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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Wayne befand sich in dem Wagen. Letzteres wusste sie so sicher, wie sie ihren eigenen Namen kannte, obwohl sie Wayne schon seit mindestens einer halben Stunde nicht mehr gesehen hatte. Wayne befand sich in dem Auto, und sie musste ihn herausholen.
    Sie wollte sich erneut hochstemmen, aber Charlie Manx ließ den silbernen Hammer auf ihren Rücken niedersausen. Mit einem Knirschen, das klang, als wäre jemand auf ein billiges Plastikspielzeug getreten, hörte sie ihre Wirbelsäule brechen. Die Wucht des Schlags presste ihr die Luft aus der Lunge und schleuderte sie zurück auf den Boden.
    Wayne stieß erneut einen Schrei aus.
    V ic wünschte, sie könnte den Kopf heben, um nach ihm zu schauen, aber es gelang ihr nicht. Ihr Kopf fühlte sich merkwürdig schwer an, zu schwer für ihren dünnen Hals. Der Helm, dachte sie. Sie trug immer noch den Helm und Lous Jacke.
    Lous Jacke.
    V ic hatte ein Bein bewegt und das Knie gebeugt, um sich aufzurichten. Nun spürte sie die Erde unter dem Knie und das Zittern ihres Oberschenkelmuskels. Sie hatte gehört, wie Manx ihr mit dem zweiten Schlag die Wirbelsäule gebrochen hatte, und war überrascht, immer noch ihre Beine zu spüren. Eigentlich müsste sie viel stärkere Schmerzen haben. Doch ihr taten vor allem die Oberschenkel weh, von der Anstrengung, das Motorrad einen halben Kilometer weit zu schieben. Ihr ganzer Körper schmerzte, aber es war nichts gebrochen. Nicht einmal die Schulter, die unter Manx’ Schlag so furchtbar geknackt hatte. Zitternd holte sie Luft, und ihre Rippen dehnten sich problemlos, obwohl sie vorhin wie Zweige geklungen hatten, die im Sturm zerbrachen.
    Das Knacken war nicht von ihren Knochen gekommen. Es waren die Kevlar-Plättchen gewesen, die am Rücken und an den Schultern von Lous klobiger Motorradjacke eingenäht waren. Lou hatte gesagt, dass man mit dieser Jacke mit dreißig Sachen gegen einen Telefonmast fahren konnte und trotzdem eine Chance hatte, unversehrt davonzukommen.
    Als Manx das nächste Mal auf sie einschlug, diesmal in die Flanke, schrie sie laut auf – eher aus Überraschung als vor Schmerz – und hörte ein weiteres lautes Knacken.
    »Antworte mir, wenn ich mit dir rede«, rief Manx.
    Ihre Flanke tat weh – diesen Schlag hatte sie gespürt. Aber das Knacken hatte wieder lediglich von den Plättchen hergerührt. Alle Benommenheit war verflogen, und wenn sie sich sehr anstrengte, könnte sie sich vermutlich aufrichten.
    Nein, das wirst du nicht tun, sagte ihr V ater, und seine Stimme klang so nahe, als würde er ihr ins Ohr flüstern. Bleib liegen und lass ihn seinen Spaß haben. Der richtige Zeitpunkt ist noch nicht gekommen, Gör.
    Ihren V ater hatte sie eigentlich aufgegeben. Sie hatte ihn nicht mehr gebraucht und deshalb ihre wenigen Gespräche mit ihm so kurz wie möglich gehalten. Sie hatte nichts mehr von ihm wissen wollen. Aber jetzt war er hier und redete in demselben ruhigen, bedächtigen Ton mit ihr wie damals, als er ihr erklärt hatte, wie man einen niedrigen Ball fing oder was an Hank Williams so Besonderes war.
    Er denkt, er hätte dir ordentlich eine verpasst. Er glaubt, du seist erledigt. Wenn du jetzt aufstehst, wird er wissen, dass es dir gar nicht so schlecht geht, und dann wird er weitermachen. Warte. Warte auf den richtigen Zeitpunkt. Du wirst wissen, wenn es so weit ist.
    Die Stimme ihres V aters, die Jacke ihres Geliebten. Einen Moment lang hatte sie das Gefühl, die beiden Männer in ihrem Leben würden schützend die Hand über sie halten. Sie hatte immer geglaubt, dass es den beiden ohne sie besser ginge – und dass sie selbst allein am besten zurechtkam, aber jetzt wusste sie, dass sie stets bei ihr waren.
    »Kannst du mich verstehen?«, fragte Manx. »Hörst du meine Stimme?«
    Sie antwortete nicht. Lag völlig reglos da.
    » V ielleicht ja, vielleicht auch nicht«, sagte Manx nach einer Weile. Seit über zehn Jahren hatte sie seine Stimme nicht mehr gehört. Er sprach immer noch so gedehnt und einfältig wie ein Landei. »In der kurzen Hose siehst du aus wie eine Hure. Aber vor nicht allzu langer Zeit hätte sich selbst eine Hure dafür geschämt, so aus dem Haus zu gehen, um mit gespreizten Beinen in einer geschmacklosen Parodie des Geschlechtsaktes Motorrad zu fahren.« Er hielt erneut inne, dann sagte er: »Als wir uns das letzte Mal begegnet sind, hattest du ein Fahrrad dabei. Das habe ich nicht vergessen. Genauso wenig wie die Brücke. Hat das Motorrad dieselben Kräfte wie das Fahrrad? Mit

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