Christmasland (German Edition)
Rand der Treppe. Wenn du jemals schnell von hier weg musst, dann denk dran: immer schön rechts halten und die Treppen runter, hatte Maggie ihr erklärt – wann genau, wusste V ic nicht mehr. Aber es gab einen Weg, der aus dieser Finsternis hinausführte, irgendwo am Ende einer endlosen Zahl von Stufen. V ic stieg hinab.
Sie bewegte sich hüpfend vorwärts, und einmal wäre sie fast auf einem nassen, schwammigen Buch ausgerutscht und auf dem Hintern gelandet. V ic fiel gegen die Wand, fand ihr Gleichgewicht wieder und stolperte weiter. Hinter ihr hörte sie Rufe, von mehr als zwei Männern jetzt. Ihr fiel wieder ein, dass Maggie tot war. Sie wollte um sie weinen, aber ihre Augen waren so trocken, dass es wehtat. Nach Maggies Tod hätte alles still und reglos sein müssen – wie in einer Bibliothek üblich –, aber stattdessen brüllten die Bullen herum, V ics Atem ging pfeifend, und das Herz schlug ihr bis zum Hals.
Sie hüpfte die letzten Stufen hinunter und entdeckte einen nächtlichen Streifen Dunkelheit, der sich von der noch tieferen Finsternis des Magazins abhob. Die Hintertür stand ein Stück weit offen.
V ic näherte sich ihr vorsichtig, denn sie rechnete fest damit, dass auf der schlammigen Fläche hinter der Bibliothek eine ganze Horde von Bullen auf sie warten würde, aber da war niemand. Sie befanden sich alle auf der anderen, östlichen Seite des Gebäudes. V ics Motorrad stand einsam neben der Bank, wo sie es zurückgelassen hatte. Der Cedar River gluckerte und schäumte. Die Shorter Way Bridge war nicht mehr da, aber das hatte sie auch nicht erwartet.
Sie riss die Tür auf und duckte sich unter dem gelben Absperrband hindurch. Während sie gebückt weiterhüpfte, hielt sie das linke Bein steif ausgestreckt. Das Plappern des Polizeifunks hallte über den Parkplatz. Sie sah die Streifenwagen nicht direkt, aber ihre Partybeleuchtung durchzuckte die Nacht.
V ic stieg auf die Triumph, klappte den Ständer hoch und trat auf den Anlasser.
Die Triumph knatterte los.
Die Hintertür der Bibliothek wurde aufgerissen. Der Bulle, der herausgestürzt kam und dabei das Absperrband herunterriss, hielt seine Pistole mit beiden Händen auf den Boden gerichtet.
V ic drehte langsam eine Runde und wünschte sich mit aller Macht die Brücke über den Cedar River herbei. Nichts geschah. Sie fuhr mit weniger als zehn Stundenkilometern, und das war einfach nicht schnell genug. So hatte sie die Shorter Way Bridge noch nie gefunden. Es war eine Frage des Tempos und der Konzentration. Sie musste ihren Kopf freibekommen und Gas geben.
»Sie da!«, schrie der Polizist. »Runter vom Motorrad!« Er spurtete auf sie zu, die Pistole zur Seite gerichtet.
V ic lenkte die Triumph die schmale Straße hinter der Bibliothek entlang, schaltete in den zweiten Gang und raste den Hügel hinauf. Der Wind zupfte an ihrem blutverschmierten, verfilzten Haar.
Bald hatte sie die V orderseite des Gebäudes erreicht. Die Bibliothek ging auf eine breite Allee hinaus, auf der es von Streifenwagen mit zuckenden Lichtern nur so wimmelte. Die Männer in Blau hörten das Grollen der Triumph und wandten sich um. Hinter den Absperrungen hatte sich eine kleine Menschenmenge gebildet. Dunkle Gestalten reckten die Hälse, begierig darauf, etwas Blut zu sehen. Ein Streifenwagen stand quer über der kleinen Straße, die hinter die Bibliothek führte.
Tja, Ende im Gelände, Shithead, dachte V ic.
Sie riss die Triumph herum und fuhr den Weg zurück, den sie gekommen war. Die Maschine raste die steil abfallende Straße hinunter. V ic legte den dritten Gang ein und beschleunigte. Die Bibliothek glitt links an ihr vorbei. Sie stürzte der matschigen Fläche entgegen, wo sie Maggie getroffen hatte. Jetzt wartete dort ein Bulle auf sie, direkt neben Maggies Bank.
Inzwischen hatte V ic die Triumph auf fast sechzig Sachen gebracht. Sie lenkte direkt auf den Fluss zu.
»Lass mich bloß nicht hängen, du Scheißbrücke«, sagte sie. »Jetzt ist nicht die Zeit dafür.«
Sie schaltete in den vierten Gang. Das einsame Licht ihres Scheinwerfers glitt über den Asphalt, über das Erdreich, über den aufgewühlten Fluss. Das Wasser kam immer näher. Wenn sie Glück hätte, würde sie ertrinken. Besser, als herausgefischt und eingesperrt zu werden, während Wayne zum Christmasland unterwegs war, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte.
V ic schloss die Augen und murmelte: V erdammt verdammt verdammt verdammt! – vielleicht das einzige ehrlich gemeinte Gebet, das
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