. Unsere Männer verlieren nach zweihundert Jahren die Fähigkeit, Farben zu sehen, Gefühle zu haben. Alles verblasst. Früher einmal, als unser Volk noch zahlreich war und unsere Gefährtinnen in der Nähe waren, sah es anders aus. Jetzt spüren wir den Mangel an Gefährtinnen empfindlich. Ohne Frauen, die uns Kinder schenken, gibt es kaum Hoffnung für unsere aussterbende Art. Viele unserer Männer haben sich für den momentanen Machtrausch und das Hochgefühl beim Töten und gegen Ehre und ein karges Dasein entschieden. Das zwingt uns, sie zu jagen, obwohl es oft Freunde und Verwandte sind. Jedes Mal, wenn wir töten, nimmt die Dunkelheit in unserem Inneren zu, bis sie uns irgendwann verschlingt. Es ist kein leichtes Leben, und es wird noch dazu von Erinnerungen an Farben und Lachen und echte Empfindungen erschwert.«
Destiny rieb sich die Schläfen. Sie wollte nicht über sein Leben nachdenken oder an seine Erinnerungen rühren, die ein trostloses Dasein in Grau und Weiß zeigten, eine Wüste, die sich endlos vor ihm erstreckte - bis sie mit ihm in Verbindung getreten war. Sie konnte deutlich sehen, wie sehr er sich um Vikirnoff sorgte, und ebenso deutlich, wie sehr er sie brauchte.
»Es gibt unter den Menschen Frauen mit übernatürlichen Fähigkeiten, die zu einer von uns umgewandelt werden können. Du bist offenbar eine dieser Frauen. Wir brauchen Kinder. Unsere Frauen und Kinder bedeuten uns unendlich viel, und wir tun alles, was in unserer Macht steht, um sie zu beschützen. Unsere Frauen und Kinder sind unsere einzige Hoffnung.«
»Und das hat der Vampir mit mir gemacht, oder? Er hat mich umgewandelt. Wie?«
»Es erfordert einen dreimaligen Austausch von Blut, aber mit einem Gefährten ist es nicht furchtbar oder schmerzhaft, wie du es erlebt hast. Wenn wir miteinander schlafen, ist es normal für uns, unser Blut miteinander zu teilen und uns zu wünschen, das eigene Blut durch die Adern des anderen fließen zu lassen. Es ist fast ein Zwang. Wenn wir mit unseren Gefährtinnen zusammen sind, Haut an Haut, und sie küssen, ist es ein köstliches Verlangen, Blut zu tauschen.«
Seine Stimme schien sie zu umschmeicheln, eine leise Versuchung, die sie nicht wahrhaben wollte. »Ich verstehe, was du mir damit sagen willst. Ich schaue in dich hinein und sehe, dass du meinst, was du sagst. Ich wünschte, all das wäre wahr, Nicolae, doch für mich kann es das nie sein. Ich glaube dir, was du mir über die Karpatianer erzählst. Ich spüre nicht nur das Tier in dir, sondern auch Güte. Aber du und ich, wir wissen beide, dass ich nicht von dir oder einem anderen Karpatianer umgewandelt worden bin. Ich kann unreines Blut aus meilenweiter Entfernung riechen. Der Gestank ist widerlich. Glaubst du, ich kann es nicht an mir selbst riechen? In der Höhle haben sie mich gerufen. Du hast es selbst gehört. Sogar die Untoten erkennen, was ich bin. Wenn einer von deiner Art mich umgewandelt hätte, könnte ich vielleicht alles sein, was du sagst, aber es war ein Vampir, und sein Blut fließt in meinen Adern.«
»Du kannst geheilt
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