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Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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und schien ihren ganzen Körper auszufüllen. Sie bewegte ihre Arme und stampfte ein paar Mal mit den Füßen auf. Nur langsam kam ihr Kreislauf wieder in Gang. Durch die Bäume sah sie die Lichter des Zuges flackern. Weil die neue Lokomotive nicht nur die Wagen, sondern auch die defekte Lok schieben musste, kam er nur langsam voran. Dunkler Rauch stieg aus dem trichterförmigen Schlot auf und schien bis zu ihr in den Wald zu dringen.
    Die Einsamkeit, die sie nach der Wegfahrt des Zuges umfing, war grausam. Selbst auf der Farm ihres Onkels, wenn sie auf Morning Star ausgeritten war, hatte sie sich niemals so allein gefühlt, nicht einmal abseits der Farm in den Bergen. Tiefe Stille, so intensiv, dass man sie beinahe greifen konnte, hüllte sie ein, nur unterbrochen von dem leisen Rauschen des Windes in den Baumkronen und dem zischelnden Geräusch, wenn Schnee von den Zweigen fiel.
    Die Männer hatten recht, wurde ihr mit Schrecken klar. Allein waren ihre Chancen, in dieser Einsamkeit zu überleben, nicht besonders groß. Zumindest nicht, wenn sie weiter auf die Berge zulief. Natürlich konnte sie zu den Schienen zurückkehren und über die Schwellen zum nächsten Bahnhof laufen. Fünf Stunden würde sie durchhalten. In ihrer Winterkleidung und den festen Stiefeln war sie einigermaßen geschützt, und ihr dicker Schal verhinderte, dass Schnee in ihren Nacken fiel. Aber was nützte der Gewaltmarsch, wenn am nächsten Bahnhof ein Polizist wartete oder der Suchtrupp ihr entgegenkam und sie auf offener Strecke überraschte? Frank Whittler ging sicher kein Risiko ein und zog jede Möglichkeit in Betracht. Wenn sie ihm entkommen wollte, durfte sie nicht in die Zivilisation zurückkehren. In seinem Zorn über die erlittene Demütigung war mit Whittler nicht zu spaßen.
    Ohne zu überlegen und weiter über die Konsequenzen nachzudenken, lief sie weiter in den Wald hinein. Nur nicht zurück zu Frank Whittler, den ihr Verhalten anscheinend so tief in seinem Stolz getroffen hatte, dass er sich wie ein Wahnsinniger benahm, sie wie eine Schwerverbrecherin verfolgte und sogar in Kauf nahm, dass sie in der Wildnis starb, weil er alles daransetzte, sie ins Gefängnis zu bringen. Gab es denn keine Gerechtigkeit mehr in diesem Land? Bestimmten die Reichen und Mächtigen, was Recht und Unrecht war?
    Sie wollte weder ins Gefängnis, noch wollte sie sterben. Also musste sie sich bewegen. Solange sie lief, konnte ihr die Kälte nichts anhaben. Ohne die Möglichkeit, ein Feuer zu entzünden, und ohne ein Streichholz schafften das nur Indianer und Fallensteller, durfte sie sich nicht zu lange ausruhen und sich auf keinen Fall irgendwo hinlegen und schlafen. In Vancouver hatte sie von Menschen gehört, die in unmittelbarer Nähe der Stadt erfroren waren, weil sie auf einem einsamen Trail zusammengebrochen waren. Laufen, laufen, und wenn es noch so anstrengend war. Wenn Gott nur ein wenig an einer gerechten Welt gelegen war, würde er einen Ausweg für sie finden.
    Der Marsch war eintönig, und jeder Schritt kostete Kraft. Immer öfter stolperte sie über Steine oder abgebrochene Äste. Es gab nichts, woran sie sich orientieren konnte, jeder Baum sah aus wie der andere. Ihre Angst, irgendwann ihren eigenen Spuren zu begegnen und festzustellen, dass sie im Kreis lief, wuchs mit jedem Schritt. Doch nichts konnte sie aufhalten, und selbst, wenn sie im Kreis gelaufen wäre, hätte sie nicht aufgegeben und wäre bis zur völligen Erschöpfung weitergelaufen. Wenn sie es durch die Nacht schaffte, schien am nächsten Morgen vielleicht die Sonne, und sie konnte sich auf einer Lichtung aufwärmen. Noch war nichts verloren, noch besaß sie genug Kraft. Den Suchtrupp hatte sie aus ihren Gedanken verbannt.
    Nach ungefähr zwei Stunden erreichte sie den jenseitigen Waldrand und einen See, der den größten Teil einer Lichtung einnahm und von Schneeverwehungen umgeben war. Auf dem Wasser zeigte sich das erste Eis. Das Schneetreiben hatte wieder zugenommen, und dichte Flocken wirbelten ihr entgegen. Der kalte Wind zerrte an ihren Kleidern und erinnerte sie daran, dass von ihm die größte Gefahr ausging. Er drückte die niedrigen Temperaturen weiter hinunter und trieb ihr eisige Schneeschauer und Flocken entgegen.
    Am Waldrand entlang lief sie nach Norden. Dort war sie wenigstens einigermaßen geschützt. Der reinste Wahnsinn, wie sie selbst erkannte, und doch die einzige Möglichkeit, um am Leben zu bleiben, denn an den Schienen warteten Frank Whittler und

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