Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
Vom Netzwerk:
als hätte sich eine Wolke vor die Sonne geschoben.
    »Frappés«, sagte V ic mit rauer Stimme. »Wenn du einen Milchshake willst, musst du woanders hin.«
    Ihre Mutter nickte. »Stimmt.«
    »Dieses Wochenende«, sagte V ic. »Lass uns dieses Wochenende fahren.«
    »Schau erst in meinem Kalender nach«, sagte ihre Mutter. »Womöglich habe ich schon etwas vor.«
    Am nächsten Morgen hörte es auf zu regnen, und anstatt ihre Mutter am Wochenende zum Lake Winnipesaukee zu fahren, brachte V ic sie zum Friedhof und begrub sie unter dem blauen Himmel des ersten heißen Maitages.
    *
    V ic rief Lou um ein Uhr nachts Ostküstenzeit an, was in den Bergen elf Uhr abends war, und fragte: »Was meinst du, was Wayne so machen will? Wir werden zwei Monate am See sein. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn auch nur zwei Tage lang beschäftigen kann.«
    Lou schien die Frage zu verwundern. »Er ist zwölf und ziemlich pflegeleicht. Bestimmt wird er alles mögen, was du auch magst. Was magst du denn so?«
    »Maker’s Mark?«
    Lou gab ein Brummen von sich. »Ich meinte eher so was wie Tennis.«
    V ic kaufte Tennisschläger, obwohl sie sich nicht sicher war, dass Wayne etwas damit anfangen konnte. Sie selbst hatte schon so lange nicht mehr Tennis gespielt, dass sie die Regeln völlig vergessen hatte. Sie wusste nur eines: Selbst wenn man nichts hat, hat man immer noch die Liebe.
    Sie kaufte Badeanzüge, Flip-Flops, Sonnenbrillen und Frisbees. Auch Sonnencreme kaufte sie, hoffte aber, dass Wayne nicht allzu viel Zeit in der Sonne würde verbringen wollen. Zwischen ihren Aufenthalten in der Psychiatrie und der Entzugsklinik hatte sie sich Arme und Beine tätowieren lassen, und zu viel Sonne schadete der Tinte.
    Sie war davon ausgegangen, dass Lou den Jungen zur Ostküste begleiten würde, und war überrascht, als Lou ihr Waynes Flugnummer durchgab und sie bat, ihn anzurufen, wenn er eingetroffen sei.
    »Ist er denn schon mal allein geflogen?«
    »Er ist überhaupt noch nie geflogen«, sagte Lou. »Aber ich würde mir deswegen keine Gedanken machen. Weißt du, der Junge kommt ganz gut allein zurecht. Ist er ja gewohnt. Mit seinen zwölf Jahren benimmt er sich wie ein Erwachsener. Ich glaube, er ist aufgeregter wegen dem Flug als wegen eurem Urlaub.« Es folgte eine peinliche Stille. »Sorry. Das klang jetzt blöd. War nicht so gemeint.«
    »Schon gut, Lou«, sagte sie.
    Es machte ihr nichts aus. Lou und Wayne konnten eigentlich nichts sagen, was sie irgendwie verletzen könnte. Sie hatte es nicht besser verdient. Jahrelang hatte sie ihre Mutter gehasst und hätte nicht im Traum daran gedacht, dass sie selbst einmal noch schlimmer werden könnte.
    »Außerdem ist er ja gar nicht allein unterwegs. Hooper ist bei ihm.«
    »Ach ja«, sagte V ic. »Und was frisst der?«
    »Normalerweise alles, was auf dem Boden rumliegt. Fernbedienungen. Unterwäsche. Bettvorleger. Er ist wie der Tigerhai, dem Dreyfuss in Der weiße Hai den Bauch aufschneidet. Darum haben wir ihn auch Hooper genannt. Erinnerst du dich noch an den Tigerhai? Der das Nummernschild im Bauch hatte?«
    » Den weißen Hai habe ich nie gesehen. Während der Entziehungskur habe ich mir mal eine der Fortsetzungen im Fernsehen angeschaut. Die mit Michael Caine.«
    Wieder folgte Schweigen.
    » V erdammt. Kein Wunder, dass es mit uns nicht geklappt hat«, sagte Lou.
    Drei Tage später stand V ic um sechs Uhr morgens in der Flughafenhalle des Logan Airports am Fenster und sah zu, wie Waynes 727 über die Landebahn zum Flugsteig rollte. Passagiere kamen aus dem Tunnel und strömten schweigend mit ihren Rollkoffern an ihr vorbei. Die Menge lichtete sich, und V ic kämpfte gegen die aufsteigende Panik an – wo zum Teufel war er? Hatte Lou ihr die richtigen Flugdaten genannt? Wayne war noch nicht einmal richtig da, und schon machte sie alles falsch! Schließlich kam der Junge doch noch aus dem Tunnel, die Arme um seinen Rucksack geschlungen, als wäre es sein Lieblingsteddy. Er setzte den Rucksack ab, und V ic umarmte, küsste und knuddelte ihn, bis er lachend rief, dass sie ihn loslassen solle.
    »Hat dir das Fliegen gefallen?«, fragte V ic.
    »Ja, war super, ich bin nur direkt nach dem Start eingeschlafen und habe den ganzen Flug verpasst. V or zehn Minuten war ich noch in Colorado, und jetzt bin ich hier. Ist das nicht verrückt? Plötzlich so weit weg zu sein?«
    »Ja, komplett verrückt«, sagte sie.
    Hooper befand sich in einem Hundekäfig von der Größe eines Kinderbettes, und sie

Weitere Kostenlose Bücher