Christmasland (German Edition)
Schaukel. Trotzdem hielt sie Maggies Arm fest. Maggie starrte zu ihr empor, ihre Augen leuchteten in ihren Höhlen. Sie wirkte verängstigt und erschöpft. »Das finden wir ein andermal heraus, Maggie. Sieht so aus, als wäre ich nicht die Einzige, die sich ausruhen muss. V or anderthalb Wochen warst du noch in Massachusetts. Bist du den ganzen Weg zurück mit dem Bus gefahren?«
»Ein Stück bin ich getrampt«, sagte Maggie.
»Wann hast du zum letzten Mal etwas gegessen?«
»Gestern Abend, ein S-S-S-Sandwich …« Und dann verstummte sie. Ihr Gesicht, das gerade noch hochrot gewesen war, wurde dunkelblau, als würde sie ersticken. Spucke sammelte sich in ihren Mundwinkeln.
»Pst«, sagte V ic. »Pst. Schon gut. Wir besorgen dir was zu essen.«
Maggie atmete Rauch aus, schaute sich nach einer Stelle um, wo sie die Zigarette ausdrücken konnte, und entschied sich dann für die Armlehne. Es zischte, und ein schwarzer Rauchkringel stieg zur Decke auf.
»Nachdem du geschlafen hast, V - V - V ic.«
V ic nickte und sank nach hinten. Sie hatte nicht mehr die Kraft, sich mit Maggie zu streiten.
»Wir schlafen beide ein bisschen«, sagte V ic. »Und dann besorgen wir dir was zu essen. Und ein paar Klamotten. Wir retten Wayne. Und die Bibliothek. Alles wird besser. Alles wird gut. Die Wunderzwillinge aktivieren ihre Superkräfte. Leg dich hin.«
»Okay. Du nimmst die Couch. Ich hab eine schöne alte Decke. Damit kann ich mich auf den Bo-Bo-Bo…«
»Komm her, Maggie. Auf der Couch ist Platz für uns beide.« V ic war wach, schien jedoch die Fähigkeit verloren zu haben, die Augen wieder zu öffnen.
»Das macht dir nichts aus?«
»Nein, Schatz«, sagte V ic, als würde sie mit ihrem Sohn reden.
Maggie legte sich zu V ic auf die Couch, und V ic spürte ihre Hüftknochen und ihren spitzen Ellenbogen.
»Magst du mich in den Arm nehmen, V ic?«, fragte Maggie mit bebender Stimme. »Es ist so lange her, s-s-seit mich jemand in d-d-den Arm genommen hat. Ich m-m-m-meine, ich weiß, dass du nicht auf Frauen stehst, schließlich ha-ha-hast du ein Kind, aber …«
V ic legte Maggie den Arm um die Taille und drückte die dünne, zitternde Frau an sich.
»Halt einfach den Mund«, sagte V ic.
»Oh«, sagte Maggie. »Oh, okay. G-g-gern!«
Laconia
S ie erlaubten Lou nicht, selbst zu laufen, denn sie wollten nicht, dass dem fetten Mann schwindlig wurde und er wieder auf die Nase fiel, also setzten sie ihn nach der Untersuchung in einen Rollstuhl. Ein Pfleger schob ihn auf die Station.
Der Pfleger war in seinem Alter und hatte dunkle Ringe unter den schläfrigen Augen. Mit seiner vorspringenden Stirn sah er aus wie ein Cromagnonmensch. Auf seinem Namensschild stand – ausgerechnet – BILBO . Auf einem seiner behaarten Unterarme war ein Raumschiff tätowiert: die Serenity aus der Fernsehserie Firefly .
»Ich bin ein Blatt im Wind«, sagte Lou, und der Pfleger erwiderte: »He, Mann, hör auf damit. Ich will hier nicht anfangen zu heulen.«
Der Detective stapfte hinter ihnen her, eine Papiertüte mit Lous Kleidern in der Hand. Lou gefielen weder der Geruch des Kerls nach Nikotin und Menthol noch seine Kleider: das zu weite Hemd und die muschelfarbene Hose, seine schäbige Jacke.
»Worüber quatscht ihr beiden denn da?«, fragte Daltry.
»Firefly«, sagte der Pfleger, ohne sich umzudrehen. »Wir sind Browncoats.«
»Was soll das heißen?«, sagte Daltry. »Wollt ihr Schwuchteln vielleicht heiraten?« Er lachte über seinen eigenen Witz.
»Himmel Herrgott, geh doch zurück in die Steinzeit, Alter«, murmelte Bilbo, aber so leise, dass Daltry es nicht hören konnte.
Sie betraten einen großen Raum, in dem zwei Reihen mit Betten standen, jedes in seinem eigenen kleinen Separee, die mit blassgrünen V orhängen voneinander abgetrennt waren. Bilbo schob Lou bis fast ans hintere Ende, bevor er sich einem Bett auf der rechten Seite zuwandte.
»Ihre Suite, Monsieur«, sagte er.
Lou hievte sich auf die Matratze, während Bilbo einen Beutel mit einer klaren Flüssigkeit an einen Edelstahlständer hängte. In Lous rechtem Arm steckte eine Kanüle, die Bilbo an den Tropf anschloss. Lou spürte die Flüssigkeit sofort, ein starker, eisiger Strom, der seine Körpertemperatur abfallen ließ.
»Muss ich Angst haben?«, fragte er.
» V or einer Angioplastie? Nein. Das ist nur unwesentlich komplizierter, als einen Weisheitszahn zu ziehen. Lassen Sie sich ruhig operieren. Kein Grund zur Sorge.«
»O-kay«, sagte Lou. »Aber ich hab
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