Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
Vom Netzwerk:
zurück. Sie legten ihre Kleider ab und wärmten sich vor dem prasselnden Herdfeuer. Erst jetzt merkten sie, wie kalt es vor dem Haus gewesen war. Beide lächelten zufrieden.
    »In Vancouver war es wärmer«, sagte sie.
    »Und langweiliger.«
    Sobald etwas Gefühl in ihre Hände zurückgekehrt war, wischte Clarissa den Tisch sauber, ersetzte den kalt gewordenen Kaffee durch heißen von der Herdplatte und schob die Biskuits noch einmal in den Ofen. »Ich wusste gar nicht, wie gut Kaffee schmecken kann«, sagte sie, als sie endlich beim Frühstück saßen, »bisher hab ich nur Tee getrunken. Oder schmeckt Ihrer anders?«
    »Besser«, erwiderte er fröhlich. »Und Sie verstehen es, aus altem und beinahe vergammeltem Gebäck noch anständige Biskuits zu machen. Respekt!«
    »Frisches Brot wäre mir lieber.«
    »Dann backen Sie doch eins. Ich hab Sauerteig da.«
    Clarissa glaubte an einen Scherz, doch nach dem Frühstück warf ihr Alex tatsächlich einen Klumpen Sauerteig zu, und sie erinnerte sich glücklicherweise daran, wie die Köchin der Whittlers ihr Brot gebacken hatte, und machte sich gleich an die Arbeit. »Wissen Sie, warum man langjährige Fallensteller oder Jäger wie mich auch ›sourdoughs‹ nennt?«, fragte Alex, während sie den Teig knetete. »Weil sie ständig einen Klumpen Sauerteig dabeihaben, den sie während des Winter sogar am Körper tragen, damit er auch in der Kälte die Temperatur hält und für neuen Teig verwendet werden kann. Mit einem Klumpen Sauerteig übersteht man jeden Winter. Aber Sie müssen einen Winter im eisigen Norden überstanden haben, sonst gilt der Name nicht.«
    »Strenge Sitten haben Sie.« Das Kneten des Teigs tat ihr gut und lockerte ihre Muskeln, die in der Kälte schon eingefroren waren. Es war wesentlich angenehmer, den Schneesturm durch die Fenster zu beobachten und zu wissen, dass genug Holz gestapelt war, um das Feuer im Herd am Brennen zu halten. Sie hielt in der Arbeit inne. »Sie haben Smoky gern, nicht wahr?«
    Alex warf einige Holzscheite ins Feuer. »Er erinnert mich daran, wie ungezogen ich als Junge war. Dass ich aus der Schule weggerannt bin, war nicht meine einzige Missetat.« Er schloss die Ofentür und schmunzelte. »Einmal bin ich mit einem Gewehr aus dem Laden meiner Eltern in die Berge gezogen und wollte einen Grizzly schießen. Zum Glück hielten die Bären noch Winterschlaf, und ich bekam nur einen Waschbären vor die Flinte. Der Rückstoß brach mir fast das Schlüsselbein. Und sobald ich wieder gesund war, versohlte mir mein Vater so fest den Hintern, dass ich drei Tage nicht laufen konnte. Ich wollte immer meinen Kopf durchsetzen, auch wenn es wehtat.«
    »Und Smoky war wirklich in Gefahr? Hätte er nicht zurückgefunden?«
    »Vielleicht«, antwortete Alex, jetzt wieder ernst, »aber ich wollte kein Risiko eingehen. Um diese Zeit kommen einige Wolfsrudel in die Täler, und einige lassen nicht mit sich spaßen, wenn sich Ihnen ein übermütiger Husky in den Weg stellt und ihnen das Revier streitig machen will. Vor zwei Jahren hab ich einen Hund auf diese Weise verloren, deshalb habe ich neulich auch gleich auf diesen Wolf geschossen, als ich Sie neben der Bestie knien sah.«
    »Bones ist keine Bestie. Er ist mein Freund.«
    »Darauf würde ich mich nicht verlassen, Clarissa. Hier draußen hat man nur unter seinesgleichen Freunde. Alle anderen sind deine Feinde. Nur der Stärkere kann sicher sein, dass er in der Wildnis überlebt. So ist es nun mal … Leider.«

12
    Am nächsten Morgen hatte sich der Sturm verzogen, und nur noch wenige Wolken waren am Himmel zu sehen. Über den bewaldeten Hängen im Osten stand die Sonne und brachte den Schnee zum Glitzern. Wie die erstarrten Wogen eines leuchtenden Meeres zogen sich die zu Dünen aufgeworfenen Schneewehen durch das Tal und ließen es seltsam aufgeräumt und sauber erscheinen.
    Alex stand in der offenen Tür und blinzelte in die aufgehende Sonne, als Clarissa im Wohnraum erschien. Sie hatte sich gewaschen und ihre Haare im Nacken mit einem roten Band zusammengebunden, das sie beim Aufräumen in einer Schublade gefunden hatte. Ihr Waschwasser hatte sie bereits am Abend vorher ausgetauscht und auf dem Herd zum Kochen gebracht. Am Morgen war es noch lauwarm gewesen. Sie hätte gern etwas von dem Rosenwasser gehabt, das die vornehmen Damen in Vancouver verwendeten, schon um den Gestank, der aus ihren getrockneten Kleidern drang, aus der Hütte zu vertreiben, aber mehr als ein Stück brüchige Seife gab

Weitere Kostenlose Bücher