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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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streckte einen Arm aus, um sich irgendwo festzuhalten, und ihre Hand schloss sich um die verkohlte Jesusfigur. Sie stand auf einem Bücherregal voller Pornos. Jesus schenkte ihr ein anzügliches Grinsen, und als sie die Hand zurückzog, war diese voller Asche. Gott ist verbrannt, nur noch Teufel übrig.
    Sie würde ihr linkes Bein nicht noch einmal belasten. Ein Gedanke zuckte ihr zusammenhanglos durch den Kopf: Zum Glück ist es ein britisches Motorrad.
    V or der Treppe blieb sie mit dem Fuß an einigen Müllsäcken hängen, die mit etwas Schwerem gefüllt waren. Sie stolperte und fiel – zum zweiten Mal – darauf. Hier war sie auch gelandet, als der Gasmaskenmann sie die Treppe hinuntergestoßen hatte. Die Müllsäcke hatten ihren Sturz gedämpft und höchstwahrscheinlich verhindert, dass sie sich den Schädel oder das Genick gebrochen hatte.
    Die Masse unter dem Plastik war kalt und schwer, aber recht weich. V ic wusste, was sich in den Müllsäcken befand – sie erkannte es an der Hüfte und der flachen Brust, die sich unter dem Plastik abzeichneten. Eigentlich wollte sie es weder sehen noch wissen, aber ihre Hände rissen trotzdem an dem Plastik. Die Leiche trug ein Totenhemd aus Müllsäcken, die von Klebeband zusammengehalten wurden.
    Was ihr entgegenschlug, war kein V erwesungsgestank, sondern etwas viel Schlimmeres: der widerliche Geruch von Lebkuchen. Der Mann in den Müllsäcken war schlank und wahrscheinlich einmal gut aussehend gewesen. Er war eher mumifiziert als verwest, seine Haut war verschrumpelt und gelb, und die Augen waren in die Höhlen gesunken. Seine Lippen waren geöffnet, als wäre er mitten in einem Aufschrei gestorben. Aber vielleicht hatte sich auch nur seine Haut zusammengezogen und die Zähne freigelegt.
    V ic atmete aus, und es klang fast wie ein Schluchzen. Sie legte eine Hand auf das kalte Gesicht des Mannes.
    »Es tut mir leid«, sagte sie zu dem Toten.
    Unwillkürlich kamen ihr die Tränen. Eigentlich war sie kein weinerlicher Mensch, aber in manchen Augenblicken waren Tränen die einzig vernünftige Reaktion. Zu weinen war ein Luxus – die Toten spürten keinen V erlust, sie weinten nicht – für nichts und niemand.
    V ic strich dem Mann über die Wange und berührte mit dem Daumen seine Lippen. Und da sah sie das Stück Papier, das sich in seinem Mund befand.
    Der Tote sah sie bittend an.
    »Okay, mein Freund«, sagte Vic. Sie zog das Papier aus dem Mund des Toten, ohne sich dabei zu ekeln. Der Tote hatte ein schlimmes Ende erlitten. Er war einsam gestorben – benutzt, verletzt und dann entsorgt. Was immer er zu sagen hatte, V ic wollte ihm zuhören, auch wenn sie ihm nicht mehr helfen konnte.
    Die Nachricht war von zittriger Hand mit Bleistift auf einen abgerissenen Fetzen Geschenkpapier mit Weihnachtsmotiven geschrieben worden.
    Mein Kopf ist klar genug zum Schreiben. Das erste Mal seit Tagen. Die wichtigsten Fakten:
Ich bin Nathan Demeter aus Brandenburg, KY.
Ich wurde von Bing Partridge gefangen gehalten
Er arbeitet für einen Mann namens Manks.
Ich habe eine Tochter, Michelle, die schön und freundlich ist.
    Zum Glück hat das Auto mich entführt und nicht sie. Ich möchte ihr gern folgende Botschaft übermitteln:
    Ich liebe dich, mein Mädchen. Er kann mir nichts anhaben, denn wann immer ich die Augen schließe, sehe ich dich.
    Du darfst gerne weinen, aber gib das Lachen nicht auf.
    Und auch nicht das Glücklichsein.
    Du brauchst beides. Ich hatte beides.
    Ich liebe dich, meine Kleine — dein Vater.
    Auf den Toten gestützt, las V ic die Botschaft und gab dabei acht, sie nicht mit ihren Tränen zu beflecken.
    Schließlich wischte sie sich mit dem Handrücken über die Augen. Sie blickte die Treppe hoch. Bei der Erinnerung daran, wie sie die Stufen hinuntergefallen war, wurde ihr einen Moment lang schwindelig. Wie hatte sie den Sturz nur überleben können? Jedenfalls war sie die Treppe deutlich schneller hinuntergekommen, als sie sie jetzt hinaufsteigen würde. Ihr linkes Knie schmerzte inzwischen furchtbar.
    Sie glaubte, alle Zeit der Welt zu haben, aber als sie die Hälfte der Stufen erklommen hatte, begann erneut das Telefon zu klingeln. V ic zögerte und lauschte dem lauten Scheppern. Dann begann sie die Treppe hinaufzuhüpfen, wobei sie sich am Geländer festhielt. I’m a little Dutch girl, dressed in blue. Here are the things I like to do, sang die hohe Stimme eines kleinen Mädchens in ihrem Kopf – ein Kinderlied, an das V ic schon ewig nicht mehr gedacht

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