Christmasland (German Edition)
über den Knien und einem Metamucil-Shake in der Hand. Sie konnte es mit ihm aufnehmen. Ihn auf die Motorhaube drücken und ihm mit ihrem spitzen, kleinen Schraubenschlüssel die Augen ausstechen.
Sie war schon beinahe über ihm, als er sich mit dem silbernen Hammer in der rechten Hand aufrichtete und zu einem weiten Schlag ausholte. Sie hörte das melodische Sirren des Hammers, der sie an der Seite des Helms traf, heftig genug, dass sie herumgerissen wurde und auf die Knie ging. In ihrem Kopf wurden Zimbeln zusammengeschlagen – der Soundeffekt in einem Zeichentrickfilm. Manx sah zwar aus wie achtzig, aber er besaß die Kraft und Gelenkigkeit eines Teenagers. Glasartige Bruchstücke des Motorradhelms fielen ins Gras. Ohne den Helm hätte er ihr locker den Schädel zertrümmert.
»Oh!«, schrie Charlie Manx. »O mein Gott. Sie hat mich aufgeschlitzt wie ein Kotelett!«
V ic stand zu schnell auf. Der Spätnachmittag verdunkelte sich, als ihr Kreislauf schwächelte. Sie hörte, wie eine Tür zugeschlagen wurde.
Sie taumelte herum und hielt sich dabei den Kopf – oder vielmehr den Helm –, damit das schreckliche Dröhnen darin aufhörte. Die Welt vibrierte leicht, als würde sie wieder mit laufendem Motor auf der Triumph sitzen.
Manx lag immer noch auf der Motorhaube des Wagens. Auf seinem ausgezehrten Hinterweltlergesicht glänzte Blut. Neben dem Auto stand jetzt noch ein weiterer Mann. Oder jedenfalls eine Art Mann. Sein Kopf sah aus wie der eines riesigen Insekts aus einem Schwarz-Weiß-Film der Fünfzigerjahre – der Kopf eines Gummifilmmonsters mit einem borstigen Rüssel und glasigen, leeren Augen.
Der Insektenmann hatte eine Waffe. V ic sah, wie die Waffe auf sie gerichtet wurde, und starrte in die schwarze Mündung – ein überraschend kleines Loch, nicht viel größer als eine menschliche Iris.
»Peng, peng«, sagte der Insektenmann.
Der Vorgarten
A ls Bing Mr. Manx auf der Motorhaube des Wagens liegen sah, ging eine Schockwelle durch seinen Körper wie vom Rückstoß einer Waffe. Etwas Ähnliches hatte er damals in seinem Arm gespürt, als er seinem V ater mit der Nagelpistole in die Schläfe geschossen hatte. Nur diesmal erfasste sie seinen ganzen Körper. Der gute Mr. Manx war ins Gesicht gestochen worden. Die Hure brachte ihn um – ein Gedanke, so unvorstellbar und schrecklich, als würde die Sonne selbst erlöschen. Die Hure würde Mr. Manx umbringen. Er brauchte Bings Hilfe!
Bing hielt dem Jungen die Dose mit dem Lebkuchenrauch ins Gesicht und sprühte ihm eine Ladung davon auf Mund und Augen. Eigentlich hätte er das schon längst tun sollen, wenn er nur nicht so furchtbar wütend und nachtragend gewesen wäre. Der Junge zappelte und versuchte, das Gesicht abzuwenden, aber Bing hielt ihn an den Haaren fest und sprühte ihn noch einmal ein. Wayne Carmody schloss die Augen und presste den Mund zu.
»Bing, Bing!«, schrie Manx.
Bing stieß ebenfalls einen Schrei aus. Ihm war klar, dass er den Jungen nicht besonders gründlich betäubt hatte. Aber das spielte keine Rolle. Ihm blieb keine Zeit mehr, und der Junge befand sich im Wagen. Er würde nicht entkommen können. Bing ließ den Jungen los und steckte die Sprühdose mit dem Lebkuchenrauch in die Jackentasche. Seine rechte Hand tastete nach der Pistole.
Er sprang aus dem Wagen, schlug die Tür hinter sich zu und zog den großen, geölten Revolver hervor. Die Frau trug einen schwarzen Motorradhelm, dessen Schlitz nur ihre Augen frei ließ. Angesichts der Waffe in seiner Hand – dem letzten, was V ictoria McQueen jemals sehen würde – waren sie weit aufgerissen. McQueen stand höchstens drei Schritte entfernt, er würde sie nicht verfehlen können.
»Bing, Bing«, sagte er. »Jetzt versenk das Ding!«
Er drückte den Abzug genau in dem Moment durch, als Mr. Manx sich plötzlich von der Motorhaube aufrichtete und in die Schussbahn geriet. Die Waffe ging los, und Manx’ linkes Ohr explodierte. Blut spritzte durch die Luft.
Manx schrie auf und legte eine Hand an die Seite seines Kopfes, wo die Überreste seines Ohrs herabhingen.
Unabsichtlich löste sich ein weiterer Schuss. Der Knall der Waffe erschreckte Bing so sehr, dass er einen Furz losließ.
»Mr. Manx! O mein Gott! Mr. Manx, geht es Ihnen gut?«
Manx sank gegen die Seite des Autos und drehte ihm den Kopf zu.
»Was denkst du wohl? Ich habe eine Stichwunde im Gesicht, und mein eines Ohr wurde weggeschossen! Und dabei habe ich noch Glück gehabt, dass du mir nicht das Hirn
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