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Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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sich mit dunkler Stimme vor. Mit einem bedeutungsvollen Blick zeigte er Bill, Susan und sogar der Alten, dass er allein mit der weißen Frau sein wollte. Er wartete geduldig, bis sie gegangen waren. »Darf ich mich zu dir setzen, Frau-die-mit-den-Wölfen-spricht?«
    »Natürlich«, sagte sie. War sie bei seinem Erscheinen noch eingeschüchtert gewesen, sah sie jetzt das freundliche Blitzen in seinen Augen und hatte keine Angst mehr vor ihm. »Ich bin Clarissa. Du hast mir das Leben gerettet.«
    Hört-den-Donner setzte sich mit verschränkten Beinen neben ihr Lager und zündete sich eine Pfeife an. Er blies den Rauch in die vier Himmelsrichtungen und nach oben und unten und reichte sie ihr. Auch wenn es keine Friedenspfeife wie in den Buffalo-Bill-Heften, sondern nur eine kurzstielige Allerweltspfeife war, wiederholte sie sie Zeremonie und hustete nicht mal.
    »Dein Zauber hat dir das Leben gerettet«, verbesserte er sie. »Aus meinen Träumen weiß ich, dass du einen Wolf als Schutzgeist hast, ein magisches Tier, das dich durch dein ganzes Leben begleitet und dir den richtigen Weg zeigt. Ich weiß nicht, warum es so ist. Du bist eine weiße Frau. Weiße Frauen haben keine Schutzgeister, nur indianische Krieger, nicht einmal unsere Frauen. Du bist eine besondere Frau. Eine Frau mit großem Herzen, die bereit ist, sich für andere einzusetzen. Deshalb hat dich der Wolf zu uns geschickt.«
    Clarissa fühlte sich geschmeichelt, war aber ehrlich genug, dem Medizinmann die Wahrheit zu sagen. Die war sie ihm schuldig: »Ich bin auf der Flucht, Hört-den-Donner. Vor einem Mann, bei dessen Familie ich als Dienstmädchen gearbeitet habe. Er wollte mir Gewalt antun, und ich habe mich gewehrt und bin weggelaufen. Ein Freund wollte mich in Beaver Creek verstecken, aber der Mann fand mich auch dort. Er will mich ins Gefängnis bringen, deshalb bin ich hier. Ich bin in den Bergen vom Schlitten gefallen.«
    »Weil die Geister oder dein Gott es so wollten.« Hört-den-Donner zog an seiner Pfeife und blickte dem Rauch nach. »Ich weiß von dem Mann, der dich verfolgt. Frank Whittler ist auch unser Feind. Er will, dass man den Indianern das letzte Land stiehlt und darauf Häuser für die Weißen baut. Ich kenne auch den Mann, den du als Freund bezeichnest. Ein guter Mann. Eines Tages wirst du ihn wiedersehen, aber bis es so weit ist, liegt noch ein steiniger Weg vor dir.«
    Clarissa blickte den Medizinmann erstaunt an. Woher wusste er, dass sie von Frank Whittler verfolgt wurde? Woher kannte er Alex, und wie kam er darauf, dass sie ihn wiedertreffen würde? Verfügte er tatsächlich über übernatürliche Kräfte? Sprach er mit den Geistern? Konnte er in die Zukunft sehen?
    Ein beunruhigender Gedanke und doch so verlockend, denn dann wüsste sie, dass Alex und sie irgendwann vereint sein würden. Unsinn, sagte die Stimme der Vernunft in ihr, kein Mensch kann in die Zukunft sehen, und dafür, dass er von Frank Whittler und ihrer Begegnung mit dem Wolf wusste, gab es sicher eine plausible Erklärung. Irgendjemand musste sie beobachtet und ihm von ihr erzählt haben. Und doch … Zwischen Himmel und Erde gab es vieles, das man sich nicht erklären konnte. Vielleicht lebten ihre verstorbenen Eltern tatsächlich in Walen weiter. Vielleicht war Bones wirklich so etwas wie ein Schutzgeist für sie. Und Hört-den-Donner verfügte über geheimnisvolle Kräfte, die niemand erklären konnte, und blickte in die Zukunft.
    »Du zweifelst an mir?«, fragte der Medizinmann, nachdem sie beide lange geschwiegen hatten. Er lächelte still. »Das nehme ich dir nicht übel. Auch ich wundere mich manchmal darüber, was ich sehe und fühle. Dich habe ich gesehen. Du wirst den ganzen Winter bei uns bleiben und etwas für diesen Stamm tun, wofür wir dir ewig dankbar sein werden. Glaube mir, Clarissa.«
    »Ich will dir gerne glauben«, sagte sie. »Aber was … Was soll ich tun?«
    »Das haben mir die Geister nicht verraten.« Hört-den-Donner paffte an seiner Pfeife und blickte dem Rauch nach. »Ich weiß nur, dass es den Bewohnern dieses Dorfes helfen wird. Glaube daran, Clarissa! Glaube fest daran!«
    »Das will ich gerne«, sagte sie. »Aber erwarte nicht zu viel von mir.«
    »Du wirst uns nicht enttäuschen. Ich weiß es.«
    Hört-den-Donner klopfte seine Pfeife über dem Feuer aus und verließ die Erdhütte. Wenig später kehrten Bill und seine Mutter zurück. Die Alte trug ihre missmutige Miene zur Schau, und Bill wirkte wieder seltsam bedrückt. Susan

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