Christmasland (German Edition)
vorbei.
Schließlich sprach Manx mit einem Seufzen weiter. »Weißt du, Wayne, sämtliche Schwierigkeiten, die ich im Leben hatte, fingen immer mit einer Frau an. Margaret Leigh, deine Mutter, meine erste Frau – sie sind alle aus demselben Holz geschnitzt. Es gibt so viele von ihnen! Soll ich dir was sagen? Am glücklichsten war ich immer dann, wenn es in meinem Leben keine Frau gab! Wenn ich keine Zugeständnisse machen musste. Die meisten Männer werden im Lauf ihres Lebens von einer Frau zur nächsten weitergereicht und von ihnen gefügig gemacht. Du kannst dir gar nicht vorstellen, vor was für einem Leben ich dich bewahrt habe! Männer können nicht aufhören, an Frauen zu denken. So wie ein hungriger Mensch an ein gebratenes Steak denken muss. Wenn er den Duft von gegrilltem Fleisch riecht, vergisst er alles andere – Frauen wissen das und nutzen es aus. Sie stellen Bedingungen auf, genau wie deine Mutter vor dem Essen. Bevor du nicht dein Zimmer aufräumst, dein T-Shirt wechselst und dir die Hände wäschst, bist du am Essenstisch nicht willkommen. Die meisten Männer glauben, dass sie nur dann etwas taugen, wenn sie die Bedingungen der Frauen erfüllen können. Ihr ganzes Selbstwertgefühl hängt davon ab. Dabei können Männer erst zur Ruhe kommen, wenn sie nichts mehr mit irgendwelchen Frauen zu tun haben. Wenn sie auf niemand mehr Rücksicht nehmen müssen außer auf sich selbst und auf andere Männer. Erst dann können sie wirklich sie selbst sein. Und das ist ein gutes Gefühl.«
»Wenn Sie Ihre Frau nicht leiden konnten, warum haben Sie sich nicht einfach von ihr scheiden lassen?«, fragte Wayne.
»Damals hat man so was nicht gemacht. Ich bin nicht einmal auf den Gedanken gekommen. Ein- oder zweimal bin ich geflohen, aber ich bin immer wieder zurückgekehrt.«
»Warum?«
»Weil ich Hunger auf ein Steak bekommen habe.«
»Wie lange ist Ihre erste Ehe her?«, fragte Wayne.
»Fragst du mich, wie alt ich bin?«
»Ja.«
Manx lächelte. »Stell dir vor: Bei meinem ersten Treffen mit Cassie haben wir uns einen Stummfilm angesehen. So lange ist das schon her!«
»Was für ein Film war das?«
»Ein Horrorfilm aus Deutschland. Bei den gruseligen Stellen hat Cassie ihr Gesicht an meiner Halsbeuge vergraben. Ihr V ater saß neben uns. Und ich glaube, wenn er nicht dabei gewesen wäre, wäre sie glatt auf meinen Schoß geklettert. Damals war sie erst sechzehn – ein zierliches Ding, schüchtern und freundlich. So ist es mit vielen Frauen. In ihrer Jugend stecken sie voller Möglichkeiten, sind so lebendig und leidenschaftlich. Und wenn sie sich später verändern, ist das wie bei einem Huhn, das in die Mauser kommt und den Flaum der Jugendzeit gegen ein wesentlich dunkleres Federkleid eintauscht! Sie verlieren die Zartheit ihrer Jugend genauso wie Kinder die Milchzähne.«
Wayne nickte und zog geistesabwesend einen der oberen Schneidezähne aus seinem Zahnfleisch. Er tastete mit der Zunge die Lücke ab und schmeckte warmes Blut. An der Stelle, wo sich der alte Zahn befunden hatte, ragte bereits die Spitze eines neuen hervor, allerdings fühlte er sich weniger wie ein Zahn, sondern eher wie ein kleiner Angelhaken an.
Wayne steckte den herausgefallenen Zahn in die Hosentasche zu den anderen. In den sechsunddreißig Stunden, die er bisher im Wraith verbracht hatte, hatte er fünf Zähne verloren. Aber er machte sich keine Sorgen deswegen, denn er spürte mehrere Reihen neuer Zähne nachwachsen.
»Später hat meine Frau mir vorgeworfen, ein V ampir zu sein, so wie du vorhin«, sagte Manx. »Sie hat gesagt, ich sei genau wie der Bösewicht in dem deutschen Film, den wir zusammen gesehen hatten. Sie glaubte, ich würde meinen beiden Töchtern die Lebensenergie aussaugen. Dabei sind inzwischen so viele Jahre vergangen, und meine Töchter sind immer noch jung, gesund und glücklich! Wenn ich tatsächlich versucht habe, ihnen die Lebensenergie auszusaugen, dann ist es mir wohl nicht so recht gelungen. Einige Jahre lang hat meine Frau mich so unglücklich gemacht, dass ich schon bereit war, sie, mich und die Kinder umzubringen, nur um der Sache ein Ende zu bereiten. Inzwischen kann ich darüber lachen. Schau dir bei Gelegenheit mal mein Nummernschild an. Ich habe die furchtbaren V orwürfe meiner Frau in einen Witz verwandelt. So muss man das machen, wenn man überleben will! Man muss lernen, darüber zu lachen, Wayne. Und einfach das Beste daraus machen. Denkst du, du kannst dir das merken?«
»Ich glaube
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