Christmasland (German Edition)
Zuhälterin verwandeln. Eine Zuhälterin für ihre Tochter . Irgendjemand muss schließlich das Geld nach Hause bringen, und Evangeline Carter hat keinen Ehemann. Sie hat nie geheiratet. Wahrscheinlich weiß sie nicht einmal, wer der V ater ihres Kindes ist. Die kleine Lily ist zwar erst acht, aber Mädchen … Mädchen wachsen viel schneller heran als Jungen. Sieh nur, was für eine perfekte kleine Dame sie jetzt schon ist. Ihre Mutter wird für die Unschuld ihres Kindes einen hohen Preis erzielen!«
»Woher wissen Sie das?«, flüsterte Bing. »Woher wissen Sie, dass all das wirklich passieren wird? Sind Sie … sich da sicher? «
Charlie Manx hob eine Augenbraue. »Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden: Nichts zu unternehmen und Lily in der Obhut ihrer Mutter zu lassen. Wir könnten in ein paar Jahren wiederkommen. Mal sehen, was ihre Mutter uns dann für einen Preis für sie anbietet. V ielleicht gibt sie uns sogar Rabatt – zwei zum Preis von einem!«
Lily war bis zur Eingangstür zurückgewichen.
Drinnen war erneut die Stimme ihrer Mutter zu hören, heiser und wütend. In Bing Partridges Ohren klang es wie die Stimme einer verkaterten Alkoholikerin. Eine raue, dumme Stimme.
»Lily! Wenn du jetzt nicht gleich reinkommst, verfüttere ich deine verdammten Eier an den Hund!«
»Hexe«, flüsterte Bing Partridge.
»Ganz recht, Bing«, sagte Manx. »Wenn die Tochter mit mir ins Christmasland geht, werden wir uns auch um die Mutter kümmern müssen. Es wäre besser, wenn Mutter und Tochter zusammen verschwinden. Ich würde Ms. Carter nur ungern ins Christmasland mitnehmen, aber vielleicht findest du ja eine V erwendung für sie. Obwohl ich mir eigentlich nur eine mögliche V erwendung vorstellen kann. Aber wie auch immer. Die Mutter muss weg. Und bei dem, was sie ihrer Tochter einmal antun wird, wenn wir nicht einschreiten … werde ich ihr sicherlich keine Träne nachweinen!«
Bings Herz schlug schnell und leicht in seiner Brust. Sein Mund war trocken. Er tastete nach dem Türgriff.
Charlie Manx packte seinen Arm, genau wie auf dem Friedhof der Möglichkeiten, als er Bing übers Eis geholfen hatte.
»Wo willst du hin, Bing?«, fragte Manx.
Bing blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Worauf warten wir noch? Lassen Sie uns reingehen und das Mädchen retten!«
»Nein«, sagte Manx. »Nicht jetzt. Wir müssen noch einige V orkehrungen treffen. Aber der richtige Augenblick ist nicht mehr fern.«
Bing betrachtete Charlie Manx mit einer Mischung aus V erwunderung und Ehrfurcht.
»Ach so«, sagte Charlie Manx. »Noch etwas, Bing. Mütter können einen ganz schönen Radau machen, wenn sie glauben, dass man ihnen ihre Töchter wegnehmen will. Selbst so schlechte Mütter wie Ms. Carter.«
Bing nickte.
»Meinst du, du könntest uns von deiner Arbeitsstelle ein bisschen Sevofluran besorgen?«, fragte Manx. »Außerdem wäre es gut, wenn du deine Waffe und deine Gasmaske mitbringst. Die könnten sich als nützlich erweisen.«
DIE BIBLIOTHEKARIN
1991
Haverhill, Massachusetts
U nd wag es ja nicht, nach draußen zu gehen, hatte ihre Mutter gesagt, aber V ic war nicht gegangen, sondern gerannt und hatte die ganze Zeit mit den Tränen gekämpft. Bevor sie zur Tür raus war, hatte sie ihren V ater noch zu ihrer Mutter sagen hören: Ach, lass sie doch in Ruhe, sie fühlt sich schon schlecht genug. Und das hatte es nur noch schlimmer gemacht. V ic griff ihr Fahrrad beim Lenker und lief damit über den Hof, um schließlich aufzusteigen und in den kühlen, süß riechenden Schatten des Pittman-Street-Waldes einzutauchen.
V ic dachte nicht darüber nach, wohin sie unterwegs war. Ihre Beine bewegten sich wie von selbst. Sie fuhr mit dem Raleigh den steilen Abhang eines Hügels hinunter und raste mit fast fünfundvierzig Sachen über die Schotterstraße an seinem Ende.
Sie fuhr zum Fluss, wo die Brücke stand.
Diesmal war es ein Foto, das abhandengekommen war, eine zerknitterte Schwarz-Weiß-Aufnahme von einem pausbäckigen Jungen mit einem großen Cowboyhut an der Hand einer jungen Frau in einem gepunkteten Kleid. Mit der freien Hand drückte die Frau den Saum ihres Kleides nach unten, der vom Wind hochgeweht wurde. Ein paar Strähnen ihres hellen Haars hingen ihr in das freche, beinahe hübsche Gesicht. Der Junge zielte mit seiner Spielzeugpistole auf die Kamera. Der knuffige kleine Revolverheld war Christopher McQueen im Alter von sieben Jahren. Die Frau war seine Mutter, die damals bereits an
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