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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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weggeblasen hast!«
    »O Gott! Ich bin total unfähig! Das habe ich nicht gewollt! Mr. Manx, lieber würde ich sterben, als Sie zu verletzen! Was soll ich jetzt bloß machen? Soll ich mich selbst erschießen?«
    » Sie solltest du erschießen!«, schrie Manx und ließ die Hand sinken. Rote Hautfetzen baumelten von der Seite seines Kopfes herab. »Jetzt mach schon! Erschieß sie!«
    Es kostete Bing einige Mühe, den Blick von Mr. Manx abzuwenden. Das Herz schlug ihm holprig in der Brust – ka-bumm-bumm-bumm –, wie ein Piano, das polternd und klirrend eine Treppe hinunterrutschte. Sein Blick glitt durch den V orgarten, und er entdeckte McQueen, die auf ihren langen braunen Beinen vor ihm davonlief. Das Mündungsfeuer zerriss den geisterhaften Nebel, aber in seinen Ohren klingelte es so laut, dass er den Schuss kaum hörte.

Logan Airport
    A ls Lou Carmody die Sicherheitskontrolle am Flughafen durchlaufen hatte, blieb ihm immer noch eine Stunde bis zum Abflug. Deshalb machte er einen Abstecher zu Mickey D’s im Restaurantbereich. Er war fest entschlossen, sich einen Salat mit Hähnchenstreifen und ein Wasser zu holen – bis er die Pommes roch. Und als er bei der Kasse ankam, hörte er sich zu dem pickligen Jungen dahinter sagen, dass er zwei Big Macs, eine große Portion Fritten und einen extragroßen V anillemilchshake wollte – dasselbe, was er seit seinem dreizehnten Lebensjahr bestellte.
    Während er wartete, blickte er sich um und sah einen kleinen Jungen mit seiner Mutter an der Kasse rechts neben sich stehen. Der Junge war höchstens acht Jahre alt und hatte dunkle Augen genau wie Wayne. Er schaute zu Lou hoch und betrachtete dessen Doppelkinn und Männerbrüste nicht mit Ekel, sondern voller Mitleid. Als Lous V ater gestorben war, war er so fett gewesen, dass sie einen speziellen Sarg für ihn hatten bestellen müssen, eine Sonderanfertigung in Übergröße. Der Deckel hatte die Maße einer Esstischplatte gehabt.
    »Ich möchte doch lieber nur einen kleinen Milchshake«, sagte Lou zu dem Kassierer. Er hielt dem Blick des Jungen nicht stand.
    Was Lou beschämte, war weniger seine, wie der Arzt es nannte, krankhafte Adipositas, sondern seine Unfähigkeit, etwas an seinen Gewohnheiten zu ändern. Er konnte die richtigen Worte einfach nicht über die Lippen bringen, konnte keinen Salat bestellen, wenn er Pommes roch. Im letzten Jahr seiner Beziehung mit V ic hatte er gewusst, dass sie Hilfe brauchte – dass sie heimlich trank und imaginäre Telefonanrufe entgegennahm –, aber er hatte es dennoch nicht geschafft, Grenzen zu ziehen, Forderungen zu stellen oder ihr ein Ultimatum zu setzen. Und wenn sie ihn betrunken vögelte, hatte er es nicht über sich gebracht, ihr zu sagen, dass er sich Sorgen um sie machte. Stattdessen hatte er nur ihren Arsch gepackt und sein Gesicht zwischen ihren nackten Brüsten vergraben. Er trug eine Mitschuld. Als sie die Telefone in den Herd gesteckt und ihr Haus niedergebrannt hatte, hätte er ebenso gut selbst das Streichholz anzünden können.
    Er setzte sich an einen Tisch, der für einen magersüchtigen Zwerg gedacht war, auf einen Stuhl, auf dem höchstens das Hinterteil eines Zehnjährigen Platz gehabt hätte. Kannte McDonald’s denn seine Kundschaft nicht? Was dachten die sich eigentlich dabei, Männern wie ihm solche Stühle anzubieten? Er holte seinen Laptop hervor und loggte sich in das kostenlose WLAN ein.
    Er checkte seine E-Mails und betrachtete ein paar Bilder von Cosplay-Mädchen in Power-Girl-Kostümen. Danach schaute er beim Millarworld-Forum vorbei, wo Freunde von ihm gerade darüber diskutierten, welche Farbe Hulk als Nächstes haben sollte. Die Comic-Nerds mit ihren idiotischen Themen fand er ziemlich peinlich. Natürlich würde es entweder Grau oder Grün sein. Etwas anderes kam doch überhaupt nicht infrage.
    Lou überlegte, ob er bei Suicide Girls reinschauen könnte, ohne dass jemand im V orbeigehen etwas davon mitbekam. Da fing das Handy in der Tasche seiner Cargo-Shorts an zu summen. Er hob seinen Hintern vom Stuhl und suchte danach.
    Er hatte es bereits in der Hand, als ihm au ff iel, was für Musik aus dem Lautsprechersystem des Flughafens drang. Es war der alte Johnny-Mathis-Song »Sleigh Ride« und das, obwohl in Boston an diesem Julinachmittag Temperaturen herrschten wie auf der V enus. Lou brach schon der Schweiß aus, wenn er nur aus dem Fenster sah. Und nicht nur das – bis zu dem Moment, als das Handy geklingelt hatte, war ganz andere Musik aus

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