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Chronik der dunklen Wälder - Blutsbruder (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Blutsbruder (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Blutsbruder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Fin-Kedinn ist verletzt. Torak quälen Schuldgefühle. Und alles wegen Thiazzi. Zum ersten Mal sah sie in aller Deutlichkeit, wie das Böse der Seelenesser sich ausbreitete, ganz langsam, wie Risse in der zugefrorenen Oberfläche eines Sees.
    »Torak«, sagte sie schließlich. »Es ist nicht deine Schuld. Thiazzi ist der Mörder, nicht du.«
    Die Hummel war auf Toraks Knie gelandet, und er beobachtete, wie sie unsicher darauf herumkroch. »Warum verfolgt er mich dann? Ich muss meinen Eid einlösen, Renn. Sonst lässt er nie von mir ab.«
    Sie dachte nach. »Vielleicht hast du recht. Aber du bist nicht allein. Ich, Wolf und Rip und Rek, wir sind alle bei dir.« Sie hielt inne. »Und sag mir bloß nicht noch mal, dass ich zu meinem Clan zurückgehen soll.«
    Er schürzte die Lippen und schnaubte. Vorsichtig nahm er die Hummel in die Hand und setzte sie auf ein Ampferblatt.
    So saßen sie nebeneinander an den Stamm gelehnt und sahen zu, wie der Tag anbrach und die ersten Sonnenstrahlen schräg zwischen den Bäumen hindurchbrachen.
    Nach einer Weile sagte Torak: »Wenn er dich gefragt hätte, ob du bei ihm bleibst, hättest du dann Ja gesagt?«
    Renn drehte sich um und sah ihn ungläubig an. »Wie kannst du so etwas nur fragen?«, erwiderte sie gereizt.
    Torak war sichtlich verwirrt. »Tut mir leid, ich … Bedeutet das Nein?«
    Gerade als sie den Mund öffnete, um zu antworten, tauchte Wolf plötzlich auf. Von seiner Schnauze troff Blut. Er begrüßte sie mit einem nach Aas riechenden Gruß, schleckte dann Torak unter dem Kinn und die beiden wechselten einen ihrer vielsagenden Blicke.
    Renn erkundigte sich, was Wolf gesagt hatte.
    »Helles Tier«, erwiderte er. »Und … also ich weiß nicht recht, irgendetwas Zerbrochenes. Gedanken. Geist. Zerbrochener Geist?«
    »Wahnsinn«, sagten sie gleichzeitig.
    Doch es blieb ihnen keine Zeit, zu überlegen, was das wohl bedeuten mochte.
    Wolf stieß plötzlich ein merkwürdiges, beunruhigtes Wimmern aus und war mit einem Satz im Unterholz verschwunden. Torak zog Renn auf die Füße und stellte sich schützend vor sie. Fünf Jäger traten stumm zwischen den Bäumen hervor und hatten sie umringt, ehe Renn ihr Messer zücken konnte.
    Die Männer trugen Lederkleidung und waren unbewaffnet. Irgendwie schienen sie keine Waffen zu brauchen. Renn bemerkte, dass die fünf auch keine Stirnbänder trugen. Auf welcher Seite standen sie?
    »Ihr kommt mit uns«, ertönte eine ruhige, befehlsgewohnte Stimme. »Eure Suche ist zu Ende.«

Kapitel 14

    Die Frau trug eine Halskette aus Bucheneckern. Ihre Miene war verschlossen, als hinge sie Gedanken nach, die niemand außer ihr zu verstehen vermochte.
    Vermutlich die Schamanin oder die Anführerin des Clans oder sogar beides, dachte Renn. Die Frau trug das lange braune Haar offen bis auf eine Spange an der Schläfe, die mit Erdblut bestrichen war, und an ihrem Gürtel hing eine Geweihsprosse. Auf ihrer Stirn war ein kleiner schwarzer gespaltener Huf eintätowiert.
    »Du gehörst zum Rotwildclan«, sagte Renn.
    »Und du zum Rabenclan«, sagte die Frau, die Renns Tarnung mühelos durchschaute. »Und du«, sagte sie zu Torak gewandt, »bist der Seelenwanderer.«
    »Woher weißt du das?«, fragte er erstaunt.
    »Wir haben gespürt, dass sich deine Seelen auf Wanderschaft begeben haben. Vor anderen kannst du es vielleicht verbergen, aber nicht vor dem Rotwildclan.«
    »Er verbirgt es nicht«, sagte Renn.
    »Dann tut es jemand für ihn«, erwiderte die Frau.
    Renn wollte fragen, was sie damit meinte, aber da sprudelte Torak auch schon eifrig hervor: »Meine Mutter gehörte zum Rotwildclan. Hast du sie gekannt?«
    »Natürlich.«
    Er sog die Luft so schnell und tief ein, dass er sich verschluckte. »Wie war sie?«
    »Nicht hier«, gab die Frau zurück. »Wir bringen euch in unser Lager.«
    Einer der Männer machte eine abwehrende Handbewegung. Sein Haar war von einem rötlichen Rindenverband bedeckt. »Die beiden sind Fremde, Durrain! Sie sollten nicht sehen, wo unser Lager ist, insbesondere das Mädchen nicht.«
    »Ich bin kein Fremder«, sagte Torak. »Ich bin mit euch verwandt.«
    »Und was hast du gegen mich? «, fragte Renn.
    »Wir gehen ins Lager«, wiederholte Durrain kurz und bündig und fügte zu Torak und Renn gewandt hinzu: »Ihr dürft eure Waffen behalten, aber ihr werdet sie nicht brauchen. Bei uns seid ihr in Sicherheit.«
    Obwohl Renn spürte, dass sie die Wahrheit sagte – schließlich hatte Fin-Kedinn ihnen geraten, den Rotwildclan

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