Christmasland (German Edition)
bin ein paarmal zu oft drübergefahren, und da hat mein V erstand was abbekommen. Ich bin nicht mehr ganz richtig im Kopf. Ich hab mein Zuhause abgefackelt. Eigentlich mein ganzes Leben. Ich bin vor den beiden Menschen weggelaufen, die ich liebe, weil ich Angst hatte, ihnen zu schaden. Ich dachte, ich sei nicht gut genug für sie. Das hat mein Messer mit mir gemacht. Und du hast Probleme mit dem Sprechen …«
»Als hätte ich m-m-mir mit meinem Messer die Zunge aufgeschlitzt.«
»Sieht so aus, als wäre Manx der Einzige, dem es nichts ausmacht, sein Messer zu gebrauchen.«
»O nein! Nein, V - V - V - Vic! M-M-Manx hat es am schlimmsten erwischt. Er ist völlig ausgeblutet!« Maggie schloss die Augen und sog den Rauch ganz tief in die Lunge. Die Spitze ihrer Zigarette glühte in der Finsternis auf. Sie nahm die Zigarette aus dem Mund, sah sie einen Moment lang nachdenklich an und drückte sie dann durch einen Riss in ihren Jeans auf ihren nackten Oberschenkel.
»Herrgott!«, schrie V ic. Sie setzte sich so schnell auf, dass der Raum in eine Richtung schlingerte und ihr Magen in eine andere. Benommen fiel sie gegen die Armlehne zurück.
»Lass gut sein«, sagte Maggie mit zusammengebissenen Zähnen. »Ich möchte mit dir reden können. Und dich nicht nur mit Spucke bespritzen.« Ihr Atem ging in kurzen, abgehackten Stößen. »Anders krieg ich meine Steine sowieso nicht dazu, irgendwas zu sagen, und manchmal reicht nicht mal das. Was wolltest du wissen?«
»Ach, Maggie«, sagte V ic.
»Mach keine große Sache draus. Schieß los, sonst muss ich das noch mal tun. Und je öfter ich das tue, umso weniger bringt es.«
»Du hast gesagt, Manx wäre ausgeblutet.«
»Das stimmt. Der Wraith macht ihn jung und stark. Er hält ihn am Leben. Aber er hat ihn auch der Fähigkeit beraubt, Reue oder Mitgefühl zu empfinden. Das Messer hat seine Menschlichkeit aus ihm rausgeschnitten.«
»Und das Gleiche macht er auch mit meinem Sohn. Der Wagen verändert die Kinder, die Manx zum Christmasland mitnimmt. Es verwandelt sie in scheiß V ampire oder so was. Hab ich recht?«
»Fast.« Maggie schaukelte vor und zurück, die Augen gegen den Schmerz in ihrem Bein geschlossen. »Das Christmasland ist eine Ingestalt, ja? Ein Ort, den Manx sich ausgedacht hat.«
»Ein Ort, den es nur in seiner V orstellung gibt.«
»Oh, den Ort gibt’s wirklich. Ideen sind so real wie Felsen. Deine Brücke ist auch real. Natürlich ist sie nicht wirklich eine überdachte Brücke. Die Sparren, das Dach, die Bohlen unter deinen Rädern – das ist nur eine Kulisse, hinter der sich etwas weit Grundlegenderes verbirgt. Als du das Haus des Gasmaskenmannes verlassen hast und hierhergekommen bist, hast du nicht die Brücke überquert, sondern eine Idee, die wie eine Brücke aussah . Und wenn Manx im Christmasland ankommt, dann wird er in einem Traum von Glückseligkeit ankommen, der aussieht wie … keine Ahnung … wie die Werkstatt des Weihnachtsmanns?«
»Ich glaube, es ist ein V ergnügungspark.«
»Ein V - V - V ergnügungspark. Klingt einleuchtend. Manx kann kein Glück mehr empfinden, sondern nur noch V ergnügen. Er träumt vom unendlichen Spaß, von unendlicher Jugend, so wie sein dummer kleiner V erstand es sich vorstellt. Sein Fahrzeug bringt ihn dorthin. L-L-Leid und Unglück treiben den Wagen an und w-w-weisen ihm den W-W-Weg. Deshalb muss er auch Kinder mitnehmen. Der Wagen benötigt etwas, was er nicht mehr hat. Er saugt den Kindern die Traurigkeit aus, wie ein V ampir in einem billigen Film Blut saugt.«
»Und wenn er sie leer gesaugt hat, sind sie Ungeheuer.«
»Sie sind immer noch Kinder, glaube ich. Nur eben Kinder, die bloß noch Spaß wollen. Sie leben und empfinden so, wie sich Manx eine ideale Kindheit vorstellt. Er möchte, dass Kinder f-f- fffür immer unschuldig bleiben. Unschuldige kleine Kinder reißen Fliegen die Flügel aus, weil sie es nicht besser wissen. Das ist Unschuld. Der Wagen verändert seine Fahrgäste so, dass sie in Manx’ Gedankenwelt leben können. Ihnen wachsen spitze Zähne, und sie werden unempfindlich gegen Kälte. Eine Welt, die nur aus Gedanken besteht, ist wahrscheinlich eine ziemlich kalte Welt. Jetzt nimm deine Tablette, V ic. Du musst dich ausruhen, damit du wieder zu Kräften kommst, bevor du weiterfährst, um ihm entge-ge-gegenzutreten.« Sie hielt ihr die Tablette hin.
» V ielleicht brauche ich wirklich was. Nicht nur für mein Knie. Sondern auch gegen die Kopfschmerzen.« V ic biss die Zähne
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