Christmasland (German Edition)
Couch sinken.
»Das sind nicht m-m-m-meine«, sagte Maggie mit einer Kopfbewegung zu den Spritzen hin und ging einen Besen holen, der in der Ecke lehnte, wo früher die Garderobe gestanden hatte. Maggies schmutziger Fedora hing jetzt am Stiel des Besens. »Ich hab mir s-s-seit letztem Jahr k-keinen Sch-Sch-Schuss mehr gesetzt. Zu teuer. Keine Ahnung, wie sich heutzutage noch jemand leisten kann, high zu werden.«
Maggie setzte den Hut mit der Würde eines angetrunkenen Dandys auf – als würde sie gleich auf dem Weg in das nächste Absinthlokal in die regnerische Pariser Nacht hinausschwanken. Stattdessen nahm sie den Besen und fegte. Die Spritzen klapperten gläsern über den Zement.
»Ich kann dir das Bein verbinden und dir etwas Oxy geben«, sagte Maggie. »Das ist viel billiger als Heroin.«
Sie ging vor dem Schreibtisch in die Hocke, zog einen Schlüssel hervor und sperrte die unterste Schublade auf. Dann holte sie ein orangenes Tablettenfläschchen hervor, eine Zigarettenpackung und einen fadenscheinigen lilafarbenen Scrabble-Beutel.
»Nüchtern zu sein ist sogar noch billiger als Oxycontin«, sagte V ic.
Maggie zuckte mit den Achseln und erwiderte: »Ich nehm’s ja auch nur bei Bedarf.« Sie steckte sich eine Zigarette in den Mundwinkel und ließ ein Feuerzeug aufschnippen.
»Und wann besteht Bedarf?«
»Das ist ein Schmerzmittel. Ich nehm’s, wenn ich Schmerzen hab.« Sie inhalierte und legte das Feuerzeug beiseite. »Sonst nicht. Was ist mit dir passiert, V - V - V - V ic?«
V ic ließ den Kopf auf die Armlehne sinken. Sie konnte ihr linkes Knie weder ganz durchdrücken noch ganz anwinkeln – jede Bewegung schmerzte höllisch. Es war doppelt so groß wie das andere Knie und mit blauen und braunen Blutergüssen übersät.
Sie fing an zu reden und erzählte, was in den letzten beiden Tagen vorgefallen war. Gelegentlich brachte sie einiges durcheinander und lieferte Erklärungen, die noch verwirrender waren als die Dinge, die sie erklären sollten. Maggie unterbrach sie nicht. Zwischendurch lief ein Wasserhahn. V ic stieß ein scharfes Keuchen aus, als Maggie ihr einen kalten, feuchten Lappen sanft aufs linke Knie legte.
Maggie schraubte das Tablettenfläschchen auf und schüttelte eine kleine weiße Pille heraus. Wohlriechender blauer Rauch stieg von ihrer Zigarette auf und hüllte sie ein wie ein dünnes Tuch.
»Ich kann die nicht nehmen«, sagte V ic.
»K-k-k-klar kannst du das. Du musst sie ja nicht t-t-t-t-trocken runterwürgen. Ich hab noch Limonade. Ist ein bisschen warm, schmeckt aber gut.«
»Nein, ich meine, sonst schlaf ich ein. Ich hab eh schon zu lange geschlafen.«
»Auf dem B-B-Betonboden? V on Gas betäubt? Da hast du nicht geschlafen.« Sie gab V ic die Oxycontin-Tablette. »Da warst du bewusstlos.«
» V ielleicht nachdem wir geredet haben.«
»Wenn ich v-v-v-versuche, dir zu helfen, v-v-v-versprichst du mir dann, dass du dich erst ausruhst, bevor du weiterfährst?«
V ic griff nach Maggies Hand und drückte sie. » V ersprochen.« Maggie lächelte und tätschelte V ics Hand, aber V ic ließ sie nicht los, sondern sagte: »Danke, Maggie. Für alles. Dass du versucht hast, mich zu warnen. Dass du mir geholfen hast. Ich wünschte, ich hätte damals in Haverhill anders reagiert. Ich hatte Angst vor dir. Was keine Entschuldigung ist. Für mein V erhalten gibt es keine Entschuldigung. Es gibt so vieles, was ich gern anders machen würde. Das kannst du dir gar nicht vorstellen. Ich wünschte, ich könnte dir irgendwie zeigen, wie leid mir das tut. Und nicht nur mit Worten.«
Maggie strahlte sie an – ein Kind, das zu einem Drachen hochschaut, der in einen klaren blauen Himmel aufsteigt.
»Ach, verflixt, V - V - V - V ic. Gleich muss ich heulen! Was ist denn besser als Worte? Außerdem m-m-machst du ja schon was. Du bist hier. Es tut gut, mit jemand zu reden. Nicht dass es b-b-besonders viel Spaß machen würde, mit m-m-m-mir zu reden!«
»Ach, hör auf«, sagte Vic. »Dein Stottern stört mich nicht halb so sehr wie dich. Als wir uns kennengelernt haben, hast du mir erklärt, die Scrabble-Steine und mein Fahrrad wären Messer, mit denen man die Naht zwischen der Realität und der Welt der Gedanken auftrennen kann. Du hattest recht. Aber das ist nicht das Einzige, was sie schneiden können. Sie haben auch uns beiden ganz ordentlich wehgetan. Ich weiß, dass meine Brücke – die Shorter Way – mir Schaden zugefügt hat. Hier drin.« Sie tippte sich gegen die Schläfe. »Ich
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